Ist das Paris-Abkommen der Beginn einer neuen Klimaschutz-Ära?
Die Zielsetzung des Pariser Umweltgipfels war klar: die Verringerung der Treibhausgase, um den globalen Klimawandel zu verlangsamen.
Am Ende einigten sich Vertreter aus 195 Ländern auf ein globales Klimaabkommen, welches das Kyoto-Protokoll ablösen soll. Damit wird das Paris-Abkommen vor allem den Transformationsprozess des Energiesektors beschleunigen und auch die Industrien mit hohen CO2-Emissionen stark beeinflussen. Demgegenüber verspricht der Markt für erneuerbare Energien, Clean Tech und Green Finance immenses Potential. Schätzungsweise werden über die nächsten 15 Jahre Investitionen in Höhe von 16,5 Billionen US-Dollar nötig sein. Das Abkommen rückt dabei Anreize zur Emissionsreduktion, wie z.B. ein Preisfestsetzungssystem für Kohlenstoffemissionen in den Vordergrund. Auch Standard &Poor’s Ratings Services ist der Meinung, dass ein stabiler Preis für Kohlenstoffemissionen von grundlegender Bedeutung für Investitionen in CO2-arme Technologien ist.
Ziele nur bei Verzicht auf Kohle erreichbar
Die Gipfel-Teilnehmer in der französischen Hauptstadt einigten sich auf das Ziel den globalen durchschnittlichen Temperaturanstieg auf unter 2°Celsius zu reduzieren und auf die "Verfolgung gemeinsamer Anstrengungen", ihn sogar auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Bis zur zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts sollen die Nettoemissionen auf Null minimiert werden. Im selben Moment halten kritische Stimmen die vereinbarten Ziele für unzureichend oder die rechtliche Bindungskraft der Reduktionsversprechen für zu schwach. Standard & Poor’s sieht daher die Notwendigkeit einer Untersuchung der umfassenden und langfristigen Auswirkungen des Abkommens. Die Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels ist nur durch die Reduzierung von Treibhausgasen im Bereich von 70% bis 95% bis zum Jahr 2050 sowie den gänzlichen Verzicht auf Kohle im Energie- und Industriebereich bis 2045 oder 2055 zu erreichen. Das Gelingen dieser Pläne wird letztlich von individueller nationaler Klimapolitik einzelner Staaten und ihrer Bereitschaft zu Klimazugeständnissen abhängen.Das Paris-Abkommen wird vor allem massive Auswirkungen auf die emissionsintensiven Industrien haben. Vor allem der Energiesektor - Öl & Gas, Rohstoffe und Energieversorger - wird den Bärenanteil stemmen müssen. Der bereits begonnene Wandel des Energieversorgersektors wird durch das Abkommen eine weitere Beschleunigung erfahren. Investitionen in Kohlekraftwerke werden deutlich zurückgehen, ineffektive Umwelt verschmutzende Anlagen werden zunehmend zurückgefahren werden.
Neue Geschäftsmodelle durch erneuerbare Energien
Im Gegenzug erwartet Standard & Poor‘s einen Anstieg von Investitionen in erneuerbare Energien und die Transformation von Geschäftsmodellen hin zu energieeffizienteren Lösungen für Verbraucher. Diese Entwicklung wird in den nächsten Jahren für fundamentale Veränderungen der Industrie sorgen. Überangebot und Ungewissheiten bezüglich regulatorischer Rahmenbedingungen und Energiepolitik sorgen bereits heute dafür, dass die Kreditwürdigkeit einiger Unternehmen unter Druck gerät. Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf verwandte Industrien, wie z.B. dem Güterbahntransport von Kohle oder Gaspipelines.Damit die Emission von Treibhausgasen erfolgreich reduziert wird, müssen Anreize geschaffen werden. Beispielsweise durch die Einführung von Instrumenten zur CO2-Preisbildung. Für emissionsintensive Sektoren ist die Umsetzung eines stabilen CO2-Preises - sei es durch einen Handelsmechanismus oder eine Kohlendioxidsteuer - der Schlüssel zu langfristigen Investitionen. Sektoren im Bereich Energie und Gas, Baumaterialien oder Transport werden die strengsten Auflagen zu befolgen haben. Allerdings ist derzeit noch nicht abzusehen, wie weit einzelne Länder hierbei gehen müssen.
Paris hat deutlich gemacht, dass eine weitreichende Trendwende im Gange ist, die den Klimawandel zu einem immer wichtigeren Entscheidungsfaktor für Investoren macht. Stärkere Investitionen in erneuerbare Energien werden eine elementare Rolle bei der Treibhausgasreduktion spielen - so haben in den letzten 15 Jahren effizientere Turbinen, günstigere erneuerbare Energien und die effizientere Energienutzung bereits einen Rückgang der Treibhausgase ohne substantielle Erhöhung der Kosten für Endverbraucher bewirkt.
Von Michael Wilkins, Credit Analyst bei Standard & Poor’s Ratings Services in London
Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de
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