Prof. Otte-Kolumne Max Otte

Deutschland geht´s gut!

21.12.09 08:53 Uhr

Deutschland geht´s gut! | finanzen.net

Sehr geehrte Privatanleger, Deutschland geht es gut. Na ja, nicht wirklich...

Aber doch bedeutend besser als unseren so genannten angelsächsischen Vorbildländern. Was ich schon länger geschrieben habe, hat jetzt auch die große Wochenzeitung DIE ZEIT als Thema aufgenommen und veröffentlichte im Wirtschaftsteil einen Artikel mit der Überschrift „Das deutsche Vorbild“.

Noch vor einigen Monaten las ich Prognosen, nach welchen die amerikanische Wirtschaft „wesentlich flexibler“ bei der Bewältigung der Krise sei. Vor einem Jahr droschen etliche anerkannte, internationale Ökonomen, darunter Paul Krugmann, auf Deutschland ein, weil das Land zu wenig tue. Bull…

Ja, damals war unser Konjunkturpaket geringer als das in Amerika. Aber auch unsere Probleme waren wesentlich geringer. Und unser Beitrag zur Weltwirtschaft war tatsächlich größer. Denn in Deutschland lief der Konsum wie eine Eins durch. Auch die Importe liefen weiter. Nur die Exporte und die Investitionen wurden geringer. In Amerika war es teilweise umgekehrt – da brachen die Importe schneller ein als die Exporte.

Jetzt kommt das Komplizierte: Importe werden vom eigenen Wirtschaftswachstum abgezogen, da sie ja keine Nachfrage nach inländischen Produkten darstellen. Exporte hingegen werden dazu addiert. Wenn in den USA also die Importe implodieren, STEIGT das Wirtschaftswachstum. Wenn in Deutschland die Exporte fallen, fällt auch das Wirtschaftswachstum. Aufgrund dieses rein buchhalterischen Effekts lag das Wirtschaftswachstum in Deutschland bei Minus fünf Prozent und in den USA nur bei Minus 2,5 Prozent.

Aber die USA haben diese Krise verursacht, und der US-Wirtschaft geht es dreckig. Deutschland und die USA liegen nun beide wieder beim Produktionsniveau von Anfang 2006. Aber die USA haben zu diesem Zeitpunkt fast drei Prozent aller Jobs verloren – und das bei einer wachsenden Bevölkerung. Die Arbeitslosenzahl stieg von knapp fünf auf über zehn Millionen.

Außerdem hat uns die Kurzarbeitsregelung geholfen: Würde man all die Arbeitskräfte jetzt entlassen, käme es zu einem weiteren Rückgang der Nachfrage, und in wenigen Monaten oder Jahren müsste man all die Leute wieder anstellen und neu einlernen.

Mittelständische, eigentümergeführte Unternehmen sind immer noch das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Dort stehen meistens – spektakuläre Ausnahmen gibt es immer – Menschen an der Spitze, denen das langfristige Wohl ihres Unternehmens am Herzen liegt.

Nein, das deutsche, solidarische und langfristig orientierte Modell ist tatsächlich „vorbildlich“, obwohl wir es schon seit einiger Zeit demontieren. Auch unser Finanzwesen war von etwa 1870 bis etwa 1990 vorbildlich und insgeheim der Neid vieler Länder, während man in Deutschland nichts Besseres zu tun hatte, als das angelsächsische Investmentbanking-Modell zu etablieren. Noch haben wie die Volks-, Raiffeisen- und die Genossenschaftsbanken sowie die Sparkassen. Sie leisten die Grundversorgung der Wirtschaft mit Krediten (die Landesbanken gehören abgeschafft, aber das ist ein anderes Thema). Die einheitliche Bankaufsicht haben wir seit 1934, die Amerikaner nun endlich seit 2008.

Und derzeit gibt es in Deutschland noch etliche Perlen aus der zweiten und dritten Reihe, hinter denen langfristige Eigentümerfamilien stehen, zum Beispiel Celesio (WKN: CLS100), Bijou Brigitte (WKN: 522950), Gerry Weber (WKN: 330410), Douglas (WKN: 609900), Grenke Leasing (WKN: 586590), Maschinenfabrik Berthold Hermle (WKN: 605283) und etliche andere. Einige dieser Unternehmen sind nur noch leicht unterbewertet, andere gibt es zum fairen Wert. Aber es gibt Schlimmeres, als in ein hervorragendes Unternehmen zum fairen Wert zu investieren. Buffett macht das schon eine ganze Weile so. Schlimmer ist zum Beispiel, sein ganzes Geld in Termingeldanlagen zu haben, für die es fast nichts gibt. Bei den meisten der oben genannten Unternehmen sind alleine die Dividenden deutlich höher als die Termingeldzinsen.

Auf gute Investments, Ihr Prof. Dr. Max Otte

Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Geschäftsführender Gesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Ziel des Instituts ist die Aktienanalyse und die Entwicklung von Aktienstrategien für Privatanleger.Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.