„Das ist nicht vermittelbar“
In einer angesehenen Wirtschaftszeitung las ich ein Interview mit einem durchaus gut etablierten ...
... Vermögensmanager, das sehr erhellend war. Ich möchte Ihnen zwei Antworten zur aktuellen Situation nicht vorenthalten:
Wie sieht Ihre langfristige Anlagestrategie nun aus?
Vermögensverwalter: Angesichts der augenblicklichen Marktlage ist es schwer, eine langfristige Anlagestrategie zu formulieren. Nicht zuletzt auf Grund der hohen Volatilitäten an den Aktien- und Rentenmärkten sehen wir auf absehbare Zeit die besten Chancen in Unternehmensanleihen (auch mit schlechterem Rating). Unsere Aktienanteile wollen wir weiterhin niedrig halten.
Warum meiden Sie Aktien?
Vermögensverwalter: Das Aktienkursniveau erachten wir grundsätzlich als attraktiv. Allerdings ist es den meisten Kunden nicht vermittelbar und sie sind häufig auch nicht in der Lage, Marktschwankungen auszusitzen. Aktuell empfehlen wir keine einzelnen Titel, da die Kursentwicklung nicht durch titelspezifische Daten getrieben ist, sondern durch die Marktsituation. Es bieten sich somit breit anlegende Fonds an, die einzelne Marktsegmente abdecken.
Fazit: dieser Vermögensverwalter empfindet das Aktienkursniveau als grundsätzlich attraktiv, vermeidet allerdings Aktien, weil er meint, Investments in Aktien nicht „erklären“ zu können. Ob er damit den Interessen seiner Mandanten dient?
Außerdem empfindet er es als unmöglich, „derzeit eine langfristige Strategie zu formulieren“. Aufgrund der hohen Marktschwankungen sehe er Anleihen als die beste Investition an. Wie bitte? Nie war es leichter, eine LANGfristige Strategie zu formulieren als jetzt! Hierzu reichen drei Erkenntnisse:
1. Aktien sind oftmals extrem billig.
2. Aktien von Unternehmen mit soliden Geschäftsmodellen sind Sachvermögen. Mit Aktienpaketen haben viele deutsche Unternehmerfamilien ihr Vermögen über den Weltkrieg gerettet.
3. Geldvermögen (Anleihen, Termingelder, Lebensversicherungen) ist langfristig bedroht.
Und da kann der ungenannte Vermögensverwalter keine langfristige Strategie formulieren? Für mich – und hoffentlich auch für Sie – ist die langfristige Strategie eindeutig.
Fakt ist, dass die extremen Kursschwankungen tatsächlich massiv an den Nerven zerren, sogar an meinen. Wie muss es da erst vielen Privatanlegern gehen, die ihrer Sache nicht so sicher sind? Aber es hilft nichts: Kursschwankungen sind der Preis, den Sie für Rendite zahlen müssen. Wer glaubt, den Markt durch kurzfristiges Rein-Raus Austricksen zu können, zahlt bestimmt drauf!
Ich habe Sie in den letzten Wochen immer ermutigt, durchzuhalten. Ein Kunde von mir, ein erfolgreicher Unternehmer, telefonierte einige Tage vor dem Höhepunkt der Panik mit mir, ob er verkaufen solle. Ich riet dringend davon ab. Er schien es verstanden zu haben. Und dann kommt einige Wochen später eine mail, dass er doch einen Teil seiner Aktienpositionen glattgestellt habe - ausgerechnet zum Höhepunkt der Panik. Und noch dazu hat er völlig irrational und falsch diejenigen Aktien verkauft, die „noch im Plus standen“, nicht diejenigen Aktien mit dem niedrigsten Wertsteigerungspotential. Dies ist ein verständiger Mann, der zudem noch von mir persönlich beraten wird.
Wie viel schwerer muss es da für Sie sein, durchzuhalten!
Aber es lohnt sich. Viele Aktien sind extrem billig. Sie werden lang- und mittelfristig viel Geld damit verdienen.
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Geschäftsführender Gesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Ziel des Instituts ist die Aktienanalyse und die Entwicklung von Aktienstrategien für Privatanleger.Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.