DAX-Crash?
Kürzlich erhielt ich vom Analystenteam einer von mir sehr geschätzten Bank die Mitteilung, dass man die Aktienquote im Musterdepot deutlich von knapp 50 auf unter 20 Prozent senken werde.
Die 200-Tage-Linie sei nach unten durchbrochen und die Risiken würden steigen. Angesichts der derzeitigen Angst am Markt ist das eine verständliche Reaktion.
Aber lassen Sie uns noch einmal darüber nachdenken: der DAX ist von seinem Hoch von 12.374 Punkten am 10. April 2015 mittlerweile um sechzehn Prozent gefallen. Wenn vorher eine leichte Überbewertung vorlag, ist er bei ca. 10.300 Punkten jetzt sicher fair bewertet. Festgeld, Lebensversicherungen und Geldforderungen müssen entwertet werden. Eine McKinsey-Studie zur weltweiten Verschuldung vom Februar dieses Jahres kommt zu dem Schluss, dass wir ohne radikale Maßnahmen aus der Schuldenspirale nicht herauskommen werden.
Deutsche Aktien sind fair bewertet: das heißt, es besteht eine langfristige Renditeerwartung von mindestens acht Prozent p.a. für diese Vermögens-klasse. Natürlich kann der DAX jetzt bei unruhigen Märkten weiter fallen. Hinzu kommen gravierende Probleme in der Weltwirtschaft. China, Brasilien, der Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland, die Ukraine, Südeuropa - überall wackelt es. Und die USA stehen viel, viel schlechter da, als es die offizielle Propaganda glauben machen will. Da kann ich die Angst schon verstehen.
Aber ist Ihr Vermögen im Festgeld sicherer? Eher nicht. Da drohen Finanzrepression und schleichende und offene Enteignung. Die Aktienbesitzer - im Wesentlichen Fonds, Institutionelle, Family Offices - haben eine gute politische Lobby. Es ist wohl besser, sich auf deren Seite zu schlagen, als mit der übervorteilten Mittelschicht zu investieren, die ihr Geld auf dem Konto, in Riester-Produkten oder in Lebensversicherungen hat.
Das Bankhaus Metzler hat zwei Währungsreformen nur überlebt, weil die Bank ein stattliches Aktiendepot hatte, mit dem sie wieder anfangen konnte. Nach dem zweiten Weltkrieg waren diese Besitztitel auch für einige Zeit eingefroren, aber es waren dennoch Besitztitel an realen Unternehmen.
Wir sind daher durchaus geneigt, in der nächsten Zeit Aktien nachzukaufen. Dasselbe gilt für Gold. Value Investoren denken eben nicht an die nächsten drei bis sechs Monate, sondern an die nächsten drei bis sechs Jahre - und darüber hinaus.
Und da zählt ausschließlich:
1. Was ist die richtige persönliche Vermögensaufteilung?
2. Wie sicher ist das entsprechende Investment?
3. Was ist der Preis bzw. die langfristig erwartete Rendite?
Damit sind wir in der Finanz- und in der Eurokrise gut gefahren und ich bin davon überzeugt, dass wir auch diesmal gut damit fahren werden.
Übrigens: Noch Mitte Juli hatte dieselbe Bank, deren Research ich in vielen Fällen durchaus schätze, die Aktienquote in ihrem Musterportfolio aufgestockt.
P.S.: Zum Rücktritt von Alexis Tsipras schreibt die BILD: "Statt sich direkt an die Umsetzung der bitter nötigen Reformen zu machen, zieht Tsipras lieber in eine neue Wahlschlacht. (...). Diese Unzuverlässigkeit schreit zum Himmel! Und dürfte auch viele derjenigen Bundestagsabgeordneten sehr nachdenklich machen, die am Mittwoch noch JA zum 3. Hilfspaket gesagt haben." Dem kann ich nur zustimmen. Nur leider: nachdenklich mag der ein oder andere Abgeordnete werden - solange Griechenland für den Wirtschaftskrieg gegen Russland benötigt wird, fallen die Entscheidungen in Washington und Brüssel. Merkel, Kauder und Gabriel setzen diese dann durch Druck auf die Abgeordneten durch.
Hinweis/Disclaimer:
Prof. Dr. Max Otte berät beziehungsweise Unternehmen, an denen Prof. Dr. Max Otte beteiligt ist, beraten den PI Global Value Fund (WKN: A0NE9G) und den Max Otte Vermögensbildungsfonds (WKN: A1J3AM). Diese beiden Fonds könnten Positionen in Titeln halten, die in dieser Kolumne genannt sind.
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Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Gründer der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Das Institut analysiert nach der von ihm entwickelten Strategie der Königsanalyse © börsennotierte Unternehmen und setzt sich dafür ein, mit transparenten Informationen Privatanleger bei der Entwicklung nachhaltiger und langfristig ausgerichteter Aktienstrategien zu unterstützen. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.