Bitte keine Euphorie!
Sehr geehrte Privatanleger, zwischen Oktober und März wurde ich nicht müde, jedem, der es hören wollte (und vielen, die es nicht hören wollten) zu sagen...
... „Kauft Aktien!“ Eine meiner Kolumnen im November war mit „Kaufen, kaufen, verdammt noch mal!“ überschrieben. Die Preise waren einfach so im Keller, dass eine große Weltwirtschaftskrise hätte passieren müssen, um solch niedrige Preise zu rechtfertigen. Die „große Krise“ sah ich allerdings nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von unter zehn Prozent, denn die Staaten der Welt gaben Finanzspritzen in einem nie da gewesenen Ausmaß in das Finanzsystem.
Nun sind viele Aktien um 100 Prozent und mehr gestiegen, zum Beispiel BMW (WKN: 519000), Lanxess (WKN: 547040), Deutsche Bank (WKN: 514000), Commerzbank (WKN: 803200), ING Groep (WKN: 881111) und MAN S.E. (WKN: 593700). Das sind insbesondere die „Zykliker“, die es beim Absturz der Wirtschaft voll erwischt hat, sowie Banken. Immer mehr Leute die glauben, sie seien Investoren, springen auf den Zug auf. Und was wird gekauft? Die Werte, die sich in den vergangenen Monaten am meisten bewegt haben. So ein Schwachsinn! (Aber es ist immer wieder dasselbe.)
Lassen Sie sich nicht anstecken. Zwar hat der Absturz der Weltwirtschaft aufgehört, aber wie schnell die Erholung kommt, ist eine andere Sache! Im Gegenteil: Von den USA haben wir in den nächsten Monaten noch etliches Negatives zu erwarten.
Im letzten Jahr waren 25 Prozent aller Subprime-Kredite im Immobiliensektor in Zwangsvollstreckung oder im Verzug („delinquent“). Natürlich traf es zuerst diese Schuldner mit geringer Bonität. Das Gewitter ist nun vorbei.
ABER: Nun erwischt es Kreditnehmer mit hoher Bonität und damit die Prime-Kredite. Die Kredite mit Problemen (Zahlungsverzug oder Zwangsvollstreckung) stiegen um mehr als fünf Prozent, auf 9,24 Prozent! Das sind SEHR schlechte Nachrichten, denn Prime-Kredite machen immerhin 80 Prozent aller Kredite aus!
Ich möchte auch darauf hinweisen, was nach amerikanischem Verständnis „Prime“ bedeutet. Schon früher gab es da Kreditausfallraten von drei, vier Prozent. Jetzt sind es fast zehn Prozent! Die Bausparkassen in Deutschland haben eine Kreditausfallquote von unter 0,1 Prozent, auch in normalen Zeiten weniger als ein Fünfhundertstel der amerikanischen sogenannten Prime-Kredite. Soviel zum unterschiedlichen Rechtsverständnis.
Da kommt aus den USA noch gehörig was auf uns zu! Zwar denke ich nicht, dass es eine zweite Bankenkrise geben wird, aber die Wirtschaft wird nochmal massiv belastet werden, das nächste Gewitter beginnt gerade, sich zu entladen.
Ja, viele Aktien sind noch billig. Aber eine gewisse Vorsicht ist angebracht.
Gehen Sie schrittweise aus den hoch zyklischen Titeln raus!
Unsere zyklischen Value-Titel, zum Beispiel Celesio (WKN: CLS100) und GfK (WKN: 587530), sind auch gestiegen, aber bei weitem nicht so stark wie die eigentlich schwächeren Titel. Sie sind ja auch vorher nicht so stark abgestürzt. Hier können Sie Positionen halten.
Am besten aber ist es, wenn Sie solide Nichtzykliker kaufen: Nestlé (WKN: A0Q4DC), Procter & Gamble (WKN: 852062), Berkshire (WKN: 900567), Coca-Cola (WKN: 850663), Henkel (WKN: 604840) und Beiersdorf (WKN: 520000) und die Pharmatitel. Leider ist Beiersdorf seit unserer Empfehlung schon stark gestiegen, ebenso L’Oréal (WKN: 853888). Auch Rhön-Klinikum (WKN: 704230) und GrenkeLeasing (WKN: 586590) sind interessant.
Solide, nichtzyklische Titel sind am besten geeignet für die nächste Börsenphase. Bleiben Sie drin, aber defensiv! Bitte keine Euphorie!
Auf gute Investments, Ihr Prof. Dr. Max Otte
Prof. Dr. Max Otte ist Herausgeber des PRIVATINVESTOR (www.privatinvestor.de) und Geschäftsführender Gesellschafter der IFVE Institut für Vermögensentwicklung GmbH. Ziel des Instituts ist die Aktienanalyse und die Entwicklung von Aktienstrategien für Privatanleger.Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.