Alno: Die Schwelle zum Glück
Der angeschlagene Küchenfabrikant Alno will sich über eine große Kapitalerhöhung sanieren. Stößt die Maßnahme auf ein breites Anlegerinteresse, bleiben millionenschwere Verlustvorträge erhalten. Das sorgt für zusätzliche Kursfantasie.
von Lars Winter, Euro am Sonntag
Den kommenden Donnerstag hat sich das Management von Alno, Deutschlands zweitgrößtem Küchenhersteller, leuchtend hell im Kalender markiert. Bis zum 22. November steht für das finanziell angeschlagene Traditionshaus und seine Aktionäre schließlich viel auf dem Spiel, vor allem aber geht es an diesem Tag um sehr viel Geld.
Dann ist nämlich das Zuteilungsergebnis einer aktuell noch laufenden Kapitalerhöhung endgültig entschieden. Alno will insgesamt 46,2 Millionen Euro über die Finanzmaßnahme einspielen. Bei einem Bezugspreis von 1,05 Euro wird sogleich die Aktienzahl von gut 26 Millionen im Verhältnis von eins zu zwei um 44 Millionen neue Aktien erhöht.
Für Alno ist die Kapitalmaßnahme ein ziemlich großer Schluck aus der Pulle, der dem Unternehmen allerdings für die eingeleitete Sanierungsphase eine neue und vor allem stabilere finanzielle Basis bieten wird. Über die Kapitalerhöhung, bei der die bisherige Hauptaktionärin, die Küchenholding GmbH, auf einen Teil der Bezugsrechte verzichten wird, und einen verhandelten Schuldenerlass von Banken sowie einen Forderungsverzicht von Lieferanten ist der Konzern zunächst praktisch schuldenfrei. Alno kann sich danach zu deutlich verbesserten Konditionen neu finanzieren.
Der große Vorteil, den das Unternehmen im Vergleich zu anderen Sanierungsfällen hat, liegt darin begründet, dass sich Alno operativ bereits erfolgreich auf Turnaroundkurs befindet, keine weiteren bilanziellen Baustellen auf der Passivseite (etwa Anleihen) beackern muss und der Großaktionär Whirlpool, der Mutterkonzern des Alno-Hauptlieferanten Bauknecht, dem Küchenhersteller die komplette Kapitalerhöhung garantiert. Über den Erfolg einer finanziellen Neuordnung muss sich Alno zunächst also wenig Sorgen machen.
Verlustvorträge nutzen
Problematisch sind im Rahmen der anstehenden Kapitalerhöhung vielmehr die späteren Besitzverhältnisse des Unternehmens. Sollten im schlechtesten Fall alle neuen Aktien von Whirlpool erworben werden, steigt der Anteil des Großaktionärs von aktuell 18,3 auf 75,3 Prozent an. Dann wäre zwar nach wie vor das Überleben des Küchenbauers finanziell gesichert, die millionenschweren steuerlich wirksamen Verlustvorträge, über die Alno noch verfügt, könnten aber — wenn der Konzern wie geplant ab 2013 wieder schwarze Zahlen schreibt — im Gegenzug nicht genutzt werden.
Gelingt Alno im kommenden Jahr der Sprung in die Gewinnzone, wäre die Aktivierung latenter Steuern nur möglich, wenn der Großaktionär Whirlpool nach der Kapitalerhöhung mit seinem Anteil an Alno unterhalb der Schwelle von 50 Prozent bliebe. Bei einem Whirlpool-Anteil von 50 Prozent minus einer Aktie, was zum Beispiel der Fall wäre, wenn die Bezugsrechte der Aktionäre nicht ausgeübt und neue Anteilseigner mindestens 14,9 Millionen Euro investieren würden, könnte Alno die Verlustvorträge zumindest teilweise nutzen.
Deutlich besser wäre die Konstellation, wenn Altaktionäre ihre Bezugsrechte nicht ausüben und neue Investoren mindestens 29,6 Millionen Euro über die laufende Kapitalerhöhung investieren. Whirlpool käme dann auf einen Anteil von lediglich 25 Prozent minus einer Aktie, und Alno könnte die Verlustvorträge maximal ausschöpfen. Dadurch würden in den kommenden Jahren unter dem Strich rund 50 Millionen Euro oder über 70 Cent je Aktie mehr im Konzernabschluss hängen bleiben und der Aktie hohes Kurspotenzial verleihen.
Auch wenn das Risiko bei Alno durch die garantierte Kapitalerhöhung überschaubar ist, eignet sich ein Kauf der Aktie nur für mutige Anleger. Die sollten es jedoch wie das Management halten, den 22. November im Kalender markieren und spätestens dann bei Alno zuschlagen.
WKN: 778840
Kursziel: 1,60 Euro
Stopp: 0,85 Euro