Interview

Max Otte: "Wenn man auf die Masse starrt, hat man schon verloren"

20.04.15 16:50 Uhr

Max Otte: "Wenn man auf die Masse starrt, hat man schon verloren" | finanzen.net

Prof. Max Otte spricht mit uns im Interview über Warren Buffett, richtiges Investing und darüber, warum ihm Geld überhaupt nicht wichtig ist.

Werte in diesem Artikel

Herr Prof. Otte, Sie gelten als bekanntester deutscher Vertreter des Value Investing. Warum verfolgen Sie gerade diese Anlagestrategie und worin sehen Sie deren Überlegenheit gegenüber anderen Investmentstrategien?

Prof. Max Otte: Charlie Munger, der langjährige Partner von Warren Buffett, hat einmal gesagt, dass alles richtige Investing Value Investing sei. Das man also weniger bezahle, als man an Wert bei einem Vermögensgegenstand erhalte. Das setzt natürlich voraus, dass ich den fairen Wert des Gegenstands, in den ich investiere, halbwegs ermitteln kann.

Damit ist Value Investing immer und überall fundamental orientiert. Im Übrigen ist "Value" kein Gegensatz zu "Growth". Der Wert einer ewigen Rente berechnet sich nach V = c / (r-g) mit c = Coupon (Zahlung), r = Zinsfuß und g = Wachstum. Wachstum kann Teil der Value-Gleichung sein, wie es Buffett sagt.

Sie müssen also in der Lage sein, ein Asset fundamental zu bewerten. Dazu bleiben Sie am besten innerhalb ihre Circle of Competence und lassen auch viele verlockende Möglichkeiten vorbeiziehen, wenn Sie sich nicht sicher sind. Und sie müssen warten, bis sie es mit einer entsprechenden Sicherheitsmarge zum fairen Wert kaufen können.

Das Gegenteil von Value ist also nicht Growth, sondern Momentum. Das tun, was alle tun. Kaufen, weil ein Asset oder eine Assetklasse steigt. Verkaufen, weil sie sinkt. Value Investoren müssen die notwendige Ruhe und Gelassenheit haben, zu ertragen, dass ihre Investments auch mal länger unter Wasser sind.

Der Vorteil des Value Investing ist also, dass Sie nur in echte ökonomische Werte investieren, nicht in "den Markt", dass Sie wissen, was Sie im Depot haben - und, dass es funktioniert. Sie müssen aber Schwankungen aussitzen können. Das schafft nicht jeder.

Der DAX hat 2015 zahlreichen Rekordstände markiert und auch an anderen Märkten geht es nach oben. Kann man in solchen Börsenphasen überhaupt noch unterbewertete Aktien finden? Wo sollte man gezielter nach ihnen suchen?

Value Investing ist immer und überall die richtige Form des Investierens. In massiven Haussen kann manchmal das Momentum-Investing erfolgreicher sein. Nur: wann steigt man wieder aus? Wenn man auf die Masse starrt, hat man schon verloren. Es kann für Value-Investoren manchmal also auch sinnvoll sein, abseits zu stehen, wenn die Hausse läuft. Warren Buffett hat 1969, mitten in einer Hausse, die Buffett-Partnership aufgelöst.

Soweit ist es aber derzeit noch nicht. Wir finden noch genug Märkte mit billigen, teilweise sehr billigen, Titeln, etwas Österreich, die europäische Peripherie, der Energiesektor, Brasilien und andere.

Qualitätstitel wie Nestlé sind allerdings fair bewertet. Aktien wie Nestlé, Coca-Cola oder Richemont notieren zwar bei KGVs um 20, aber das sind immer noch Gewinnrenditen von 4 und Dividendenrenditen von 2 bis 3 Prozent.

Sie haben für das Finden von Value Aktien mit der Königsanalyse eine eigene Strategie entwickelt. Könnten Sie kurz umreißen, wie die Königsanalyse funktioniert?

Ich würde nicht sagen, dass die Königsanalyse eine "Strategie" ist. Value Investing ist eine Anlagephilosophie, die viele verschiedene Formen annehmen kann. Die Königsanalyse ist lediglich die Operationalisierung eines Teils des Value Investing, nämlich der Bestimmung der Unternehmensqualität. Value Investing heißt immer, einen Vermögensgegenstand oder eine Aktie unter ihrem inneren Wert zu kaufen.

Die Königsanalyse kann Investoren helfen, die Unternehmensqualität einzuschätzen.

Bei einer hohen Qualität (normalerweise über 70 Königspunkte), wie sie zum Beispiel bei Aktien wie Nestlé gegeben ist, muss der Abschlag zum inneren Wert nicht so hoch sein. Ja, man kann sie vielleicht auch noch zum Inneren Wert kaufen, weil solche Unternehmen nachhaltige Wettbewerbsvorteile haben und langfristig wachsen. Kaufe ich ein Top-Unternehmen zum fairen Wert, kann ich vielleicht langfristig mit 7 bis 10 Prozent Rendite rechnen. In Zeiten, in denen Staatsanleihen teilweise unter 1 Prozent abwerfen, ist das nicht schlecht. Bei einer mittleren Qualität wie zum Beispiel der Allianz-Aktie sollte schon eine deutlichere Unterbewertung vorhanden sein, da wir bei Unternehmen mit mittlerer Qualität nicht langfristig mit Wachstum rechnen.

Was ist das Besondere an der Königsanalyse? Wodurch unterscheidet sie sich von anderen Value-Strategien?

Die Königsanalyse ist ein Qualitätsmaß. Bei den so selektierten Unternehmen müssen wir dann auch noch die Bewertung bzw. Unterbewertung ermitteln. Hier gehen wir bei Unternehmen sehr hoher Qualität und Unternehmen mittlerer Qualität unterschiedlich vor. Die Top-Unternehmen bewerten wir zum Ertragswert zuzügliche einem angemessenen Wachstum, die normalen Unternehmen bewerten wir zum Substanzwert und zum normalisierten Ertragswert ohne Wachstum.

Eine Value-Aktie zu finden beinhaltet ganz schön viel Arbeit. Kann ein Privatanleger eine Value-Strategie überhaupt erfolgreich stemmen oder ist sie für private Investoren nicht geeignet?

Value Investing ist mehr vom Charakter abhängig als von der Intelligenz oder dem Fachwissen- Kontinuität, Bescheidenheit, Geduld spielen eine Rolle. Besonders wichtig ist es, innerhalb des eigenen "Circle of Competence" zu bleiben. Wenn jemand weiß, dass DAX-Aktien langfristig 7 bis 9 Prozent bringen und sich einfach einen DAX-Indexfonds oder eine Auswahl aus DAX-Aktien kauft und dann nichts mehr tut, ist das auch Value Investing. Eine klare Investmentthese, eine klare Renditeerwartung und das angemessene Investment. Aktiv zu kaufen und zu kaufen ist aber schon sehr schwer - besonders das Verkaufen. Das kann ich eigentlich nur Profis oder Laien empfehlen, die sehr genau wissen, was sie können, und was nicht.

Die Performance Ihres Fonds PI Global Value kann sich sehen lassen: Seit Auflage im Jahr 2008 hat der Fonds über 100 Prozent an Wert gewonnen. Welche Eigenschaft macht Sie als Value Investor so erfolgreich?

Ich kann das ruhig laut sagen: Geld ist mir überhaupt nicht wichtig. Wenn also mein Portfolio schwankt, dann schwankt es eben. Ich weiß aber, was ich darin habe.

Ebenso eine gewisse Demut und Einsicht in die Grenzen des eigenen Intellekts. Es gibt viele Entwicklungen an der Börse, die man nicht voraussagen kann. Da lohnt es sich dann auch nicht, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. Das würde nur eine falsche Sicherheit schaffen. Man muss sich stattdessen auf diejenigen relevanten Faktoren konzentrieren, die man analysieren kann.

Welche Investition sehen Sie als Ihren größten Erfolg an?

Schön war der Kauf von BP nach dem "Deepwater-Horizon"-Unglück. Zeitweilig war das unsere größte Position, weswegen wir von manchen Investoren komische Fragen bekamen. Aber wir wussten, was wir taten.

Besonders stolz bin ich auch, im März und April 2009 während des Tiefstandes besonders aktiv für Aktien getrommelt zu haben. Das hat mit den ersten "Börsianer des Jahres" eingebracht. Damals empfahl ich bei ca. 19 € die Henkel-Aktie und sagte, dass ich mich wie ein Junge im Süßwarenladen fühlen würde, wenn Eltern und Verkäuferin nicht da sind. Aktuell steht die Henkel-Aktie bei 106 €.

Gab es auch Investitionen, die Sie als "Misserfolg" bezeichnen würden?

Selbstverständlich. Etliche. Im PI Global Value ist zum Beispiel noch der Restposten eines portugiesischen Finanzdienstleisters, dessen Namen ich hier nicht nenne, fast mit Totalverlust eingebucht. Die Kunst ist es, solche Situationen zu minimieren. Wenn aber das Chance-Risiko-Verhältnis stimmt, bauen wir auch bei riskanten Investments vorsichtig Positionen auf. Die schmerzhaftesten Fehler sind aber Investments mit Top-Qualität, die wir einmal hatten und die nach dem Verkauf teilweise noch um 100 Prozent oder deutlich mehr gestiegen sind - ich nenne hier Henkel und Nemetschek.

Welche Aktien sollten sich unsere Leser im Rahmen einer Value Strategie momentan genauer ansehen?

Für den normalen Privatanleger sind sicher Qualitätstitel wie Nestlé, Unilever und andere noch interessant, obwohl sie nicht mehr ganz billig sind. Sie zahlen aber 3 Prozent und mehr Dividende und haben krisensichere Geschäftsmodelle, was in unserer Zeit viel wert ist.

Daneben sind europäische Blue Chips wie Allianz oder Total, OMV oder andere interessant. Europäische Blue Chips notieren derzeit oft noch sehr niedrig und zahlen eine gute Dividende.

Heißer sind dann Märkte wie Brasilien. Auch Griechenland wird gerade wieder einigermaßen billig.

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Bildquellen: Oliver Schmauch, Max Otte

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