IKB Kolumne Dr. Klaus Bauknecht

Aktuelle Griechenland-Politik - weit entfernt von der Realität?

13.08.15 13:15 Uhr

Aktuelle Griechenland-Politik - weit entfernt von der Realität? | finanzen.net

Wenn eine Schuldenentlastung Griechenlands unausweichlich ist, wie vielfach argumentiert, warum wird dies dann nicht offen diskutiert und warum werden entsprechende Lösungsansätze dann nicht als Teil eines Hilfspaketes gesehen?

Wenn diese Notwendigkeit in der Tat so offensichtlich ist, warum dann all die Anstrengungen, um sie auszuschließen? Oder gibt es tatsächlich Alternativen für Griechenland ohne Schuldenentlastung? Die Antwort ist nein.

Anstatt nachhaltige Veränderungen einzuleiten, erleben wir mit dem dritten Hilfspaket Griechenlands eine Haltung und Handhabung der Fakten, die an das Märchen "Des Kaisers neue Kleider" erinnert. Jeder lügt sich etwas vor, obwohl es eigentlich doch alle besser wissen. Die Rolle des kleinen Jungen, der im Märchen naiv die Wahrheit sagt, übernimmt in der Griechenland-Krise aktuell der IWF. Im Stellungspapier vom 14. Juli 2015 formuliert der IWF klar, was eigentlich alle Volkswirte schon lange wissen: Die Schuldenlast für Griechenland ist zu hoch und die EU wird nicht um eine drastische Schuldenentlastung herumkommen. All die Anstrengungen um ein drittes Hilfspaket mögen wegen anstehender Refinanzierungen und eines ausweitenden Defizits der Primärbilanz notwendig sein. Nur, mit einer Schuldenquote die bald 200 % erreicht, ist Griechenland nicht schuldentragfähig, ganz egal wie viele Rettungspakete es gibt. Es bedarf einiges mehr als wiederholte Sparmaßnahmen, Reformen und Schuldenrefinanzierungen, um eine nachhaltige Lösung zu finden.

Den Überschuss, den der griechische Staat unter realistischen Wachstumsannahmen erreichen muss, um die aktuelle Schuldenquote ansatzweise zu reduzieren, ist nicht anhaltend erreichbar. So zumindest die Aussage des IWF. Lösungen liegen in einem höheren Wachstum und oder einer niedrigeren Schuldenbelastung. Eine nachhaltige Lösung wäre, wenn die anderen Länder der Euro-Zone die Zinszahlungen, die sie bzw. ihre Rettungsmechanismen von Griechenland erhalten, in Griechenland reinvestieren würden. Das wäre keine Zinsreduzierung oder Schuldenschnitt, der der griechischen Politik frei verfügbare Ressourcen überlasst, sondern ein Wachstumsimpuls, den die Länder steuern würden, die auch dafür bezahlen. Der dadurch generierte deutliche Wachstumsschub würde den notwendige Primärüberschuss reduzieren und die Schuldentragfähigkeit auch ohne Schönrechnerei tragfähig gestalten.

Doch es wird nicht nur die Notwendigkeit einer Schuldenentlastung in den Lösungsansätzen ignoriert. Zudem wir aktuell wieder einmal das Argument bemüht, Deutschland profitiere eigentlich durch fallende Zinsen von der Krise Griechenlands. Diese Aussage ist zu wenig differenziert: Zwar mag der deutsche Staat profitieren, nicht aber alle Bürger. Denn es sind die Sparer, die durch die Krise eine niedrigere Rendite erhalten. Die EZB-Politik in der Euro-Krise hat einen Verteilungseffekt zum Vorteil des Staates und auf Kosten der Sparer zur Folge. Dies gilt vor allem deshalb, weil die meisten deutschen Staatsanleihen von deutschen Bürgen und Institution gehalten werden.

Die deutschen Zinsen sind auch nicht als Folge der Griechenland-Krise seit Jahren so niedrig. Griechenland ist nicht von systemrelevanter Bedeutung. Die Zinsen sind als Folge des allgemeinen Anstiegs der Schuldenquote vieler großer Euro-Länder gesunken, insbesondere Italiens, das die EZB aufgrund seiner Systemrelevanz zum Handeln genötigt hat (OMT Programm). Auch die aktuellen niedrigen Renditen hängen mehr mit dem EZB-Aufkaufprogramm und der schwachen Konjunkturlage in der Euro-Zone zusammen als mit der Griechenland-Krise. Als Folge negativer Nachrichten aus Griechenland sind die Zinsen bestenfalls kurzfristig gefallen.

Der eigentliche Treiber für die niedrigen Zinsen in der Euro-Zone ist aber die Angst vor Deflation. Die Staaten profitieren zwar einerseits von der sinkenden Zinslast. Sie werden aber gleichzeitig von schwacher Wirtschaftsentwicklung und hoher Arbeitslosenquote belastet. Deutschland mag dank seines stabilen, wenn auch relativ niedrigen Wachstums besser dastehen. Für die Euro-Zone insgesamt hingegen bietet die geringe Zinslast keinen nachhaltigen Vorteil. Zwar haben die niedrigen Zinsen die Schuldentragfähigkeit vieler Länder trotz schwachen Wachstums sichergellt, steigende Zinsen infolge starken Wachstums wäre aber sicherlich die bessere Alternative. Ohne Euro-Krise würde auch die deutsche Wirtschaft schneller wachsen und die Inflation wäre höher, was zu mehr Steuereinnahmen führen würde.

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