Windkraft-Aktien: Jetzt kaufen?
Vom Winde verweht: Windkraft-Aktien im Sinkflug!
Die Windkraft boomt nicht erst seit Fukushima. In China werden die Kapazitäten seit Jahren aggressiv ausgebaut und auch der europäische Markt verändert sich tiefgreifend. Nur der Aktienmarkt spiegelt diese Entwicklungen nicht wider.
Auch hier zeigt sich: Politische Konjunktur ist noch lange kein Garant auf Börsengewinne.
Lesen Sie, warum die meisten Wind-Aktien einfach nicht in Schwung kommen.
Fakt ist: Das politische Umfeld für Windkraft könnte eigentlich kaum besser sein. Schätzungen zufolge werden sich die jährlichen Investitionen zahlreicher Staaten im Bereich Windenergie bis 2020 auf deutlich über 250 Milliarden US-Dollar verfünffachen.
China bläst auch hier zum Angriff, hat sich vor den USA als die Nummer 1 in der Windkraft etabliert. Gerade hat der größte Windkraft-Ausrüster des Riesenreichs, die Sinovel Wind Group, eine sechs Megawatt (MW) große Windkraftturbine in Betrieb und damit direkt den führenden europäischen Hersteller, die dänische Vestas, auf`s Korn genommen.
Sinovel verfügt allein über eine Leistungskapazität aus Windkraft von über 10 Gigawatt (GW), was einem Drittel der gesamten deutschen Windkraftleistung entspricht. Zum Vergleich: Der in Deutschland in Betrieb genommene Offshore-Windpark Baltic 1 liefert etwa 50 MW. Ein „normales“ AKW produziert 1 GW, das größte in Deutschland (Isar II) liegt bei brutto 1,49 GW.
Derzeit gibt es in China über 80 Windturbinenhersteller. Schon 2010 werden es vermutlich über 100 sein. Laut Fünfjahresplan soll sich in China die Windkraftleistung bis 2015 auf 112 Gigawatt erhöhen. Bis 2020 erwartet die State Grid Corporation of China (SGCC) eine Gesamtkapazität von 200 Gigawatt.
Der Zugang zum chinesischen Markt ist für westliche Firmen schwer. Es kommen fast ausschließlich einheimische Anbieter zum Zug. Umso wichtiger ist für europäische Unternehmen der Markt in den USA. Doch der stagniert derzeit etwas. Im vergangenen Jahr war der Ausbau der Windenergie leicht rückläufig. Es wurden Windkraftanlagen mit einer Leistung von 38,6 Gigawatt neu installiert, zwei Prozent weniger als noch im Jahr zuvor.
*Rückenwind in Deutschland
Aufbruch-Stimmung in Berlin: Hier wurde beschlossen, die Windenergie nun doch deutlich stärker zu fördern als bislang geplant. Die ursprünglich im Gesetzentwurf zum Erneuerbare-Energien-Gesetz beschleunigte Senkung der Förderung wird zurückgenommen.
Jedes Jahr solle der staatlich garantierte Abnahmepreis für Windstrom an Land nun wie bisher nur noch um ein Prozent statt zwei Prozent schrumpfen. Werden ältere Windräder aus der Zeit vor 2002 durch neuere, teilweise höher als der Kölner Dom, ersetzt, gibt es einen Zuschlag auf den Abnahmepreis von 0,5 Cent. Voraussetzung ist, dass sie mindestens die doppelte Leistung bringen wie die alten Modelle. Repowering wird das genannt.
Ziel des Gesetzes ist es, den Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung bis 2020 auf 35 Prozent zu steigern. Für deutsche Verhältnisse gigantische Windparks in Nord- und Ostsee mit einer Leistung von 10 GW bis 2020 und 25 GW bis 2030 sind wesentliches Standbein der CO2-freien Stromerzeugung.
*Flaute an der Börse
An der Börse sind 2011 nur wenige Wind-Aktien in der Pluszone. Nach zahlreichen Prognoseverfehlungen ist das Vertrauen der Anleger dahin. Die scheinbar guten langfristigen Aussichten helfen da wenig.
Mit am Härtesten hat es ausgerechnet Marktführer Vestas erwischt: Der Aktienkurs hat sich seit April halbiert. Schon zuvor musste das Unternehmen jede Menge Nackenschläge hinnehmen. Der größte Kursverfall fand im vergangenen Oktober statt, nachdem die Dänen die Anleger mit Schock-Meldungen über Projektverschiebungen in den USA, Spanien und Deutschland, miesen Quartalszahlen und einem düsteren Ausblick verärgerten.
Inzwischen hat sich bei Vestas strategisch einiges getan, nur der Aktienkurs kommt immer noch kaum vom Fleck.
Konkretes erstes Ergebnis ist ein neuer Deal in Frankreich: Mit EDF Energies Nouvelles konnten umfangreiche Lieferverträge vereinbart werden. Demnach soll Vestas die Tochter der Électricité de France (EdF) bis 2014 mit Windturbinen versorgen. An der Börse in Kopenhagen kletterten die Aktien von Vestas daraufhin um mehr als sieben Prozent.
Auch von der Aktie der spanischen Gamesa, immerhin einer der weltweit größten Anbieter im Bereich der erneuerbaren Energien, haben sich viele Anleger deutlich mehr versprochen. Vor drei Jahren stand die Aktie noch bei über 30 Euro, heute sind es knapp 5,50 Euro. Tendenz: Verhalten!
Zwar steuert die Windenergiesparte 75 Prozent zum Umsatz und 93 Prozent zum Gewinn bei, doch gilt das Unternehmen im Vergleich zu den aufstrebenden asiatischen Unternehmen als zu unbeweglich und die Ertragslage ist wenig zufriedenstellend: Der Umsatz soll im laufenden Jahr auf 2,8 bis 3,1 Milliarden Euro wachsen, nachdem die Erlöse 2010 noch um 14 Prozent geschrumpft waren. Die auf 4,9 Prozent gesunkene Umsatzrendite wird wohl bestenfalls stagnieren.
Und die deutschen Titel? Nordex überraschte zuletzt positiv mit mehreren Großaufträgen. Im Rahmen eines Gemeinschaftsunternehmens mit Way Wind im US-Bundesstaat Nebraska soll eine Anlage mit einer Leistung von 120 Megawatt entstehen. Für die definitive Genehmigung des Projektes sind aber noch Umweltstudien notwendig. Außerdem sollen 13 Anlagen mit jeweils 2,5 Megawatt Leistung nach Frankreich und Polen geliefert werden.
Das Problem von Nordex: Das relativ kleine Unternehmen wird es schwer haben, sich im Offshore-Markt zu etablieren. Doch genau dort liegt die Zukunft der Windkraft. Onshore - sprich: an Land - sind vor allem in Deutschland die besten Standorte schon verbaut und es gibt starken Widerstand in der Bevölkerung vor Ort. Weit über 90 Prozent der Landesflächen sind in Deutschland von der Windkraftnutzung ausgeschlossen.
*Mehr Ertragspower bei REpower
REpower hat bessere Perspektiven als Nordex, erwirtschaftet fast regelmäßig die höheren Gewinnmargen und hat zudem die bessere Produktpipeline. Im Geschäftsjahr 2010/11, das am 31. März diesen Jahres endete, hat die REpower Systems SE weltweit Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 851 Megawatt installiert oder geliefert.
Knapp 27 Prozent der Gesamtleistung wurde in Frankreich installiert, rund 24 Prozent in Italien, knapp 23 Prozent in Deutschland und knapp 13 Prozent in Großbritannien. Mit den Indern von Suzlon Energy verfügt REpower über einen finanzstarken Großaktionär. Der will allerdings möglichst schnell möglichst viel Rendite sehen. Für mich ein Haltekandidat.
Spaß macht der Blick auf den Aktienkurs von Energiekontor. Der legte immerhin in einem Jahr um über 70 Prozent zu. Das aus gutem Grund: Das Unternehmen hat mit Nordergründe und Borkum Riffgrund West zwei große Offshore-Windparkprojekte im Wesentlichen genehmigt bekommen. Das Investitionsvolumen liegt alleine hier bei zwei Milliarden Euro. Damit drehen die an der Börse nur 87 Millionen Euro schweren Bremer im wahrsten Sinne des Wortes ein großes Rad.
Läuft alles nach Plan, winken hier hohe weitere Kursgewinne für Aktionäre. Das Management des bereits 1990 gegründeten Unternehmens gilt in der Branche als solide und verlässlich und zeigt mit dem jüngst angemeldeten Aktienrückkauf, dass man am Wohle der Aktionäre interessiert ist.
Allerdings zeigen vergangene Flops beim Weggefährten Plambeck (der inzwischen unter PNE Wind AG firmiert), dass das Projektgeschäft mit hohen Risiken verbunden ist. Die Aktie ist daher nur für spekulative Anleger geeignet.
*Ausblick
Die Zukunft der Windenergie liegt zweifellos auf dem Meer. Doch die Errichtung von Offshore-Anlagen wird durch die immensen Kosten erschwert: Während für Anlagen an Land knapp 15 bis 20 Millionen Euro eingeplant werden müssen, kostet eine vergleichbare Anlage im Meer bis zu einer halben Milliarde Euro.
Die Zukunftsmärkte sind China und Indien. Da aber bleiben Ausländer meistens außen vor. Großes Wachstum ist in den USA möglich. Doch wegen des dort niedrigen Gaspreises könnte mancher Investor auf die Idee kommen, ein Gaskraftwerk zu bauen. Das ist kurzfristig lukrativer.
So richtig empfehlen kann ich derzeit keinen der bekannten, „reinen“ Windenergie-Titel. Für spekulative Anleger ist Energiekontor eine Option.
Auch die vielen Unternehmen aus dem Windenergie-Wunderland China erscheinen mir wenig vertrauenserweckend. Zudem ist man dort bekanntermaßen vor bösen Überraschungen nie gefeit, wie die aktuellen Probleme bei Anlagenbauer A-Power Energy Generating Systems zeigen.
A-Power musste kürzlich mitteilen, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft MSCM ihr Mandat niedergelegt hat. Darauf wurde die Aktie an der Nasdaq ausgesetzt. MSCM habe sich beklagt, dass die Gesellschaft bestimmte Transaktionen nicht der Prüfung durch eine unabhängige Instanz unterzogen habe, hieß es zur Begründung.
MEIN FAZIT:
- Setzen Sie nicht auf die Goldgräber, sondern auf diejenigen Unternehmen, die die Schaufeln für den Goldrausch liefern.
- Favoriten sind für mich die großen Player wie Siemens und General Electric. Diese haben sich in den vergangenen Jahren in diesem Markt durch wichtige Akquisitionen gestärkt.
- Ohne sie kann heute kaum ein Windanlagen-Hersteller produzieren. Auch die chinesischen nicht…
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.