Lang & Schwarz: Wikifolio markiert die Trendwende zum Guten!
Das Düsseldorfer Börsenmakler-Unternehmen hat turbulente Zeiten hinter sich und musste seit der Rückgabe der Banklizenz im Dezember 2010 erstmal kleinere Brötchen backen. Im Brot- und Buttergeschäft, den außerbörslichen Handel mit Aktien, lief die größere Tradegate, an der inzwischen auch die Deutsche Börse AG beteiligt ist, Lang & Schwarz zunehmend den Rang ab. Doch die enge Zusammenarbeit mit der Social Trading-Plattform Wikifolio scheint nun die Trendwende zu bringen.
Wikifolios sind spezielle Zertifikate mit deren Kauf Anleger die Strategien mehr oder weniger erfolgreicher Trader 1:1 in ihrem eigenen Depot abbilden können. Lang & Schwarz emittiert neue Wikifolios von Tradern, organisiert den Handel dieser Wikifolios und dient zugleich als Handelsplattform über die diese Trader die Transaktionen im Wikifolio abwickeln.
Abhängig von der in einem Wikifolio tatsächlich investierten Summe bildet Lang&Schwarz alle Transaktionen durch Käufe und Verkäufe an der Börse nach, um so das Risiko zu hedgen.
Das heißt Lang&Schwarz verdient auch dann, wenn die eigenen Market Maker einen guten Job machen und die betreffenden Aktien am freien Markt zu günstigeren Preisen einkaufen und verkaufen als die Trader, die direkt bei Lang&Schwarz kaufen.
Jahresgewinn 2013 bereits im 1. Quartal übertroffen
Im ersten Quartal 2014 ist dieses Unterfangen sehr gut gelungen. Mit einem Nettogewinn von 1,2 Millionen Euro hat Lang&Schwarz mehr verdient als im gesamten Jahr 2013. Das liegt auch am insgesamt weiter freundlichen Börsenumfeld und saisonalen Effekten (traditionell am Jahresbeginn erhöhtes Handelsvolumen), vor allem aber am ungebrochenen Erfolg von Wikifolio.
Es werden immer mehr Wikifolios emittiert und inzwischen agieren auch viele Vermögensverwalter über die Plattform. Der Reiz liegt unter anderem in der einfachen Handhabe und der leichten Zugänglichkeit der Plattform. Im Prinzip kann jeder ein eigenes Wikifolio starten sofern er nur genug Interessenten hat, die bereit sind seiner Handelsstrategie zu folgen. Das ist quasi Basisdemokratie im Finanzwesen.
Das heißt selbstverständlich nicht unbedingt, dass die Wikifolio-Trader automatisch eine bessere Rendite bringen als die von vielen wegen ihrer meist schwachen Performance gering geschätzte Gilde der Fondsmanager.
Ist ein Wikifolio erfolgreich und geht das investierte Volumen in den sechs-, sieben- oder gar achtstelligen Bereich haben die Trader mit den gleichen Problemen zu kämpfen wie die Fondsmanager auch: Es wird schwierig Nebenwerte zu "vernünftigen" Kursen zu erwerben und wieder zu verkaufen. Teilweise gibt es auch Verzögerungen bei der Kursstellung, so dass nicht immer schnell reagiert werden kann.
Hinzu kommt: Finanziell lukrativ ist das Ganze für Trader nur solange ihre Wikifolios auch neue Höchststände erzielen, denn nur dann erhalten sie auch eine Performance-Fee. Das kann dazu führen, dass schwach performende Wikifolios einfach geschlossen werden und die investierten Anleger ihre bis dahin unter Umständen aufgelaufenen Buchverluste realisieren müssen. Zudem gibt es ein Emittentenrisiko. Nur solange Lang&Schwarz liquide ist, sind es auch die Wikifolios.
Dennoch: Zumindest bisher geht das Konzept bei Wikifolio auf. Das Unternehmen dürfte inzwischen durchaus einen geschätzten Marktwert von um die 100 Millionen Euro haben, so dass alleine die Fünf-Prozent-Beteiligung, die Lang&Schwarz an Wikifolio hält, knapp 20 Prozent der aktuellen Marktkapitalisierung abdecken sollte.
Diese liegt nämlich auch nach dem kräftigen Anstieg um 11,7 Prozent auf 9,25 Euro am Freitag nur bei 29 Millionen Euro. Bei einem Nettogewinn von 1,2 Millionen Euro alleine im ersten Quartal sollte das 2014er-KGV selbst konservativ und ein saisonal schwaches drittes Quartal eingerechnet locker in den einstelligen Bereich fallen.
Ebenfalls attraktiv für Aktionäre: Lang&Schwarz schüttet einen Großteil des erwirtschafteten Gewinns als Dividende aus. Für 2013 wird beispielsweise 75 Prozent des Nettogewinns oder 849.000 Euro ausgeschüttet, was einer Dividende von 0,39 Euro je Aktie entspricht. Wird diese Ausschüttungspolitik beibehalten könnte das von André Bütow und Peter Zahn geführte Unternehmen zu den Titeln mit den höchsten Dividendenrenditen am deutschen Kurszettel werden.
Auch der Ausblick fürs zweite Quartal liest sich aus Aktionärssicht positiv: "Die Verunsicherung der Finanzmärkte bedingt durch die Entwicklungen in der Ukraine hält auch im 2. Quartal 2014 weiter an. Die damit einhergehenden Schwankungen in den Indizes sorgen für entsprechende Tradingmöglichkeiten bei den verschiedenen Anlegergruppen. Der Konzern sollte hiervon weiterhin profitieren können."
Schließlich spricht auch noch die charttechnische Konstellation für Lang&Schwarz. Denn nach dem fulminanten Anstieg von September 2013 bis Anfang Januar 2014 ging die Aktie im Februar nach nicht ganz überzeugenden Jahreszahlen für 2013 (viele Aktionäre hatten mit einem noch stärkeren Schlussquartal gerechnet) in eine Konsolidierung über, die bis jetzt anhält.
Am Freitag lief die Aktie nun während des Handels bei für die Aktie sehr hohen Umsätzen (knapp 150.000 gehandelte Aktien über XETRA) bis exakt an dieses 52-Wochen-Hoch bei 9,39 Euro heran.
Ein Sprung darüber würde auch ein charttechnisches Kaufsignal generieren und viele kurzfristige Trader auf die Aktie aufmerksam machen. Bei 3,15 Millionen ausstehenden Aktien, von denen sich nur knapp die Hälfte im Streubesitz befindet, könnte es dann schnell zu einem dynamischen Anstieg kommen.
Umgekehrt bedeutet das aber für Sie: Ordern Sie die Aktie unbedingt limitiert, wenn Sie das Papier kaufen möchten. Ansonsten drohen schlechte Ausführungskurse auf Grund der relativen Marktenge der Aktie. Geben Sie deshalb auch keine Stopp-Buy-Order auf.
MEIN FAZIT:
Der Markt bewertet die Aktie als ob keine Wachstumsperspektiven vorhanden wären. Klar, zum Teil wird Lang&Schwarz immer vom Gesamtmarkt abhängig bleiben, aber die Wachstumsstory Wikifolio, die noch über Jahre anhalten könnte, überlagert diese Zyklik und macht Lang&Schwarz zu einem echten Wachstumsunternehmen. Auch ein Übernahmeversuch durch beispielsweise Tradegate ist denkbar und die Wikifolio-Beteiligung dürfte inzwischen auch deutlich mehr Wert sein als zum Kaufzeitpunkt.
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.