Aktienkauf: Lesen Sie zwischen den Zeilen… - Teil 2
*Hoppla, wir sind zahlungsunfähig
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Im Anschluss an die obige Meldung herrschte dann für ein halbes Jahr Funkstille. Bis zum 05. Oktober 2009. An diesem Tag der Schock: "Der Vorstand der Paragon AG wird wegen Zahlungsunfähigkeit heute einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Paderborn stellen."
Handelsaussetzung der Aktie, Wiedereröffnung wenig später mit einem Kursabschlag von 50 Prozent. Die leidgeprüften Aktionäre, die nicht zwischen den Zeilen lesen konnten oder wollten, waren nochmal die Hälfte des investierten Restkapitals los.
Paragon eine mangelhafte Informationspolitik vorzuwerfen, ist in diesem Fall noch untertrieben. Die Aktionäre wurden schlicht und einfach verarscht!
*Jetzt kommt der große Neuanfang. Oder auch nicht...
Seit 1. Januar 2010 läuft nun das Insolvenzverfahren - und ob Sie es glauben oder nicht, es ist schon wieder alles in Butter, alles toll:
Rechtsanwalt Dr. Frank Kebekus wurde zum Insolvenzverwalter bestellt, der fertig gestellte Insolvenzplan ist beim Amtsgericht Paderborn eingereicht worden und ein nicht in Anspruch genommener Massekredit wurde zurückgegeben.
Kleiner Exkurs: Unter einem Massekredit versteht man einen schnellen Kredit, der von Banken oder dem Bund gewährt wird, um insolventen Unternehmen die Weiterführung des Tagesgeschäfts zu ermöglichen. Ein plötzlicher Abbruch der Geschäftstätigkeit mangels Kapital würde zur Nichteinhaltung von Verträgen mit entsprechenden Folgen führen.
Ein Massekredit wird nur dann vergeben, wenn ein Wirtschaftsprüfer eine ausreichende freie Insolvenzmasse festgestellt hat, aus der im Fall einer endgültigen Insolvenz mit Abwicklung des Unternehmens dieser Massekredit getilgt werden kann. Der Massekreditgeber stünde dann an erster Stelle der Gläubigerliste.
*Kursvervierfachung gerechtfertigt?
Zurück zu Paragon: Dass die Delbrücker diesen Massekredit also nicht in Anspruch nehmen mussten, ist in der Tat ein gutes Zeichen. Auch für die Bezahlung von Löhnen und Gehältern sowie der Umsatzsteuer, sei das der Fall. Aber rechtfertigt das bereits einen Kursanstieg von einem auf aktuell knapp vier Euro? Damit steht die Aktie wieder auf dem Stand vom Herbst 2008. Das war damals, als noch alles in Butter war.
Ich halte das für sehr fraglich. Bei 3,80 Euro liegt die Marktkapitalisierung bereits wieder bei knapp 16 Millionen Euro. Das ist eine Menge Holz für ein insolventes Unternehmen. Die Anleger scheinen zu vergessen, dass jede Menge Gläubiger auf ihren offenen Forderungen sitzen. Diese werden sich nicht ewig gedulden möchten. Häufig wird in diesen Fällen versucht, aus Fremdkapitalgebern Eigenkapitalgeber zu machen.
Soll heißen: Gläubiger sollen auf ihre Forderungen verzichten und werden dafür am Unternehmen beteiligt. Das passiert dann aber fast immer über die Ausgabe neuer Aktien. Damit die Gläubiger überhaupt auf den Deal einsteigen, erhalten diese wegen des hohen Risikos entsprechend gute Bedingungen.
Im Extremfall kann das zu einer Vervielfachung der Aktienzahl führen und damit zu einer extremen Verwässerung des Kapitals der Altaktionäre.
Ganz einfach dargestellt: Aktuell gibt es 4,2 Millionen Aktien. Angenommen die Gläubiger verzichten auf den Großteil ihrer Forderungen und erhalten dafür ebenfalls 4,2 Millionen Aktien. Nimmt man an, dass sich dadurch der Buchwert des Unternehmens nicht verändert, fällt der Wert je Aktie auf nur 1,90 Euro.
Freie Aktionäre sollten sich bewusst sein, dass sie als Eigenkapitalgeber nachranging sind gegenüber allen Fremdkapitalgebern.
*Was alles schief gehen kann
Die Situation bei Paragon erinnert mich etwas an SAF-Holland, einen anderen Automobilzulieferer, der im letzten Jahr knapp an der Insolvenz vorbei geschrammt ist.
Hier keimten im Frühjahr Hoffnungen auf, wonach eine Finanzierung mit den Banken gesichert werden könnte. Der Kurs stieg damals von 0,30 Euro im März bis auf 4,00 Euro im August 2009. Dann kam die Meldung, dass man sich mit den Banken nicht auf eine Restrukturierung einigen konnte und die Aktie stürzte an einem Tag um 67 Prozent ab und fiel dann weiter bis auf rund einen Euro. Das operative Geschäft sollte auf einmal Treuhändern übergeben werden.
Auch wenn die Situation nicht eins zu eins vergleichbar ist, weil Paragon ja bereits insolvent ist, so kann es doch zu ähnlichen Komplikationen kommen. Sind die Gläubiger beispielsweise mit dem Sanierungsplan nicht einverstanden und beharren auf die Begleichung der offenen Forderungen, so droht bei Paragon ein ähnliches Fiasko wie bei SAF Holland.
Noch eine Klarstellung zum Abschluss: Ich habe nichts gegen Paragon und auch keine finanziellen Interessen der Firma gegenüber. Ich wünsche allen Beteiligten, dass die Restrukturierung erfolgreich verläuft. Eigentlich wollte ich an dieser Stelle ja einen Überblick über die Top-Performer der letzten Wochen geben. Aber manchmal kann man als Anleger aus Misserfolgs-Geschichten einfach mehr lernen.
MEIN FAZIT:
- Lesen Sie als Anleger immer zwischen den Zeilen!
- Investieren Sie nicht in insolvente Firmen, erst recht nicht, wenn sie bewertet sind wie nicht-insolvente Firmen.
- Achten Sie vor einem Kauf einer Aktie darauf, wie das Unternehmen seine Aktionäre in der Vergangenheit behandelt hat, insbesondere dann wenn Aktionärsstruktur und Vorstand noch gleich wie vor der Zäsur ist.
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
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