Griechenland - Kommt das dicke Ende im Sommer?
Griechenland hat es trotz aller Kapriolen erst einmal geschafft:
Das dringend benötigte Hilfsprogramm wurde letzte Woche verlängert. Und die Händler haben darauf erwartungsgemäß sehr positiv reagiert. Nachdem die Entscheidung offiziell war, sprang der Athen Composite Index um knapp 10 Prozent nach oben - und das innerhalb eines Handelstages.
Unsere erste Griechenland-Spekulation ist somit voll aufgegangen. Das lag in erster Linie daran, dass der griechische Aktienmarkt vorher sehr niedrig bewertet war. Der Markt hatte Anfang des Jahres bereits eine maximale Katastrophe eingepreist. Umso größer war dann die Erleichterung, als es schließlich doch anders kam.
Lage spitzt sich im Sommer zu
Und was hätte die griechische Seite auch anderes tun sollen, als einzulenken? Letztlich kam Alexis Tsipras zähneknirschend nahezu allen Bedingungen der Eurogruppe nach. Denn sein Kalkül, einen Keil zwischen die einzelnen Länder der Eurozone zu treiben, ging nicht auf. Dadurch wurde schnell klar, wie schlecht seine Verhandlungsposition war. Und diese wurde zusätzlich noch dadurch geschwächt, dass er zwar angeblich einen großen Rückhalt im eigenen Land besaß, dass die griechischen Sparer aber gleichzeitig seit Jahresbeginn 25 Milliarden Euro von ihren heimischen Bankkonten abgehoben haben.
Das Hilfsprogramm für Griechenland wurde allerdings nur bis Ende Juli verlängert, also zwei Monate weniger als erwartet. Und im Juli und August muss das Land allein an die EZB Kredite in Höhe von 6,7 Milliarden EUR zurückbezahlen. Hinzu kommen dann noch Zinsen und Tilgungsraten für Kredite des IWF, der europäischen Partnerländer und der verbliebenen Privatanleger. Die Belastungen, die die überschuldete Nation zu schultern hat, gehen im Sommer also kräftig in die Höhe. Und dennoch hat die griechische Regierung angekündigt, dass sie ein weiteres Hilfsprogramm mit ebenso strengen Auflagen wie bisher auf keinen Fall akzeptieren wird.
Die Gefahr ist noch nicht gebannt
Deshalb ist Griechenland keineswegs schon aus dem Gröbsten raus. Vielmehr dürfte die Angst vor einem Staatsbankrott bald wieder aufs Neue grassieren. Die Anlageprofis jedenfalls bleiben alarmiert. Laut einer Umfrage von Sentix unter 1000 institutionellen Investoren rechnen aktuell 37 Prozent der Profis mit dem vielgefürchteten Grexit - also mit dem Austritt Griechenlands aus der Eurozone mit allen entsprechenden Konsequenzen.
Mein Fazit: Für spekulative Anleger eröffnet diese Konstellation durchaus Chancen. Denn sie könnten im Juni noch einmal die Gelegenheit bekommen, sehr günstig an interessante griechische Aktien zu kommen. Wer allerdings in drei Monaten eine solche Strategie fahren will, der sollte sich intensiv darauf vorbereiten, und dann die akuten Entwicklungen sehr aufmerksam beobachten.
Florian Schulz ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Emerging Markets und Chefredakteur des Emerging-Markets-Trader Börsenbriefs. Mehr Infos unter: www.emerging-markets-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.
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