Brasilien: Dilma Rousseffs Wiederwahl belastet den Markt
Am Wochenende hat die amtierende Präsidentin Dilma Rousseff die brasilianischen Präsidentschaftswahlen gewonnen und damit einen Abverkauf von zwischenzeitig mehr als 6% an der Börse Sao Paulo ausgelöst.
Die Investoren hatten auf einen Wahlsieg von Rousseffs liberalem und wirtschaftsfreundlichen Kontrahenten Aecio Neves gehofft, doch der unterlag knapp.
Die Anleger fürchten nun, dass Rousseff in den kommenden Jahren ihre bisherige staatsgläubige Politik beibehalten wird. Wenigstens hat die Zentralbank aber kurz nach der Wahl überraschend den Leitzinssatz um 0,25% auf 11,25% erhöht, um Unabhängigkeit zu demonstrieren. Und Rousseff hat angekündigt, den interventionistischen Finanzminister Guido Mantega gegen einen anderen Anwärter auszutauschen. Gleichzeitig kündigte sie Fiskaldisziplin an.
Ob das hilft, um wieder genug Vertrauen in die Wirtschaft herzustellen, damit die Unternehmen mehr investieren, ist fraglich. Ich rechne daher damit, dass die außergewöhnlich tiefe Investmentquote von nur 17% des BIP auch in den kommenden vier Jahren nicht über 20% steigen wird.
Brasiliens Glanz ist vorerst dahin
Als Dilma Rousseff vor vier Jahren ihr Amt antrat, galt Brasilien als eine der vielversprechendsten Boom-Nationen weltweit. Fallende Rohstoffpreise und eine dirigistische und wirtschaftsfeindliche Politik haben das Land aber schwer gebeutelt. Zuletzt ist die das Land sogar in eine Rezession abgeglitten. Gleichzeitig kletterte die Inflation auf 6,7 Prozent, und das Leistungsbilanzdefizit lag in allein im September bei umgerechnet 7,9 Milliarden Dollar.
Mein Fazit: Auch ich kann meine Enttäuschung über dieses Wahlergebnis kaum verbergen. Allerdings sind brasilianische Aktien mittlerweile sehr günstig bewertet. Und der Leitindex Bovespa hat sich nach seiner ersten Schreckreaktion inzwischen wieder gefangen. Ich glaube nicht, dass es zu weiteren starken Abschlägen kommen wird. Es gibt einige brasilianische Aktien, denen ich in den nächsten Jahren - trotz Dilma Rousseff - eine starke Erholung zutraue.
Florian Schulz ist ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Emerging Markets und Chefredakteur des Emerging-Markets-Trader Börsenbriefs. Mehr Infos unter: www.emerging-markets-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.