Droht die nächste Finanzkrise?
Es ist seit Wochen dasselbe Spiel an der Börse. Immer wieder gibt es Stimmen, die den Kursanstieg der letzten Monate als zu stark und zu schnell ansehen.
Daraufhin kommt es zu Gewinnmitnahmen, doch die sind nur von kurzer Dauer. Rasch kehrt wieder das Kaufinteresse zurück. So war es auch am Montag. Der DAX lag zeitweise mit 1,6 Prozent im Minus, bevor sich der Index getragen von einer festen Eröffnung an den Wall Street wieder erholen konnte.
In Japan nehmen die Sorgen wieder zu
Für den zuerst schwachen Start gab es mehrere Gründe. So verzeichnete die Börse in Japan zum Wochenbeginn ein kräftiges Minus, da man sich zunehmend Sorgen über den starken Yen macht, denn der unterminiert die Erlöse der ohnehin schwächelnden Exportunternehmen weiter. Charttechnisch wirkt der Nikkei 225 Index angeschlagen, denn er steht kurz vor einem Test der wichtigen Unterstützung bei 10.160 Punkten. Ebenfalls bedenklich: Die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China nehmen zu. Nachdem die USA Strafzölle auf Reifen aus China erhoben haben, hat China mit Zöllen auf andere Produkte geantwortet. Insgesamt hat die Rezession die Wirtschaftspolitiker dünnhäutiger gemacht und die Neigung zu Protektionismus könnte weiter zunehmen. Das würde den möglichen Aufschwung zusätzlich gefährden. Doch auch die Finanzkrise war wieder ein Thema und das drückte auf die Kurse der Finanzwerte.
Joseph Stiglitz spricht wahre Worte
Der Ökonom Joseph Stiglitz, seines Zeichens Nobelpreisträger, früherer Chef der Weltbank und Berater der US-Regierung, meldete sich am Wochenende zu Wort. Seine Kernaussagen: Erstens, das weltweite Finanzsystem sei nicht stabiler geworden. Im Gegenteil: Die Zahl der Banken ist gesunken und sollte eine der übrig gebliebenen in eine Schieflage geraten, wären die Auswirkungen noch gravierender als bei der Lehmanpleite. Zweitens, die Regierungen hätten bisher kaum die Ursachen der Krise bekämpft. Stattdessen werde eine rein statistische Größe wie das BIP als „Fetisch“ angesehen und Wirtschaftspolitik drehe sich hauptsächlich um diese Zahl. Damit hat er uns aus der Seele gesprochen. Für die langfristigen Aussichten der Weltwirtschaft ist es unwichtig, ob das BIP in diesem Jahr um vier, fünf oder sechs Prozent fällt, entscheidend ist, ob die nächste Finanzkrise verhindert werden kann. Vor allem der US-Regierung schrieb Stiglitz ins Stammbuch, zu wenig in dieser Richtung unternommen zu haben. Auch die mittelfristigen Aussichten der Weltwirtschaft sieht Stiglitz kritisch. Es werde eine lange Phase schwachen Wachstums geben, das z.B. in den USA nicht ausreichen werde, mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten.
DAX mit hoher Volatilität
Die Volatilität am deutschen Aktienmarkt zu Wochenbeginn könnte schon ein Vorbote des dreifachen Verfallstermins von Futures am Freitag, dem so genannten „Hexensabbat“, sein. Das sorgt immer für große Umschichtungen am Aktienmarkt. Aber auch die zahlreichen US-Konjunkturdaten dieser Woche könnten starke Kursbewegungen mit sich bringen. Charttechnisch ist der Aufwärtstrend im DAX weiterhin intakt, auch wenn die Aufwärtsdynamik schwach ist. Ein Anstieg bis auf 5.850 Punkte ist weiterhin möglich. Erst bei einem Unterschreiten der Unterstützung bei 5.480 Punkten müsste mit einem stärkeren Kursrückschlag gerechnet werden.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.