DAX: Welche Aktien sind jetzt gefragt?
Immer noch fragen sich viele Anleger, wo die Reise an den Märkten hinführen wird.
Überwiegend gute Nachrichten aus den Unternehmen und auch von der Konjunktur werden von zum Teil diffusen Ängsten vor einem Schuldenkollaps und einem Absturz des Euros verdrängt. In immer neuen Schüben treibt die sinkende Risikobereitschaft die Investoren zu immer neuen Verkaufswellen. Wann sich die Lage wieder beruhigen wird, ist unklar. Klar ist nur: Die Volatilität bleibt hoch.
Was macht China?
Nachdem zuletzt vor allem ein möglicher Dominoeffekt bezüglich Spanien und die Schuldenabbauprogramme der einzelnen Länder im Mittelpunkt standen, ist nun China als einer der ganz großen Gläubiger von Euro-Staatspapieren in den Fokus gerückt. China könnte sich aufgrund der Euroschwäche von einem Teil seiner Euroanleihen trennen, so lautete die neueste Panikmeldung der Euro-Crashpropheten. Wäre dem so, dann wäre dies tatsächlich ein Grund zur Sorge, denn alleine die chinesische Währungsaufsichtsbehörde SAFE verwaltet Staatsanleihen aus den Euroländern im Volumen von 630 Milliarden Euro. Der Kursverfall des Euros würde dadurch weiter beschleunigt. Dass dies jedoch vitalen chinesischen Wirtschaftsinteressen völlig zuwiderlaufen würde, auf diese Idee kamen die Marktschreier nicht. Ein schwacher Euro würde schließlich die chinesischen Exporteure massiv behindern. Europa ist noch vor den USA der wichtigste Absatzmarkt für chinesische Güter. Schon alleine deshalb hat China kein Interesse daran, den Euro zusätzlich zu belasten.
China hat kein Interesse an einem schwachen Euro
Im Gegenteil: Peking wird wohl eher den Euro stärken, solange dies seinen Interessen dient. Ein Blick auf den Chart des Euros gegenüber dem chinesischen Yuan (CNY) zeigt, dass die chinesische Währung im letzten halben Jahr massiv aufgewertet hat. Kein Wunder, dass Peking nun versucht, den Euro wieder stark zu reden, schließlich kostet das nichts. Medienberichte, wonach China wegen der Euro-Krise den Besitz seiner europäischen Anleihen auf den Prüfstand stelle, seien „ohne Grundlage“, gab SAFE zu Protokoll. Letztendlich gibt es auch keine wirkliche Alternative zu den Euro-Anleihen, denn im Dollar ist China ebenfalls stark engagiert und könnte so vom Regen in die Traufe geraten. Ich glaube daher, dass manche Medien auf plumpe Panikmache zum Zwecke der Kurstreiberei hereingefallen sind.
Aktienmärkte sind hin- und hergerissen
Kein Wunder also, dass die Aktienmärkte immer nicht so recht wissen, wie sie die Lage einschätzen sollen. Nach Verlusten in der ersten Wochenhälfte hat der DAX inzwischen wieder zur Aufholjagd geblasen und die 5.900-Punkte-Marke zurückerobert. Auch der Euro konnte sich von seinen Tiefs erholen und die Marke von 1,23 USD wieder überwinden. Eine echte Trendwende ist dies allerdings noch nicht, sondern eher eine zwischenzeitliche technische Erholung, die auch schnell wieder vorbei sein kann. Positive Nachrichten kamen vom DIW-Konjunkturbarometer. Nach zwei schwachen Quartalen kommt die Wirtschaft in Deutschland wieder in Schwung, so die Botschaft. Das Wirtschaftsforschungsinstitut erwartet für das zweite Quartal ein BIP-Wachstum von 0,7 Prozent. Wachstumstreiber sind vor allem die Industrie und die Bauwirtschaft. Während auch der Export Stärke zeigt, bleibe der private Verbrauch das Sorgenkind. Insgesamt jedoch steht der Konjunkturoptimismus der Experten im Widerspruch zur schlechten Laune der Anleger. Die Analysten der DZ Bank meinen hierzu, dass die Schuldenkrise und die Politik die Märkte vor allem psychologisch belasten würden. Die eher optimistischen Konjunkturdaten würden hierdurch verdrängt. Ich gehe davon aus, dass sich an dieser Gemengelage nicht so schnell etwas ändern wird.
Viele DAX-Aktien sind an Unterstützungen angelangt
Aus charttechnischer Sicht lässt sich die seit gestern einsetzende Kurserholung damit erklären, dass viele schwergewichtete DAX-Aktien wie zum Beispiel die Deutsche Bank oder die Allianz inzwischen an wichtigen Unterstützungslinien angelangt sind, die als Sprungbrett für eine zwischenzeitliche Erholungsbewegung dienen. Die Deutsche-Bank-Aktie hat den Support bei 45 Euro bestätigt, während die Allianz die Unterstützung bei 77,50 Euro wahrte. Andererseits gibt es auch einige DAX-Aktien wie Beiersdorf, Merck und auch die Versorger – also vornehmlich defensive Aktien – die einen charttechnisch angeschlagenen Eindruck hinterlassen. Das lässt den Schluss zu, dass die Anleger in Erholungsphasen nach wie vor die Zykliker bevorzugen. Zumindest ein Fünkchen Konjunkturoptimismus scheint also noch zu glühen.
Fazit:
An den Aktienmärkten kann noch keine Entwarnung gegeben werden, da die Stimmung schnell wieder kippen kann. Eine längere Erholungsbewegung mit neuen Jahreshochs ist unwahrscheinlich. Vielmehr dürfte die volatile Seitwärtsbewegung weiterhin andauern.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die Smarthouse Media GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.