DAX: Wann geht dem DAX die Puste aus?
Die Börsen starteten unentschlossen in die neue Woche.
Aus China wurden zwar besser als erwartete Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe veröffentlicht, was viele in der Hoffnung auf eine Konjunkturerholung im Reich der Mitte bestärkte – und davon würde auch die deutsche Wirtschaft profitieren. Aber der daraus resultierende Rückenwind für Europas Börsen verpuffte im Handelsverlauf. Auf die Stimmung drückte unter anderem ein deutlicher Rückgang beim Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in Spanien.
Stimmung in Europa hellt sich weiter auf
Doch andere Zahlen fielen durchaus gut aus: So legten die Einkaufsmanagerindizes für Italien und Frankreich im November überraschend zu. Das sind zwar nur Momentaufnahmen, aber der Trend bei der Verbraucher- und Unternehmensstimmung in der Eurozone zeigt nach oben, wenn auch von niedrigem Niveau aus: Der breit gefasste Economic-Sentiment-Indikator der EU legte im November den siebten Monat in Folge zu. Da wird es nicht mehr so lange dauern, bis auch in den harten Zahlen die Verbesserung spürbar wird. Immerhin fiel die Arbeitslosenquote in der Eurozone im Oktober überraschend von 12,2 auf 12,1 Prozent. Doch das muss noch nicht der Beginn eines positiven Trends sein, denn der Arbeitsmarkt reagiert üblicherweise zuletzt auf einen Konjunkturaufschwung.
„Super-Mario“ bleibt auf dem Gaspedal
Die letzte EZB-Sitzung Anfang November brachte eine überraschende Zinssenkung. Ähnliches ist vom Treffen der europäischen Notenbanker am kommenden Donnerstag nicht zu erwarten, der Leitzins wird bei 0,25 Prozent bleiben und auch sonst ist nicht mit Maßnahmen zur Erhöhung der Liquidität im Finanzsystem zu rechnen. Allerdings wird EZB-Chef Draghi sicherlich die Notwendigkeit einer weiterhin extrem expansiven Geldpolitik unterstreichen. Dass die Inflation in der Eurozone auch im November mit +0,9 Prozent deutlich unter der Zielgröße der Notenbank blieb, wird ihn in dieser Einstellung bestärken. Und die verbesserte Stimmung bei Verbrauchern und Unternehmen (siehe oben) muss sich erst noch deutlich in den harten Zahlen niederschlagen. Alles in allem erhält der Aktienmarkt anhaltend Rückenwind durch die Geldpolitik.
Widersprüchliches aus den USA
Trotz zahlreicher Datenveröffentlichungen gab es bislang nicht die erhoffte Klarheit über die Verfassung der US-Konjunktur. Manche Zahlen überraschten positiv, wie auch zu Wochenbeginn der ISM-Index (entspricht dem Einkaufsmanagerindex) für das verarbeitende Gewerbe, der entgegen den Erwartungen nach dem starken Vormonatsergebnis im November nochmals zulegen konnte. Andere Zahlen enttäuschten. Unter den Erwartungen lagen auch die Umsätze des Einzelhandels am Thanksgiving-Wochenende: Erstmals seit 2009 gab es einen Rückgang, obwohl mehr Menschen in den Geschäften unterwegs waren. Allerdings sind auch diese Zahlen schwer zu interpretieren, denn das Kaufverhalten ändert sich: Viele schauen nur in den Geschäften und kaufen dann im Internet.
Arbeitsmarktdaten im Blickpunkt
In dieser Woche ist der Blick einmal mehr auf die Arbeitsmarktdaten am Freitag gerichtet: Es wird mit einer Beschäftigungszunahme um 183.000 gerechnet, das entspricht etwa dem Wert des Vormonats. Daneben können der ISM-Index für den Dienstleistungssektor, die Auftragseingänge, die BIP-Daten und die Konsumzahlen für Furore sorgen. Nicht zu vergessen auch das Beige Book der Fed am Mittwochabend: Es dient der Vorbereitung der Sitzung am 18. Dezember. Und die Frage, ob die US-Notenbank noch in diesem Jahr mit der Reduzierung der Anleihekäufe beginnt, könnte entscheidend sein, ob es eine Jahresendrallye gibt oder nicht.
Fazit
Es ist eine Binsenweisheit, dass nach einer langen Rallye irgendwann eine Korrektur kommen muss. Doch wann sie kommt, wie stark sie ausfällt oder ob es bloß eine längere Phase der Konsolidierung auf dem neuen Kursniveau gibt, das lässt sich auch diesmal nicht vorhersehen. Für eine starke Korrektur vor dem Jahresende bräuchte es aber echte negative Meldungen – und die sind im Moment nicht in Sicht. Wahrscheinlicher ist es, dass bis zur Fed-Sitzung am 18. Dezember eine volatile Seitwärtsbewegung stattfindet.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.de
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