DAX: Strohfeuer oder Trendwende?
Der erste Angriff der Bären auf die 6.000er Marke im DAX konnte abgewehrt werden.
Nachdem der DAX am Dienstag bis auf 5.914 Punkten abgerutscht war, setzte eine kräftige Kurserholung ein, in deren Verlauf der Support bei 6.000 Punkten schnell wieder zurückerobert wurde – in der Sprache der Charttechniker wurde die Unterstützung damit bestätigt. Doch ist das Gröbste am Aktienmarkt damit durchgestanden oder gibt es nur eine kurze Verschnaufpause?
Notenbanken als Retter?
Blendet man diese rein technische Betrachtungsweise aus und lässt die letzten Tage Revue passieren, so findet man erstaunliche Indizien, die auf einen spannenden Sommer schließen lassen. In den USA überraschte die US-Notenbank Fed nach dem schwachen Arbeitsmarktbericht der letzten Woche mit einem unerwartet positiven Konjunkturbericht, dem Beige Book. Die US-Wirtschaft ist nicht so schwach, wie es der Arbeitsmarktbericht glauben macht, so das Fazit. Auch gibt es Hoffnungen auf ein QE3-Programm der Fed, also ein neues Programm zum Ankauf von Staatsanleihen. Doch Fed-Chef Ben Bernanke zerstreute diese Hoffnungen in einer Rede am Donnerstag etwas: „Das werde in der US-Notenbank derzeit nicht diskutiert“. An den Börsen wurde das gar nicht gut aufgenommen. Tatsächlich steht die Fed aber Gewehr bei Fuß, sollte sich die reale Wirtschaftslage verschlechtern.
Überraschende Zinssenkung in China
In China überraschte die Zentralbank mit einer Zinssenkung, der ersten seit 2008. Damit bewahrheitet sich unsere Vermutung, dass Chinas Führung einer wirtschaftlichen Talfahrt nicht tatenlos zuschauen wird. An den Märkten zeigten sich die Anleger – vorübergehend – begeistert von dieser Aussicht. Nach Europa: Spanien ist reif für den Rettungsschirm, ziert sich im Moment aber noch. Dass die Iberer sich und ihre Banken von der EU retten lassen, ist jedoch so gut wie sicher. Nicht zuletzt deshalb griffen die Anleger zuletzt bei den solideren Bankaktien des Landes wieder zu. Die Hängepartie um den Euro wird aber trotzdem noch eine ganze Weile anhalten, denn von einer Lösung für Spaniens Banken- und Schuldenproblem sind wir noch weit entfernt. Kurzfristig sind die Wahlen in Griechenland am 17. Juni, wo indirekt auch über den Verbleib das Landes in der EU abgestimmt wird, der nächste „Meilenstein“. Ob es zu einem allmählichen Verfall der Eurozone oder gar der EU kommt oder ob sich der Dampfer in Richtung einer politischen Union bewegt – im Moment scheint alles möglich.
Fazit
Die 6.000er Marke hat vorerst gehalten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Hoffnung auf weitere stimulierende Maßnahmen der Notenbanken stützt die Börsen. Andererseits: Mehr Liquidität ist nicht die Lösung der Probleme, sondern verhindert allenfalls das Schlimmste.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.