DAX: Rallye nach Entspannung in der Griechenland-Frage?
Die Märkte können sich einfach nicht entscheiden...
... wie sie die Verfassung der Konjunktur in den USA und anderswo einschätzen sollen. Zu Wochenbeginn genügten US-Einzelhandelsumsätze, die im Rahmen der Erwartungen lagen, um die Börsen nach oben zu hieven. Am Mittwoch ging es nach schwachen Zahlen wieder nach unten und am Donnerstag lagen einige Daten wieder über den Erwartungen und die Börsen konnten sich stabilisieren. Ich denke: Die Konjunkturlage ist besser als viele denken. Allerdings belastet die Griechenlandkrise weiter – Premierminister Papandreou will im Parlament die Vertrauensfrage stellen, die Umsetzung der Sparbeschlüsse ist gefährdet. Am Freitag gab es ein gemeinsames Bekenntnis Deutschlands und Frankreichs, zu einer Lösung kommen zu wollen. Vor allem akzeptierte Bundeskanzlerin Merkel die Forderung der EZB, dass es nur eine freiwillige Beteiligung der privaten Gläubiger geben dürfe. Das reichte aus, um die Börsen wieder nach oben zu hieven.
Die Eurokrise brodelt weiter
Doch vor und hinter den Kulissen wird weiter um ein neues Hilfspaket für Griechenland gerungen. Vor allem die Europäische Zentralbank scheint sich vehement dagegen zu stemmen, dass es zu einer Umschuldung bei griechischen Anleihen und zu einer Beteiligung privater Gläubiger kommt. Der Grund: Ein großer Teil der griechischen Anleihen liegt inzwischen bei der EZB – sie wäre daher einer der Hauptleidtragenden, vor allem wenn es zu einem Crash am Anleihemarkt kommt. Die Notenbank müsste für die Versäumnisse der Wirtschaftspolitiker in den Regierungen zahlen. Kein Wunder, dass die Währungshüter sauer sind. Am Dienstag scheiterten zwar die Verhandlungen, aber das war eigentlich auch nicht anders zu erwarten – es wird eben gepokert. Ein Beschluss für das neue Hilfspaket wird aber getroffen werden, wahrscheinlich beim Euro-Group-Meeting am 20. Juni oder beim Treffen des Europäischen Rates am 24. Juni. Doch einstweilen belastet die Unsicherheit die Aktienmärkte weiter. Ein Mosaikstein dabei ist, dass einigen europäischen Banken, vor allem den stark in südeuropäischen Anleihen engagierten französischen Instituten eine Abstufung des Kreditratings droht. Die Titel der Société Générale z.B. fielen auf den tiefsten Stand seit Anfang Dezember 2010. Das erklärt, warum sich der französische Staatschef so vehement gegen eine Beteiligung der privaten Gläubiger an einer Umschuldung griechischer Anleihen wehrt.
ThyssenKrupp-Aktie mit Korrektur
Viele Vorschusslorbeeren gab es für den neuen Vorstand bei ThyssenKrupp und den geplanten Konzernumbau – möglicherweise zu viele Vorschusslorbeeren. In den letzten Tagen korrigierte der Stahltitel wieder etwas, nachdem zuvor der höchste Kurs seit August 2008 erreicht worden war. Sollte die Aktie gar noch weiter zurückfallen, dann werden wir ein Engagement in Erwägung ziehen. ThyssenKrupp ist jedenfalls derzeit eine der interessantesten Stories im DAX.
DAX behauptet sich erneut über 7.000 Punkten
Der DAX fiel aufgrund der Angst vor einer Ausweitung der Griechenlandkrise zu einer allgemeinen Finanzkrise erneut fast bis auf 7.000 Punkte zurück. Doch am Freitag gab es eine fulminante Erholung, vordergründig wegen der Hoffnung auf eine Einigung in der Frage der Griechenlandhilfe. Hintergründig scheint aber im Bereich von 7.000/7.100 Punkten immer wieder Kaufinteresse aufzukommen – so war das jedenfalls in den letzten drei Wochen immer. Offenbar glauben die meisten doch daran, dass die Probleme mit Griechenland nicht in eine neue Finanzkrise führen.
Fazit:
Der DAX könnte wieder eine kleine Erholungsbewegung starten. Risikobereite Trader können eine kurzfristige Long-Position eingehen, sollten diese aber eng absichern. Die Märkte bleiben volatil.
Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.