DAX: Ist der Kursanstieg übertrieben?
Die Kursgewinne beim DAX seit Jahresbeginn sind trotz der Korrektur der letzten Tage enorm, der Index stieg um fast 25 Prozent. Das ist vor allem auf das Anleihekaufprogramm der EZB zurückzuführen ...
... und darauf, dass es zu Aktien (und anderen Sachwerten) kaum eine vernünftige Anlagealternative mehr gibt. Doch passt die Entwicklung der Prognosen für die Unternehmensgewinne zu diesem Kursanstieg? Ist hier eine positive Tendenz erkennbar?
Gewinnprognosen im Durchschnitt gefallen
Um die Frage kurz zu beantworten: Nein. Die Gewinnprognosen für die DAX-Konzerne sind in den letzten 12 Monaten im Schnitt sogar gefallen. Für 23 der 30 DAX-Werte haben die Aktienanalysten ihre Gewinnerwartungen für das Jahr 2015 gesenkt, für 2016 sieht es ähnlich aus. Ein Beispiel dafür ist BASF. Die Aktie zählt mit einem Kursplus von 35 Prozent seit Jahresbeginn zu den Outperformern im DAX, die Prognosen für den Gewinn pro Aktie (GpA) haben sich nach dem Rückgang 2014 in den letzten Monaten allerdings lediglich stabilisiert. Das ist beispielhaft für viele DAX-Werte: Im letzten Jahr haben viele Experten wegen enttäuschter Konjunkturhoffnungen ihre Prognosen gesenkt. Eine Aufwärtsrevision fand bislang dagegen kaum statt, obwohl sich die gesamtwirtschaftlichen Aussichten verbessert haben und obwohl der schwache Euro gerade Exportaktien wie BASF Auftrieb gibt.
Aussichten für Autoaktien verbessert
Immerhin sieht die Lage bei den Autoaktien, die ebenfalls zuletzt zu den Outperformern zählten, etwas anders aus: Besonders bei BMW und Daimler (weniger bei VW) wurden die Prognosen in den letzten Monaten angehoben. Da gerade die Durchschnittsprognosen der Marktentwicklung meist hinterherlaufen, ist in den nächsten Monaten mit einem weiteren Anstieg zu rechnen. Dieser wird aber nicht so hoch ausfallen, wie der Kursanstieg an den Börsen. Der Grund: Aktien sind als Anlage insgesamt attraktiver geworden und werden höher bewertet.
Es gibt große Unterschiede
Beispiele dafür, dass der starke Kursanstieg nicht mit steigenden Gewinnprognosen einhergeht, sondern teils sogar mit einem Rückgang, gibt es viele. Neben BASF z.B. auch die Münchener Rück. Anders sieht es z.B. bei K+S und FMC aus: Hier stiegen auch die Gewinnprognosen kräftig an. Der Kursanstieg beider Aktien ist daher fundamental besser untermauert.
Nicht immer rational
Bei vielen Aktien scheinen die Kurszuwächse aber übertrieben. Ein Beispiel dafür ist Lanxess: Das Unternehmen hat außer Einsparungen noch keinen Weg aus seiner strukturellen Krise gefunden und die Gewinnprognosen haben sich nach dem starken Rückgang im letzten Jahr lediglich stabilisiert. Trotzdem ist die Aktie in den letzten Wochen um 50 Prozent gestiegen! Das KGV von Lanxess liegt dadurch deutlich höher als z.B. das der Deutschen Post, obwohl der Logistikkonzern auf erstaunlich konstante Gewinnprognosen verweisen kann.
Fazit
Die Gewinnprognosen werden wie immer verspätet auf die besseren Konjunkturaussichten reagieren. Trotzdem scheint der Kursanstieg vielfach nicht rational zu sein. Offenbar haben manche Anleger undifferenziert besonders deutsche Exportwerte gekauft. In den nächsten Monaten müssen die Unternehmen zeigen, ob sie tatsächlich höhere Gewinne ausweisen können. Wenn nicht, wird es zu weiteren Korrekturen kommen.
Der Volkswirt Stefan Böhm kann insgesamt auf mehr als 25 Jahre Börsenerfahrung zurückgreifen und gilt als Experte für das Gebiet Aktien und Zertifikate. Der erfolgreiche Trader hat unter anderem mit dem renommierten Optionsschein-Magazin Erfolgsgeschichte geschrieben. Ebenso erfolgreich publiziert der Börsenexperte den kostenlosen Börsenbrief www.boehms-dax-strategie.de und das Premium Börsenmagazin www.dax-vestor.de seit dem Jahr 2004.
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