DaxVestor-Kolumne Stefan Böhm

DAX: Gewinnmitnahmen statt neuer Rekorde

16.05.11 10:12 Uhr

DAX: Gewinnmitnahmen statt neuer Rekorde | finanzen.net

Zwar hat die Quartalssaison ihren Zenit überschritten, dennoch kommen jeden Tag noch viele Meldungen von den Unternehmen.

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Die Zahlen waren zwar zumeist gut, dennoch ist die Rallye am Aktienmarkt ins Stocken geraten. Negative Vorgaben aus Übersee und die Angst vor einer Ausweitung der Euro-Schuldenkrise haben die Kauflust am Aktienmarkt spürbar gedämpft. Am Devisenmarkt sackte der Euro kräftig ab.

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Schafft sich Europa gerade ab?
Die Meldungen, die zurzeit aus Brüssel und den Hauptstädten Europas kommen, geben auch keinen Anlass zur Freude. Anstatt dem Problem der Staatsverschuldung grundlegend an die Wurzel zu gehen, versucht jede Regierung sich irgendwie durchzuwursteln. In vielen Ländern sitzen Rechtspopulisten im Parlament oder sogar in der Regierung, so in Finnland, Dänemark, den Niederlanden, Frankreich, Italien und Ungarn. Das erschwert eine Lösung der Euro-Krise, denn die Akteure haben offenbar nicht den Mut, ihren Wählern unbequeme Wahrheiten zu servieren. So kann man sich darauf einstellen, dass die Krise Europa noch sehr lange erhalten bleiben wird. Zudem gibt es neue Warnsignale, die sogar den Binnenmarkt – eine der größten Errungenschaften der EU, von der insbesondere Deutschland stark profitiert hat – als gefährdet erscheinen lassen. Italien und Frankreich haben erreicht, dass über Schengen neu verhandelt werden soll. Dänemark wartet nicht einmal auf Verhandlungen, es will einseitig wieder Grenzkontrollen einführen. Wenn dieses Beispiel Schule macht, ist der freie Personen- und Warenverkehr in Gefahr und man müsste sich ernsthaft die Frage stellen, für was man die EU dann noch braucht. Schon vorher wäre es wahrscheinlich mit dem Euro vorbei. In den USA kommt wahrscheinlich niemand auf die Idee, den Dollar in Frage zu stellen, weil Kalifornien pleite ist. Anders in Euroland, wo der „kleine Mann auf der Straße“ von der EU sehr oft keine gute Meinung hat. Die Bananen- und Gurkenvermesser aus Brüssel sind da fast noch verniedlichende Bezeichnungen für die EU-Bürokraten.

Papiergeld ist Vertrauenssache
Das Misstrauen, das der EU entgegenschlägt, ist auch schlecht für den Euro. Papiergeld ist Vertrauenssache. Die Eurokrise ist daher nicht nur eine Schuldenkrise, sie droht auch zur Vertrauenskrise zu mutieren. Der Höhenflug von Gold und Silber in den letzten Monaten hängt auch mit dieser Frage zusammen. Schuld an dieser verzwickten Lage sind aber auch Europas Spitzenpolitiker, die keine politischen Ziele mehr verfolgen, sondern nur noch kleinkarierte Stimmenmaximierung betreiben. Und ja, ich denke hierbei vor allem an Sarkozy, Berlusconi und Merkel. Da ist es kein Wunder, dass wir der Lösung der Euro-Schuldenkrise noch nicht wirklich näher gekommen sind. Nun will ich Sie nicht länger mit diesem Thema quälen, liebe Leserinnen und Leser, denn eine schnelle oder auch nur eine einfache Lösung ist nicht in Sicht.

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Gute Zahlen können Kurse nicht stützen
Natürlich gab es auch andere Meldungen in dieser Woche, darunter zahlreiche positive Quartalszahlen. Am Dienstag legte die Deutsche Post sehr gute Zahlen vor. Das Unternehmen profitiert vom Konjunkturaufschwung. Bei RWE gab es zwar wie erwartet einen Gewinnrückgang, der fiel jedoch weniger stark aus, als von den Analysten vorhergesagt. Das Betriebsergebnis sank um fünf Prozent auf 2,8 Mrd. Euro. Auch bei E.ON ist der Gewinn kräftig eingebrochen, allerdings im Rahmen der Analystenschätzungen. Der Nettogewinn schrumpfte um 34 Prozent auf 1,3 Mrd. Euro. Die Allianz verdiente im ersten Quartal 915 Mio. Euro und damit 45 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Nicht nur Katastrophen wie die in Japan drückten auf das Ergebnis, auch im deutschen Schadens- und Unfallgeschäft lief es nicht rund. Von Analysten kamen dennoch lobende Worte, die Aktionäre waren jedoch nicht zufrieden und setzten die Allianz-Aktie ans DAX-Ende. Deutschlands zweitgrößter Stahlkonzern Salzgitter erzielte im ersten Quartal einen Vorsteuergewinn von 56,3 Mio. Euro, der die Prognosen von 45 Mio. Euro übertraf. Vorstandschef Fuhrmann erhöhte zudem die Jahresprognose. Gemischte Zahlen gab es bei den Solaraktien aus dem TecDAX. Während Solarworld vergleichsweise gute Zahlen veröffentlichte, allerdings einen Ausblick scheute, gab es bei Q-Cells, Conergy, Solon und Sunways tiefrote Zahlen. Wir sehen uns in unserer kritischen Einstellung zur deutschen Solarindustrie bestätigt. Gegen die Billigkonkurrenz aus Fernost gibt es kein Ankommen.

DAX auf Konsolidierungskurs
Der Kursaufschwung beim DAX ist anscheinend zum Erliegen gekommen. Allerdings ist das Auf und Ab an den Börsen derzeit heftig. Am Mittwoch notierte der deutsche Leitindex zeitweise über 7.500 Punkten und schien auf gutem Wege zu seinem Jahreshoch bei 7.600 Zählern, ehe Gewinnmitnahmen die Kurse deutlich nach unten drückten. Zum Wochenschluss trieben starke BIP-Daten aus Deutschland und weitere gute Unternehmensergebnisse den Index zeitweise wieder über 7.500 Punkte, aber eben nur zeitweise. Der Konsolidierungskurs dürfte sich fortsetzen, mit einer starken Aufwärtsbewegung ist mangels Impulsen derzeit nicht zu rechnen.

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Fazit:
Die Dynamik am Aktienmarkt hat spürbar nachgelassen. Da es aus den Unternehmen nun weniger kursbewegende Nachrichten geben wird, rücken Konjunkturdaten und die Staatsfinanzen wieder verstärkt ins Blickfeld. Die boten zuletzt ein sehr gemischtes Bild. Für Aktien wird es daher schwerer, weiter nach oben zu tendieren.

Stefan Böhm (Diplom-Volkswirt) ist Chef-Redakteur des DaxVestor Börsenbriefs. Weitere Informationen finden Sie unter: www.dax-vestor.deDer obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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