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Börse Frankfurt-News: pfp-Kolumne: "Weltfondstag - zu Unrecht ignoriert"

17.05.22 08:57 Uhr

Börse Frankfurt-News: pfp-Kolumne: "Weltfondstag - zu Unrecht ignoriert" | finanzen.net

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 16. Mai 2022. FRANKFURT (pfp Adisory). Weltfondstag? Vermutlich haben die meisten Deutschen diesen Tag ebenso wenig bemerkt wie andere Aktionstage in den vergangenen Wochen, etwa den "Kindergarten-Tag" am 21. April, den "Tag des Baumes" am 25. April oder den "Tag des Lichts" am 16. Mai. Dann schon eher den "Star-Wars-Tag" am 4. Mai oder den "Tag des Deutschen Bieres" am 23. April!

Dabei steht der Weltfondstag meiner Meinung nach zu Unrecht im Schatten, würdigt er doch ein ziemlich "revolutionäres" Produkt, mit dem auch "Otto Normalverbraucher" die Chance hat, sich auf einfache Weise am Produktivkapital einer Volkswirtschaft zu beteiligen. Begangen wird der Tag am 19. April, weil an jenem Datum im Jahr 1744 Abraham van Ketwich auf die Welt kam. 30 Jahre später brachte der Amsterdamer Kaufmann einige Anleger dazu, Anteile an seinem Gemeinschaftsvermögen "Eendragt maakt Magt" zu erwerben, auf Deutsch "Einigkeit macht stark". Dieses Gemeinschaftsvermögen, das in Anleihen, Banken und Kredite investierte, gilt als "Ur-Investmentfonds". Van Ketwich hatte erkannt, dass durch den Zusammenschluss vieler Anleger manche Investitionen überhaupt erst ermöglicht, in jedem Fall aber die Risikostreuung verbessert, die Kosten für jeden einzelnen Beteiligten reduziert und dessen eigener Einfluss auf das Investitionsobjekt gesteigert werden können.

"Einigkeit macht stark" verdeutlicht auch heute, etwa ein Vierteljahrtausend später, die Hauptvorteile von Investmentfonds. Moderne Varianten bündeln das Geld vieler Anleger, die nach Belieben kleinere oder größere Beträge in Aktien, Anleihen, Immobilien oder andere Anlageklassen anlegen wollen. Das gesammelte Kapital wird entweder von professionellen Fondsmanagern oder getreu einer Indexzusammensetzung investiert. Heutige Investmentfonds sind hoch reguliert, um die Risiken für Anleger klein zu halten, z. B. durch besondere gesetzliche Vorgaben, Anlagerichtlinien und den Status als geschütztes Sondervermögen, das auch nicht verloren geht, sollte die emittierende Gesellschaft insolvent werden.

Leider hat sich van Ketwichs eigentlich simple Idee auch nach fast 250 Jahren keineswegs überall herumgesprochen, kurioserweise erst recht nicht im reichen Deutschland. Immerhin hat das Interesse an Investmentfonds hierzulande zuletzt etwas zugenommen. 2021 und 2022 gaben in Umfragen etwa ein Viertel der befragten Deutschen an, Investmentfondsanteile als Geldanlage zu nutzen, gegenüber grob 40 bis 50 Prozent bei Girokonten und Sparbüchern bzw. Spareinlagen.

Aktienfonds, eine Unterart der Investmentfonds, nutzen noch weniger Deutsche. Dabei ist van Ketwichs Idee bei Aktienfonds besonders sinnvoll. Denn Aktien gelten als vergleichsweise riskant, erfordern bei Auswahl und Überwachung besonders viel Aufwand, und ihre Kurse schwanken stärker als die Preise vieler anderer Vermögenswerte. Ausreichende Streuung und professionelles Management sind daher bei ihnen besonders wichtig.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Selbst mit durchschnittlichen Aktienfonds mit Schwerpunkt Deutschland waren in den vergangenen 30 Jahren über 7 Prozent Rendite pro Jahr möglich. Bei derartigen Wachstumsraten verdoppelt sich das Startkapital ungefähr alle zehn Jahre. Die Wertentwicklung von Aktienindizes, für die längere Zeitreihen existieren, signalisieren ähnliche Erträge. So schaffte beispielsweise der S&P 500, einer der wichtigsten Indizes aus den USA, in den vergangenen 30 Jahren fast 8 Prozent p. a., in den letzten 100 rund 6,3 Prozent pro Jahr. Mit gut ausgewählten Aktienfonds war noch erheblich mehr drin. Angesichts dieser Renditechancen verwundert es doch sehr, dass van Ketwichs Idee (und auch der Weltfondstag) bei den meisten Deutschen allenfalls ein Achselzucken auslösen.

von Christoph Frank, 16. Mai 2022, © pfp Advisory

Christoph Frank ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Roger Peeters steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (WKN DWSK62), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (WKN A3CM1J). Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Frank schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)