Börse Frankfurt-News: Nur keine Panik! (Marktstimmung)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Während die Profis eher abwarten, kaufen Private beherzt in der Schwäche. Wohl im Vertrauen auf einen Jahresendspurt, wie Goldberg vermutet. Was in der Summe einen solchen verhindern könnte.
Zusammenfassung
Auf die deutlichen Kursverluste seit vergangenem Mittwoch haben die von uns befragten Profis und Privatanlegende ganz unterschiedlich reagiert. Die Institutionellen haben sich kaum bewegt. Von der Long-Seite ließ sich niemand verscheuchen und auf der Short-Seite haben nur 2 Prozent Gewinne mitgenommen. Von den Privaten sind dagegen 9 Prozent in Aktien eingestiegen und nur 3 Prozent aus den Short-Engagement rausgegangen. Die Sentiment-Indizes beider Gruppen fallen mit +7 und +33 Prozent ziemlich weit auseinander.
Joachim Goldberg attestiert den Profis eine bemerkenswerte Resilienz gegen Kursverluste und den Privaten ungebrochenen Glauben an eine Jahresendrallye, obwohl ziemlich viele deutlich im Minus sein sollten. Unterm Strich sei der Optimismus angesichts der schlechten Kursentwicklung bemerkenswert hoch. Das verschlechtere die Lage für deutsche Bluechips. An der Oberseite rechnet der Verhaltensökonom bereits ab 15.250/300 DAX-Punkten mit Gewinnmitnahmen. Und an der Unterseite sollten etliche Optimisten recht schnell das Handtuch werfen.
25. Oktober 2023. Es ist schwer zu entscheiden und vielleicht auch unerheblich, aus welchem Grund der DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung noch einmal deutlich an Wert verloren hat. Egal, ob die in diesem Jahr bislang größte Handelsbandbreite innerhalb einer Sentiment-Woche entweder den zeitweise stark gestiegenen Anleiherenditen dies- und jenseits des Atlantiks oder der Angst vor einer Eskalation des Konflikts im Nahen Osten oder sogar einem völlig anderen Ereignis geschuldet war - die Kursverluste betrugen zeitweise rund 4,1 Prozent und der DAX hat sich bislang nicht wirklich überzeugend erholt.
Indes: Die von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont zeigen bei der heutigen Umfrage eine bemerkenswerte Resilienz gegen Kursverluste. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche sogar um 2 Punkte gestiegen, und zwar auf einen neuen Stand von +7. Für diesen Zuwachs haben zwar unter dem Strich nicht neue Bullen gesorgt, aber es wurden einige bearishe Positionen zwecks Gewinnmitnahme infolge des Kurseinbruchs reduziert. Auch wenn wir nicht nachvollziehen können, in welchem Umfang die Positionierungen der Investoren unterwöchig möglicherweise hin und her verschoben wurden, bleibt am Ende die Erkenntnis, dass neben den robusten bullishen Engagements auf der anderen Seite bearishe Positionen aus der Vorwoche trotz der aufgelaufenen Kursgewinne kaum reduziert wurden.
Ungebrochener Glaube an eine Rallye
Noch drastischer fällt das Votum der Privatanleger aus, deren Börse Frankfurt Sentiment-Index gegenüber der Vorwoche um 15 Punkte auf einen neuen Stand von +33 zugelegt hat - so hoch wie zuletzt am 25. November 2020. Dabei speist sich der dahinter stehende Zuwachs bei den Bullen von 9 Prozentpunkten zu einem Drittel aus vormals neutral eingestellten und zu zwei Dritteln aus ehemaligen Pessimisten, die ihre Einstellung um 180 Grad auf bullish gedreht haben.
Mit der heutigen Befragung hat sich der Abstand zwischen privaten und institutionellen Investoren in Sachen Optimismus deutlich vergrößert. Beiden Panels ist gemeinsam, dass man offensichtlich keine Angst vor geopolitischen Ereignis-Risiken oder weiter steigenden Anleiherenditen zu haben scheint. Dies ist auf den ersten Blick insofern erstaunlich, weil - und dies gilt vor allem für die Privatanleger - für einige Engagements mittlerweile Buchverluste von wahrscheinlich über 1000 DAX-Zählern angefallen sind. Offensichtlich ist man mancherorts aber trotzdem nicht bereit, diese aufgelaufenen Verluste zu realisieren, und setzt möglicherweise auf eine veritable (Vorweihnachts)-Rallye.
Wer hat verkauft?
Auf der anderen Seite darf man nicht vergessen, dass das Börsenbarometer trotz des bullishen Sentiments selbst im Punktvergleich seit vergangenen Mittwoch mangels einer überzeugenden zwischenzeitlichen Erholung immer noch ein Minus von 2,8 Prozent produziert hat. Gut möglich, dass internationale Fondsmanager die Untergewichtung für Aktien der Eurozone - die Umfrage der Bank of America aus der vergangenen Woche zeigte bereits einen entsprechenden Trend - noch einmal erhöht haben.
Am Ende ist der Optimismus der Investoren - gemessen an der Entwicklung des DAX während der vergangenen Wochen - erstaunlich hoch, von großer Angst oder gar Panik spiegelt sich in unserer Umfrage praktisch nichts wider. Im gleichen Zuge hat sich die Situation für den DAX mit der heutigen Sentiment-Erhebung nicht verbessert. Denn die derzeitigen bullishen Positionen stellen eine Belastung dar, sobald es tatsächlich zu einer nachhaltigeren Rallye kommen sollte - allerdings vermutlich erst im Bereich von 15.250/300 DAX-Zählern. Aber auch im Falle weiterer deutlicher Kursverluste wird nicht jeder der Optimisten von heute teilnahmslos zugucken können und am Ende dann doch die Notbremse ziehen müssen. Hoffentlich gibt es dann keine Panik.
Sentiment-Index institutioneller Anleger
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 14.830 (-420 Punkte zur Vorwoche).
Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +7 Punkte (+2 Punkte zur Vorwoche).
Sentiment-Index privater Anleger
DAX (Veränderung zu vergangener Erhebung): 14.830 (-420 Punkte zur Vorwoche).
Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +33 Punkte (+15 Punkte zur Vorwoche)
25. Oktober 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)