Börse Frankfurt-News: Marktstimmung: "Mit erhöhtem Einsatz gegen den Trend"
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die eindrucksvolle Rallye des DAX hat sich auch in der dritten Börsenwoche des neuen Jahres fortgesetzt. Eine große Mehrheit der Investoren scheint allerdings damit nicht einverstanden.
Zusammenfassung
Nun ist der DAX seit Jahresbeginn schon über 1000 Punkte gestiegen und zeigt sich bei jeder Stimmungserhebung in besserer Verfassung. Allerdings hat gleichzeitig auch der Pessimismus, insbesondere unter den institutionellen Investoren, deutlich zugenommen. Für viele Akteure scheint sich der DAX in kurzer Zeit zu schnell nach oben bewegt zu haben, was sich in ihrer wachsenden Skepsis ausdrückt. Ganz im Gegensatz zu den internationalen Fondsmanagern: Ihr gesteigertes Interesse an Aktien der Eurozone (vgl. Bank of America) hat sich dem Anschein nach auch in deren Kurszuwächsen niedergeschlagen. Joachim Goldberg sieht in dieser Konstellation ein nicht ganz unerhebliches Risiko für die weitere Entwicklung des DAX.
18. Januar 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Auch in der dritten Handelswoche des neuen Jahres zeigt sich der eindrucksvolle Aufwärtstrend des DAX vorerst ungebrochen. Seit Beginn des Jahres erreichte die positive Bilanz einen Kursgewinn von zeitweise fast 9,7 Prozent. Ein Teil dieser starken Entwicklung verdankt sich wohl internationalen Fondsmanagern, die sich zuletzt verstärkt für Aktien des Euroraums interessiert haben. Dies förderte zumindest die jüngste Umfrage der Bank of America zutage: In der gestern publizierten Erhebung gaben für Januar netto 4 Prozent der Fondsmanager - das entspricht dem Saldo aus positiven und negativen Antworten in Prozent der Befragten - an, ebendort übergewichtet zu sein. Im Dezember war noch von einer Untergewichtung von netto 10 Prozent der Befragten die Rede.
Dieses Ergebnis ist insofern bemerkenswert, da im gleichen Zeitraum das Engagement in US-Aktien dramatisch gesunken ist. So gaben per Saldo 39 Prozent der internationalen Fondsmanager an, dort untergewichtet zu sein, was dem niedrigsten Wert seit Oktober 2005 entspricht. Anders ausgedrückt: Die vom 6. bis 12. Januar durchgeführte Umfrage erklärt eindrucksvoll, warum der DAX seit Jahresbeginn besser als seine US-Pendants abgeschnitten hat.
Noch einmal nachgelegt
Was nun die heimischen Investoren angeht, kann man nicht gerade von einem gesteigerten Interesse an deutschen Aktien sprechen. Im Gegenteil: Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bei den von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont ist zum dritten Mal in Folge gefallen, dieses Mal ausgesprochen deutlich um 26 Punkte auf einen neuen Stand von -37. Das ist gleichzeitig der niedrigste Stand seit dem 18. August 2021. Im gleichen Zug hat der DAX deutlich zugelegt - zuletzt im Wochenvergleich um 2,4 Prozent in der Punktbetrachtung.
Natürlich haben abermals Optimisten Gewinne mitgenommen und vielfach ihre Position um 180° auf "bearish" gedreht. Dabei ist die Gruppe der Bullen um 10 Prozentpunkte geschrumpft und macht nur noch etwas mehr als ein Fünftel des gesamten Panels aus. Das Bärenlager hat aber auch von ehemals neutral gestimmten Akteuren profitiert und ist insgesamt um 16 Prozentpunkte gestiegen.
Eine ähnliche Tendenz, allerdings längst nicht so deutlich, gab es bei den Privatanlegern, deren Börse Frankfurt Sentiment-Index allerdings nur um 8 Punkte auf einen neuen Stand von -4 zurückgegangen ist. Dabei geht der Stimmungswechsel in diesem Panel im Großen und Ganzen auf eine Gruppe vormals bullisher, vermutlich eher kurzfristig orientierter Akteure zurück, die angesichts des gestiegenen Börsenbarometers ihre Position auf die Short-Seite gedreht haben.
Bären in Not?
Mit der heutigen Erhebung hat sich nicht nur die Stimmungskluft zwischen privaten und institutionellen Investoren weiter vergrößert. Vor allem die Entwicklung bei den institutionellen Investoren zeigt abermals eindrucksvoll, dass sich unter ihnen eine große Mehrheit einen weiteren Anstieg des Börsenbarometers nach dem bisherigen steilen Aufwärtstrend offensichtlich nicht vorstellen kann. Gut möglich, dass auch zu bereits bestehenden bearishen Positionen zu höheren Preisen hinzugemischt wurde. Bemerkenswert dabei: Unter den Abgaben, die hinter dieser negativen Stimmung stehen, hat der DAX bislang nicht gelitten. Man kann dies auch als ein weiteres Indiz dafür werten, dass langfristige Kapitalzuflüsse bislang größere Rücksetzer verhindert haben.
Gleichzeitig dürften sich die Engagements vieler Pessimisten aus den vergangenen drei Wochen deutlich unter Wasser befinden, so dass ein Teil von ihnen froh wäre, einen DAX zwischen 14.700 und 14.750 Zählern wiederzusehen. Dies ist das Niveau, an dem wir spätestens Nachfrage aus diesen Quellen erwarten. Auch wenn es sich beim heutigen Börse Frankfurt Sentiment-Index in der relativen Betrachtung auf sechs bzw. zwölf Monate noch nicht um ein Extrem-Niveau handelt, hat sich die Gefahr einer sogenannten Short-Squeeze deutlich erhöht, sollte sich der DAX gar in stärkerem Tempo als bisher nach oben bewegen. Denn die Pessimisten von heute werden dann nicht tatenlos zusehen können.
18. Januar 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)