Börse Frankfurt-News: Kurzfristige Stabilisierung mit pessimistischem Grundton
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Trotz der momentanen Erholung bleibt die Lage am deutschen Aktienmarkt angespannt. Vor allem die Sorge vor einer Rezession erweist sich als Stimmungs-Killer. Doch viele schlechte Nachrichten sind schon eingepreist.
16. Mai 2022. Frankfurt (Börse Frankfurt). Trotz sinkender Erwartungen an Inflation und Zinserhöhungen dies- wie jenseits des Atlantiks bleibt das fundamentale Umfeld für Aktien schwierig. Die Risiken der vergangenen Monate bestehen weiter.
Der DAX steht kurz nach Handelsbeginn wieder unter 14.000 Punkten leicht unter dem Freitagsschluss von 14.027,93 Zählern. Am Morgen hatte China einen Rückgang der Industrieproduktion für April von 2,9 Prozent im Jahresvergleich gemeldet. Die strengen Lockdowns und die Folgen belasteten damit die Industrie deutlich stärker als erwartet. Ab Juni sollen die Lockdown-Beschränkungen in Shanghai jedoch gelockert werden. Auch der Konsum war im April eingebrochen. Der Rückgang um 11,1 Prozent war ebenfalls deutlich größer als prognostiziert.
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"An den Finanzmärkten ringen Anleger weiter mit der toxischen Mischung aus hoher Inflation und zunehmenden Wachstumsrisiken", fasst Claudia Windt von der Helaba zusammen. Nach enttäuschenden Inflationsdaten aus den USA hätten Anleger*innen Sicherheit gesucht und in Renten investiert. "Die Sorge vor einer Rezession wiegt am Rentenmarkt aktuell schwerer als der durch die hohe Inflation bedingte reale Wertverlust", erläutert Windt die Stimmung.
Aktien sollten nach ihrer Ansicht aber nicht aus dem Blickfeld geraten: "An den Finanzmärkten dürfte inzwischen hinreichend berücksichtigt sein, dass die Unternehmensgewinne im weiteren Jahresverlauf unter Druck geraten werden." Wie stark die Wachstumsrisiken durchschlagen werden, sei schwer zu kalkulieren. Dennoch erwartet Windt weder eine größere Aufwärtsbewegung noch einen Ausverkauf von Aktien
Risiken halten die Börsen im Griff - Günstigere Bewertungen
"Auf den ersten Blick haben die Krisen, Konflikte und Unsicherheiten die Börsen weiter fest im Griff. Selbst ein harter Gibraltar-Fels wie die freizügige Geldpolitik scheint wie ein Keks in der Hand zu zerbröseln", räumt Robert Halver von der Baader Bank ein. Doch angesichts des dramatischen Stimmungsverfalls sei bereits viel Negatives in den Aktienkursen enthalten. "Auch wenn es schwerfällt, sollte man sich daher nicht vollständig von den Börsen verabschieden." Betrachte man das Kurs-Gewinn-Verhältnis der Aktien aus den USA, der Eurozone, Deutschlands oder der Schwellenländer, so seien diese bereits wieder deutlich günstiger zu haben.
Markttechnik: Zwischen Hoffnung und Skepsis
Aus technischer Sicht besteht die Chance auf einen Trendbruch im DAX, erklärt Christoph Geyer die technische Marktlage. "Der MACD-Indikator steht kurz vor einem Kaufsignal." Doch der Trendbruch müsse mit mehr Marktbreite, also anziehenden Umsätzen, einhergehen. "Ob die Kraft der Marktteilnehmer ausreicht, um diesen Ausbruch zum Wochenstart zu generieren, kann heute noch nicht beantwortet werden. Sollte der Ausbruch ohne entsprechende Umsätze erfolgen, ist Skepsis angebracht."
"Kurzfristig dürfte sich der DAX dank einer günstigen Bewertung, siehe Dividendenrendite von 3,5 Prozent, und einer pessimistischen Anlegerstimmung, z.B. bei VDAX über 30, stabilisieren", kommentiert Andreas Hürkamp von der Commerzbank. Doch mittelfristig würden die Risikofaktoren einer hartnäckig hohen Inflation, das Abschmelzen der Fed-Bilanzsumme, der Ukraine-Krieg und China die Aktienkurse weiter belasten.
Schwache Daten aus China erwartet
Schon zu Wochenbeginn könnten schlechte chinesische Konjunkturdaten die Gewinnperspektiven trüben. So erwarten Ökonomen im Konsens einen Rückgang der Industrieproduktion auf minus 0,5 Prozent, während die Einzelhandelsumsätze sogar um 6,2 Prozent im Jahresvergleich gesunken sein könnten. "Die Abriegelung von Schanghai hat die Lieferketten und Produktionsaktivitäten empfindlich gestört", fasst Hürkamp zusammen.
Berichtssaison gemischt - Aussichten trüb
Die Berichtssaison, in der am Dienstag Daimler Truck als eines der letzten Unternehmen berichtet, sei bislang von den DAX-Unternehmen gemischt verlaufen. "Der Trend der Gewinnerwartungen steigt derzeit noch", erklärt Hürkamp. Doch hohe Produktionskosten, Lieferkettenprobleme, ein schwacher Exportmarkt China und eine sich weltweit abschwächende Konsumnachfrage würden mittelfristig die Perspektiven trüben
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Montag, 16. Mai 2022
14:30 Uhr. USA: Empire State Index Mai.
Konsens sind 15 Punkte nach 24,6 im Vormonat.
Dienstag, 17. Mai 2022
11:00 Uhr. Eurozone: Bruttoinlandsprodukt 1. Quartal, 2. Schätzung
14:30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsätze April
Nach Plus 0,7 Prozent im Vormonat sind saisonbereinigt 1,0 Prozent Zuwachs im Vergleich zum Vormonat Konsens.
15:15 Uhr. USA: Industrieproduktion April
Nach 0,9 Prozent Plus im März wird jetzt noch 0,4 Prozent Plus erwartet.
Mittwoch, 18. Mai 2022
08:00 Uhr. Großbritannien: Verbraucherpreise April.
"Im April dürften die Verbraucherpreise im Vereinigten Königreich von 7,0 Prozent im März auf 9,1 Prozent nochmals deutlich angestiegen sein", prognostiziert das Makro-Team der DekaBank. Dazu hätte vor allem mit 1,5 Prozentpunkten die Anpassung der Strom- und Gaspreise für die privaten Haushalte an die Marktpreisentwicklung, beigetragen. Den Hochpunkt des Inflationsanstiegs erwartet die DekaBank erst im Oktober bei rund 10 Prozent.
Donnerstag, 19. Mai 2022
14:30 Uhr. USA: Wöchentliche Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung
Nach 203.000 Anträgen in der Vorwoche wird ein Rückgang erwartet.
14:30 Uhr. USA: Philadelphia FED Index Mai
Konsens sind unveränderte 17,6 Punkte.
Freitag, 20. Mai 2022
08:00 Uhr. Deutschland: Erzeugerpreise April
Auf Jahressicht dürften die Erzeugerpreise um 29,5 Prozent gestiegen sein nach 30,9 Prozent im März.
von: Antje Erhard. 16. Mai 2022, © Deutsche Börse AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)