Börse Frankfurt-News: "Gegen den Strom" (Marktstimmung)
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Während das Ausland Aktien kauft, ziehen sich die hiesigen Anlegerinnen und Anleger in Teilen zurück. Bewegung könnten viele Bären in der Velustzone bringen, interpretiert Joachim Goldberg die Ergebnisse der heutigen Befragung.
20. März 2024. FRANKFURT (Goldberg & Goldberg). Auch wenn der DAX seit unserer vergangenen Stimmungserhebung noch einmal ein neues Allzeithoch markierte, absolvierte er mit einer Handelsspanne von knapp 0,8 Prozent die ruhigste Sentiment-Woche in diesem Jahr. Immerhin wurde diese Spanne mehrfach fast komplett durchgehandelt, und trotz der in engen Bahnen verlaufenden Aktivitäten ist einiges passiert, worüber sich berichten lässt.
+++
Online-Session am 25. März, 12 Uhr:
Lagebericht vom Kapitalmarkt. Mit Philipp Vorndran, Flossbach von Storch
Angesichts des DAX auf Rekordniveau bekommen viele Höhenangst. Wie kann es weitergehen? In welcher Verfassung ist die deutsche Wirtschaft und welche Auswirkungen könnte Chinas Krise auf uns haben? Darüber sprechen wir mit Philipp Vorndran, Kapitalmarktstratege bei Flossbach von Storch. Auch, ob Anleihen eine langfristige Alternative zu Aktien sein können und was die Notenbanken mit dieser Frage zu tun haben.
Jetzt kostenlos anmelden: boerse-frankfurt.de/sentiment
+++
Etwa die jüngste Fondsmanagerumfrage der Bank of America, die gestern publiziert wurde. Diese ergab nicht nur, dass sich die globale Übergewichtung in Aktien erneut erhöht hat. Bei den Aktienallokationen haben außerdem große Verschiebungen weg von den USA in Richtung Europa (sogar mehr noch in Richtung Aktien der Emerging Markets) stattgefunden, wovon letztlich auch der DAX profitiert haben dürfte. So gaben zuletzt netto 14 Prozent der befragten Fondsmanager an, nunmehr in Aktien der Eurozone übergewichtet zu sein, nachdem sie im Vormonat dort noch deutlich untergewichtet waren (-10 Prozent).
Immerhin handelt es sich um die größte Verschiebung in Richtung Aktien der Eurozone seit Juni 2020. Berücksichtigt man, dass der DAX während dieses Zeitraums um über 1.000 Punkte gestiegen ist, dürfte ein Teil dieser Rallye auf eben diese Umschichtungen zurückzuführen sein. Denn unsere heimischen institutionellen Investoren haben sich zumindest während dieser Phase bei unseren Sentiment-Befragungen zu keinem Zeitpunkt mehrheitlich optimistisch gezeigt, sind also per Saldo gegen den Strom geschwommen.
Leichte Tendenz zur Vorsicht
Unterdessen hat sich bei der Stimmung der von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont nicht allzu viel verändert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist erneut gefallen, allerdings nur um 3 Punkte, und befindet sich jetzt auf einen neuem Stand von -26. Dass es dabei eine Veränderung in der Polarisierung zwischen Bullen (-5 Prozentpunkte) und Bären (-2 Prozentpunkte) gegeben hat, könnte mit der heute Abend (MEZ) stattfindenden Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank zusammenhängen. Auch wenn mancherorts durchaus umstritten ist, ob es sich bei der heutigen Zusammenkunft überhaupt um ein Ereignisrisiko für die Aktienmärkte handelt, hat sich die Gruppe der neutral gestimmten Investoren deutlich erhöht.
Eine leichte Tendenz in die andere Richtung stellen wir bei den Privatanlegern fest. In diesem Panel hat sich die Gruppe der neutral gestimmten Investoren zwar ebenfalls erhöht - allerdings nur um 4 Prozentpunkte. Dieser Zugewinn geht asymmetrisch zulasten der Bullen und Bären, wobei die zweite Gruppe mehr Anhänger verloren hat. In der Folge ist unser Börse Frankfurt Sentiment-Index um 3 Punkte auf einen neuen Stand von +7 gestiegen.
In Short-Positionen gefangen
Mit der heutigen Befragung hat sich die Stimmungskluft zwischen Privatanlegern und institutionellen Investoren nochmals etwas vergrößert. Auch wenn sich der DAX gegenüber der Vorwoche im Punktvergleich gerade einmal um 0,1 Prozent befestigt hat, ändert dies nichts daran, dass die pessimistische Mehrheit der institutionellen Investoren möglicherweise angesichts ausbleibender DAX-Rücksetzer zunehmend ungeduldig wird. Denn der von uns vermutete durchschnittliche Einstandspreis der zu Grunde liegenden Shortpositionen dürfte sich nach wie vor etwa bei 17.630/80 Zählern befinden, ein Niveau, bei dem deshalb mit Nachfrage aus Rückkäufen gerechnet werden könnte. Allerdings ist durchaus vorstellbar, dass die Pessimisten auch bereit wären, bereits vorher ihre Engagements einzudecken, möglicherweise sogar mit Verlusten.
Auch wenn die heutige Stimmung vor allem in der relativen Betrachtung auf drei Monate längst nicht so pessimistisch aussieht, wie es der absolute Stand vermittelt, bleibt die Sentiment-Situation für den DAX nach wie vor günstig, vor allen Dingen, wenn die eingangs genannten Kapitalzuflüsse anhalten. Allerdings bleibt nach wie vor fraglich, ob die Positionen der Pessimisten im Falle eines weiteren deutlichen DAX-Anstiegs groß genug sind, dass sie eine größere Short-Squeeze auslösen können.
20. März 2024, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)