Börse Frankfurt-News: "DAX-Jahresrendite nach drei Wochen erreicht - was bleibt fü
FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Fondsmanager Frank hat keine Antwort auf die Frage, wie es mit dem DAX nach den 8 Prozent plus weitergehen kann, weiß aber, dass weder Market-Timer noch Anleger*innen außerhalb des Marktes diese 8 Prozent mitgenommen haben. Ein Appell ans Buy-and-hold mit Tipps zum Einstieg.
23. Januar 2023. FRANKFURT (pfp Advisory). Seit Silvester hat der DAX rund 8 Prozent zugelegt, was im langfristigen Mittel ungefähr einer durchschnittlichen Jahresrendite entspricht. Mehrmals wurde mir daher zuletzt die Frage gestellt: "Ist es nicht schon viel zu spät für einen Einstieg, weil der DAX sein Aufwärtspotenzial für dieses Jahr nun schon ausgeschöpft hat?"
Den meisten dürfte klar sein, dass es sich um durchschnittliche Jahresrenditen handelt, die über den konkreten Einzelfall nichts aussagen. Gleichwohl können sie helfen, die Jahresanfangsrally ein wenig einzuordnen. Wenn wir gedanklich 2022 mit seiner Jahresrendite von -12 Prozent hinzunehmen, relativiert sie sich ohnehin schnell wieder und das künftige Kurspotenzial sieht schon gar nicht mehr so "begrenzt" aus.
Selbstverständlich kann niemand, ich selbst eingeschlossen, voraussagen, ob der DAX am Jahresende 2023 gleich hoch steht, noch einmal 8 Prozent höher oder vielleicht doch wieder 12 Prozent niedriger. Entsprechend blicke ich auch immer wieder in so manches enttäuschte Gesicht, das eine DAX-Punktprognose erwartet hat. Was ich indes in jedem Fall sagen kann: Vollkommen sichergehen, dabei zu sein, wenn der Aktienmarkt 8 Prozent aufwärts geht, egal ob binnen 3 oder 52 Wochen, können Investorinnen und Investoren nur mit "Buy and hold". Das dann aber mit (nahezu) 100 Prozent Sicherheit. Diese Aussage mag eine Binsenweisheit sein, richtig ist sie dennoch.
Wenn mir im Anschluss jemand vorwirft, das helfe ihm jetzt nicht, da das Kind bereits in den Brunnen gefallen sei, erwidere ich: Diesmal nicht, aber vielleicht beim nächsten Mal. Denn die versäumte 8 Prozent-Startrally ist eben genau der Preis, der für Timing-Versuche (oder generelle Aktienabstinenz) gezahlt werden muss. Im besten (und oft unrealistischen) Fall ersparen sich Investoren durch Timing herbe Verluste wie im vergangenen Jahr, verpasst aber wahrscheinlich auch den Wiedereinstieg, für den an der Börse bekanntlich nicht geklingelt wird. Wer sich die Schmerzen eines verkorksten Börsenjahrs ersparen will, muss damit leben, dass ihm oft auch die anschließende Erholung ganz oder teilweise entgehen wird. Beides, keine Schmerzen und zugleich hohe Gewinne, preisen allenfalls marktschreierische Börsenmagazine oder Betrüger an. Im realen Börsenleben gibt es diese Kombination über längere Zeiträume nicht.
Das rührt teilweise auch daher, dass die Handelstage mit den höchsten Kursgewinnen meist mitten in starken Baissen oder in unmittelbarer zeitlicher Nähe markanter Aktienmarkttiefs lagen. Beispiele gefällig? Beim altehrwürdigen Dow Jones Industrial Average, für den besonders lange Zeitreihen ab 1885 vorliegen, datieren 20 der 21 besten Handelstage mit einem Kursgewinn von mindestens 7 Prozent aus den Jahren 1929 bis 1933 (Weltwirtschaftskrise), Oktober 1987 (kurz nach dem 1987er-Crash), Oktober 2008 (Finanzmarktkrise) oder März 2020 (Corona-Crash). Der einzige Handelstag der besten 21 Tage, der nicht aus diesen Krisenjahren stammt, war der 5. September 1939, wenige Tage nach Beginn des Zweiten Weltkriegs, eine ebenfalls sehr unruhige Phase.
Ich kenne kein Handelssystem, das ausgerechnet diese besonders guten Tage mitten in Baissephasen korrekt "getimt" hat. Viel wahrscheinlicher ist es, dass Anleger, die eben nicht "Buy and hold" praktizierten, diese Tagesgewinne von 7,1 bis 15,3 Prozent versäumt haben. Also je ausgelassenem Tag jeweils eine einfache bis doppelte durchschnittliche Jahresrendite.
Demnach spricht viel dafür, zumindest einen großen Teil seines für Aktien bestimmten Vermögens per "Buy and hold" anzulegen. Was aber können Anleger tun, die die Rally deutscher Aktien in den vergangenen drei Wochen verpasst haben? Klar ist: Die 8 Prozent seit Jahresbeginn können nicht mehr "nachgeholt" werden, die sind futsch. Die Börse kennt wie das Leben keine Rückspultaste. Aber das Schöne an der Börse ist auch: Es kommen immer wieder neue Chancen. Wer sich nach der Jahresauftaktrally nicht traut, mit vollem Kapitaleinsatz einzusteigen, kann dies gestaffelt tun. Mag sein, dass es auch für diese Vorgehensweise keinen Nobelpreis gibt. Aber wie schon bei "Buy and hold" gilt auch hier: Sie funktionierte bisher sehr gut.
von Christoph Frank, 23. Januar 2023, © pfp Advisory
Christoph Frank ist geschäftsführender Gesellschafter der pfp Advisory GmbH. Gemeinsam mit seinem Partner Roger Peeters steuert der seit über 25 Jahren am deutschen Aktienmarkt aktive Experte den DWS Concept Platow (LU1865032954), einen 2006 aufgelegten und mehrfach ausgezeichneten Stock-Picking-Fonds, sowie den im August 2021 gestarteten pfp Advisory Aktien Mittelstand Premium (). Weitere Infos unter www.pfp-advisory.de. Frank schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)