Schreckgespenst Zinswende?

Am Dienstag hat Janet Yellen, Chefin der US-Notenbank, die Märkte etwas beruhigt.
Ihren Äußerungen zufolge könnte die Zinswende in den Vereinigten Staaten später kommen als etliche Anleger bislang befürchtet hatten. Ich hatte in den vergangenen Wochen schon mehrfach in der Aktien-Strategie betont, dass die Ängste überzogen sind: Die rückläufigen Inflationsraten sowie gemischte Konjunkturdaten sprechen dafür, dass es 2015 allenfalls eine verhaltene Erhöhung der Leitzinsen gibt. Ohnehin stellt sich die Frage, warum die Anleger überhaupt so viel Angst vor einer Anhebung der Leitzinsen haben.
Blick in die Vergangenheit
Seit 1990 gab es drei Zinserhöhungszyklen in den USA. Vom Februar 1994 an verdoppelte die US-Notenbank die Fed Funds innerhalb von einem Jahr auf 6,00 Prozent. Der DAX büßte 1994 zwar rund sieben Prozent ein, startete dann aber einen Höhenflug, der im Boom um die Jahrtausendwende mündete. Die Zinsanhebungen ab Mitte 1999 (von 4,75 auf 6,50 Prozent im Mai 2000) belasteten die Mega-Sause nicht. Und auch der dritte Zyklus, bei dem die Leitzinsen von 1,00 bis 5,25 Prozent kletterten (zwischen Juni 2004 bis August 2007) fiel in eine Zeit, an der an den Börsen Party-Stimmung herrschte.
Erst Mal ruhig bleiben
Die schwierigen Börsenphasen starteten folglich eher am Ende eines Zinserhöhungszyklus, so etwa nach der Jahrtausendwende sowie in 2008. Der Schluss liegt nahe, dass nicht steigende Zinsen an sich schädlich für die Börsen sind, sondern hohe Zinsen. Das ist auch logisch. Denn die Notenbank reagiert normal erst dann mit einer Straffung ihrer Geldpolitik, wenn die Konjunktur gut läuft. Die höheren Zinsen werden dann kompensiert von steigenden Unternehmensgewinnen. Erst wenn die Zinsen so hoch sind, dass sie die Wirtschaft bremsen und damit die Konzernergebnisse unter Druck kommen, reagieren die Aktienmärkte mit Verlusten. Aktuell sind die Zinsen besonders niedrig, wegen der hohen Verschuldungsquoten dürften die Märkte aber auch relativ sensibel auf hohe Renditen reagieren. Zumindest die ersten Zinsanhebungen dürften die Börsen dennoch ohne größere Schäden überstehen.
Wolfgang Braun ist Chefredakteur der „Aktien-Strategie“ (früher Global Performance). Der seit 1999 erscheinende Börsenbrief hat sich auf deutsche Wachstums-Aktien spezialisiert. Dank einer ausgefeilten und bewährten Anlagestrategie schlägt das Musterdepot die Vergleichsindizes deutlich. So schaffte das Depot seit seiner Auflegung im März 1999 eine durchschnittliche jährliche Performance von rund 15 Prozent - obwohl in diesen Zeitraum der dramatische Niedergang des Neuen Marktes sowie die Finanzkrise 2008 fällt. Weitere Informationen unter www.aktien-strategie.de
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