Airbus droht Großbritannien bei Brexit ohne Abkommen mit Werksschließungen
Der Luftfahrt- und Rüstungskonzern Airbus droht Großbritannien im Falle eines ungeregelten EU-Austritts mit der Schließung von Fabriken.
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Wenn es einen Brexit ohne Abkommen gibt, müssen wir bei Airbus möglicherweise sehr schädliche Entscheidungen für Großbritannien treffen", sagte Airbus-Chef Tom Enders am Donnerstag in einer Videonachricht. Es sei zwar nicht möglich, die großen britischen Fabriken sofort in andere Teile der Welt zu verlegen. Aber die Luft- und Raumfahrt sei ein langfristiges Geschäft, so Enders weiter.
"Bitte hört nicht auf den Wahnsinn der Brexiter, die behaupten, dass wir, weil wir hier riesige Fabriken haben, uns nicht bewegen werden und immer hier sein werden." Es gebe auf der Welt Länder, die gerne Tragflächen für Airbus bauen würden, betonte Enders. "Die britische Luft- und Raumfahrtindustrie steht nun am Abgrund. Der Brexit droht, ein Jahrhundert der Entwicklung auf der Grundlage von Bildung, Forschung und Humankapital zu zerstören."
Airbus ist der größte Luft- und Raumfahrtkonzern Europas - und nach dem US-Konzern Boeing der zweitgrößte Flugzeughersteller der Welt. Dabei ist der Konzern von Beginn an ein europäisches Konstrukt. Seine Verkehrsflugzeuge baut der vor allem in Hamburg und im französischen Toulouse zusammen. Das Transportflugzeug A400M entsteht im spanischen San Pablo bei Sevilla.
In Großbritannien hat Airbus fast seinen gesamten Tragflächen-Bau gebündelt. In Filton und Broughton entwickeln und fertigen Airbus-Mitarbeiter die Flügel für fast alle Passagier- und Frachtflugzeuge des Konzerns. Nur der neue Airbus A220 ist davon unabhängig. Daher müssen die Lieferketten zwischen den einzelnen Werken reibungslos funktionieren. Bei einem ungeregelten Brexit mit möglicherweise wochenlangen Staus an den Häfen muss Airbus um seine Logistik fürchten. Zulieferer müssen Teile für die Tragflächen nach Großbritannien bringen, die fertigen Tragflächen müssen anschließend zu den Werken in Frankreich, Deutschland, China und den USA.
Dabei gilt der Airbus-Konzern trotz mancher deutsch-französischer Animositäten und Ärger über technische Probleme etwa beim A400M als europäisches Erfolgsprojekt. Der Gründung der "Arbeitsgemeinschaft Airbus" aus mehreren deutschen Flugzeugherstellern wie Bölkow und Messerschmidt folgte 1970 die Gründung der deutsch-französischen Airbus Industrie unter Beteiligung der französischen Aérospatiale. Später kamen die spanische CASA und British Aerospace hinzu. Das Ziel: gemeinsam Passagierflugzeuge zu entwickeln - und damit ein Gegengewicht zu US-Herstellern wie Boeing zu schaffen.
2018 lieferte Airbus 800 Passagier- und Frachtjets aus - und lag damit nur noch sechs Maschinen hinter dem weltgrößten Flugzeugbauer Boeing. Dieser hatte 1997 auch seinen einstigen Rivalen McDonnell Douglas geschluckt.
Die Bündelung seiner gesamten Tragflächen-Kompetenz in Großbritannien hatte Airbus lange als klugen Schachzug gesehen. Dieser sollte die Kosten niedrig halten und Doppelarbeit vermeiden helfen. Allerdings ist nun fast die gesamte Flugzeug-Produktion des Konzerns von den britischen Werken abhängig. "Mit dem Wissen von heute würde man so etwas sicher anders planen", hört man im Airbus-Konzern.
Es sei eine Schande, dass mehr als zwei Jahre nach dem Ergebnis des Referendums die Unternehmen immer noch nicht in der Lage seien, für die Zukunft richtig zu planen, sagte Enders. "In einer globalen Wirtschaft hat das Vereinigte Königreich nicht mehr die Fähigkeit, es allein zu schaffen. Große Luft- und Raumfahrtprojekte sind multinationale Angelegenheiten."
Airbus beschäftigt in Großbritannien früheren Angaben zufolge rund 14 000 Mitarbeiter an 25 Standorten. An seiner britischen Zuliefererkette hängen rund 110 000 Jobs. Wollte Airbus sein Geschäft aus in ein anderes Land verlagern, wäre das ein großer Aufwand.
/nau/DP/mis
TOULOUSE (dpa-AFX)
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