Cathie Wood kritisiert US-Geldpolitik: "Die Fed ignoriert gefährliche Signale"
Die Fondsmanagerin Cathie Wood reiht sich in die Liste illustrer Investoren ein, welche die Geldpolitik der US-Notenbank bemängeln. Ihrer Meinung nach agiere die Fed rückwärtsgewandt - und dies habe dramatische Folgen für die US-Wirtschaft, die bereits mitten in einer Rezession stecke. Zudem gibt Wood einen großen Fehler zu.
Werte in diesem Artikel
• Cathie Wood sieht Höhepunkt der Inflation erreicht
• Die USA stecke bereits mitten in einer Rezession
• Wood: Fed soll den "drakonischen" Leitzinsanhebungen ein Ende setzen
Fed-Chef Jerome Powell verkündete im März die Anhebung des seit 2020 bei null stehenden US-Leitzinses um 0,25 Prozent in Reaktion auf persistent hohe Inflationsraten. Danach folgten zwei weitere Zinsschritte, erst um 0,5 und dann sogar um 0,75 Prozent. Derzeit steht der Leitzins somit bei 1,75 Prozent, bis Jahresende dürfte er auf über 3 Prozent steigen. Deutlich zu hoch - dieser Meinung ist zumindest Tech-Bulle Cathie Wood.
Wood gibt zu: Inflation unterschätzt
Cathie Wood ist eine der Hauptleidtragenden der restriktiven Geldpolitik der US-Notenbank Fed: Die steigenden Leitzinsen sowie die Kontraktion der Fed-Bilanz schaden vor allem spekulativeren, riskanteren Finanzklassen wie den Kryptowährungen sowie den hoch bewerteten Tech-Highflyern, beispielsweise Woods Positionen Zoom, Roku oder Teladoc Health. In einem "CNBC"-Interview gab sie kürzlich zu, dass sie die Gefahr einer Inflation, die durch geopolitische Lieferengpässe und geopolitische Konflikte entstanden sei, unterschätzt habe: "Wir haben uns in einem Punkt geirrt, und zwar darin, dass die Inflation so anhaltend ist, wie sie ist", bekannte Wood. "Ich kann nicht glauben, dass das Problem der globalen Lieferkettenverzögerungen mehr als zwei Jahre gedauert hat, und Russlands Einmarsch in die Ukraine konnten wir natürlich nicht vorhersehen. Die Inflation war ein größeres Problem, aber sie hat uns auf eine Deflation vorbereitet."
Ihr Flaggschiff-Fonds ARK Innovation ETF (ARKK) hat infolge der Teuerung und der damit zusammenhängenden restriktiven US-Geldpolitik in diesem Jahr mehr als 50 Prozent an Wert eingebüßt. Es ist somit nicht unbedingt verwunderlich, dass die Starinvestorin die Leitzinsanhebungen von Fed-Chef Jerome Powell sehr kritisch beäugt. Wie begründet Sie ihre scharfe Ablehnung des Zinskurses der US-Zentralbank?
Wood sieht bereits "gefährliche" Anzeichen für Konjunkturrückgang
Wood ist der Meinung, dass die Fed das Tempo der Zinsanhebungen deutlich drosseln müsste, da mehrere aussagekräftige ökonomische Indikatoren bereits auf einen deutlichen Konjunkturrückgang hinweisen. Wie sie bei Twitter schreibt, ignoriert die Fed "deflationäre und gefährliche Signale". Es erscheint fraglich, wie Wood inmitten einer Mai-Inflationsrate in den USA von 8,6 Prozent - der höchsten Rate seit mehr als vier Jahrzehnten - "deflationäre" Anzeichen erkennen kann. Gewiss werden nicht alle Ökonomen Woods Argumentation zustimmen. Doch welche Signale führt Wood als Beweis an? Einerseits die Verdoppelung an Credit Defaulted Swaps (CDS) - Versicherungspolicen gegen Insolvenzen - in diesem Jahr, was eine erhöhte Erwartung zunehmender Unternehmensausfälle widerspiegeln soll. Andererseits weise die Abflachung der Zinskurven zwischen den zwei- und zehnjährigen US-Staatsanleihen auf eine bevorstehende Rezession hin, betont Wood. Diese wirtschaftliche Abkühlung werde deflationär auf die Geldmenge einwirken. Deshalb geht Wood auch davon aus, dass wir den Höhepunkt der Inflation hinter uns haben.
Fed fokussiere sich zu sehr auf CPI
Anstatt diese Signale ernst zu nehmen und die "drakonischen" Leitzinsanhebungen zumindest zu verlangsamen, vertraue die Fed jedoch zu sehr auf den Consumer Price Index (CPI), moniert Wood. Der CPI sei jedoch rückwärtsgewandt, die neuesten Entwicklungen würden durch diesen Inflationsindikator nicht genügend Berücksichtigung finden. Wie "Yahoo Finance" die Tech-Expertin zitiert, wäre die Betrachtung des CPI so, "als würde man beim Autofahren in den Rückspiegel schauen."
Vielmehr müsse die Fed auf die aktuelle Verbraucherstimmung achten. Und um diese sei es aktuell alles andere als gut bestellt: "Die Verbraucherstimmung ist heute niedriger als während der globalen Finanzkrise 2008-09 und den beiden Rezessionen 1980-82, als Fed-Vorsitzender [Paul] Volcker eine Inflation von über 15 Prozent mit 20 Prozent Zinsen abwürgte", schrieb Wood bei Twitter. Die schwächere Verbraucherstimmung werde die Inflation dämpfen, weshalb die "drakonischen" Fed-Leitzinsanhebungen übertrieben seien. Sie befürchtet, dass die Vervielfachung des Leitzinses innerhalb weniger Monate die Konjunktur so stark eintrübt, dass eine Rezession die einzige mögliche Konsequenz sei.
As measured by Markit, credit default swaps (CDS) - insurance policies against bankruptcies - have doubled this year, surpassing their peaks during the market rout in late 2018 and heading for COVID crisis levels. Money center bank CDS spikes are particularly concerning.
- Cathie Wood (@CathieDWood) June 19, 2022
Wood zufolge ist die Rezession bereits Realität geworden
Interessanterweise hält Wood eine Rezession in den USA nicht für eine zukünftige Möglichkeit - vielmehr habe sich diese Befürchtung bereits längst bewahrheitet. "Unserer Ansicht nach sind die USA im ersten Quartal in eine Rezession geraten. Während die massiven Vorräte das reale BIP im zweiten Quartal aufblähen, werden sie sich dann zurückbilden und das Wachstum für den Rest des Jahres beeinträchtigen", lautet ihre Prognose.
Lagerbestände gelten als zyklisches Rauschen, das in jedem Quartal zum Wachstum beitragen oder es beeinträchtigen kann. In der Regel gleichen sich diese Veränderungen aber auf Jahresbasis aus. Alle BIP-Daten für das zweite Quartal, die auf steigende Lagerbestände zurückzuführen sind, würden auf qualitativer Basis demnach als schwach angesehen werden. Nach gängiger Definition spricht man dann von einer Rezession, wenn das Wirtschaftswachstum in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen negativ ist, für die USA wird dies vom National Bureau of Economic Research (NBER) festgestellt. Anstatt folglich für ihr "Vermächtnis zu sorgen", solle die Fed sich um die angeschlagene Wirtschaft kümmern - und in puncto Leitzinsanhebungen auf die Bremse drücken, lautet Woods Forderung.
Redaktion finanzen.net
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