Aufsicht: Deutschlands Banken für schwere Krise gerüstet
Der Anstieg der Zinsen hat die Lage von Deutschlands Banken und Sparkassen nach Einschätzung der Aufsicht deutlich verbessert.
"Die meisten Institute sind gut kapitalisiert und können die sehr anspruchsvollen Herausforderungen des diesjährigen Stresstests meistern", sagte der oberste Bankenkontrolleur der Finanzaufsicht Bafin, Raimund Röseler, am Montag in Frankfurt. Allerdings mahnte er auch zur Vorsicht: Die wirtschaftliche Lage sei nach wie vor unsicher, und mehr als 50 Banken kämen in einer schweren Krise in Schwierigkeiten.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und die Deutsche Bundesbank nahmen in einem Belastungstest 1.200 kleinere und mittlere Geldhäuser unter die Lupe, die sie direkt beaufsichtigen. Die Institute mussten in einer Umfrage beantworten, wie ihre Pläne und Prognosen auf fünf Zinsszenarien für den Zeitraum 2024 bis 2028 reagieren würden.
Dabei rechneten die Geldhäuser damit, dass ihre harte Kernkapitalquote bis 2028 von 18,2 auf 19,4 Prozent steigt und sie außerdem binnen fünf Jahren um 45 Prozent rentabler werden. Die Aufsicht sieht vor allem die erwartete Rentabilitätssteigerung kritisch: So basierten die Erwartungen der Banken auf der optimistischen Annahme, dass die Zinsen stabil bleiben oder sogar leicht steigen.
Im Stresstest simulierten die Geldhäuser ihre Ertragslage für die Jahre 2024 bis 2026 jeweils in einem Basis- und einem Stressszenario. Letzteres umfasste eine "Jahrhundertkrise", in der die Wirtschaftsleistung binnen drei Jahren um 6,3 Prozent zurückgeht. Zugleich springt die Inflation auf 13,6 Prozent nach oben, und die Zinsen steigen deutlich.
"Das im Stresstest angenommene Szenario war deutlich herausfordernder als bei der vergangenen Übung vor zwei Jahren", schreibt die Bafin. In der Simulation sinke die harte Kernkapitalquote der untersuchten Institute um 3,7 Prozentpunkte auf 14,5 Prozent. Laut Röseler sackten dabei mehr als 50 Geldhäuser unter die von der Aufsicht vorgegebene Kapitalanforderung. Dies seien etwa doppelt so viele wie vor zwei Jahren - vor allem wegen des schärferen Krisenszenarios.
Gefahren sehen die Aufseher besonders bei Gewerbeimmobilien. So rechneten die meisten Banken und Sparkassen für 2024 in diesem Bereich mit einem deutlichen Rückgang der Preise, berichtete das für die Bankenaufsicht zuständige Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, Michael Theurer. Auch in den kommenden Jahren dürfte es eher abwärts gehen.
Bei Wohnimmobilien sieht es zwar besser aus. Doch Immobilien mit höherem Energiebedarf und anstehenden Sanierungen dürften an Wert verlieren, schätzen die Institute.
Die schwierige Lage der Wirtschaft dürfte die Banken vorerst weiter begleiten, schätzt Bundesbank-Vorstand Theurer. Die Bafin rät Banken und Sparkassen, ihre Kapitalausstattung weiter zu stärken und ihre "solide Ausgangslage" nicht ohne Not aufzugeben. Die Aufsicht werde die Ausreißer "sehr eng begleiten" und wenn nötig "mit aufsichtlichen Maßnahmen frühzeitig gegensteuern", sagte Röseler.
Unterdessen dürften sich die Fusionswelle unter Banken und Sparkassen nach Einschätzung der Aufsicht fortsetzen. Gut die Hälfte der Institute könne sich binnen fünf Jahren einen Zusammenschluss mit anderen vorstellen, berichtete Theurer. Hauptgrund sei ein verschärfter Wettbewerb. Röseler fand die Aussichten "bedenklich", denn die deutsche Bankenlandschaft passe gut zum deutschen Wirtschaftsstandort.
Zu einer möglichen Übernahme der Commerzbank durch die italienische UniCredit wollten sich Röseler und Theurer nicht äußern. Die Unicredit war vor wenigen Wochen mit einem Anteil von neun Prozent bei der Commerzbank eingestiegen. Inzwischen hat sie sich über Finanzinstrumente eine Aufstockung auf mehr als 21 Prozent gesichert. Diesem Schritt muss die Europäische Zentralbank (EZB) als Aufsichtsbehörde noch zustimmen. Sie beaufsichtigt große Institute in der Eurozone direkt.
FRANKFURT (dpa-AFX)
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