"Checks and Balances"

US-Präsident Donald Trump - Wie groß ist seine Macht wirklich?

11.11.16 10:01 Uhr

US-Präsident Donald Trump - Wie groß ist seine Macht wirklich? | finanzen.net

Der vermeintlich unberechenbare Donald Trump wird der nächste US-Präsident - für viele ein veritables Horrorszenario, gilt Trump doch als impulsiv und leicht reizbar. Doch wie uneingeschränkt kann Trump als Präsident wirklich regieren?

Schluss mit der Energiewende, kein Freihandelsabkommen, eine Mauer an der mexikanischen Grenze, die Vernichtung des IS, notfalls auch unter Aussetzung des geltenden Menschenrechts - die Agenda, die Donald Trump im Zuge des Wahlkampfs für seine Regierungsperiode aufgestellt hat, versetzt nicht wenige Menschen nach der Wahl in Angst. Dass Trump sich den Ruf der Unberechenbarkeit erworben hat, kommt zudem nicht von ungefähr, war seine Wahlkampfkampagne doch von mehrfachen verbalen Entgleisungen und widersprüchlichen Aussagen zu seinen politischen Plänen geprägt. Gerade in Sachen Außenpolitik scheint zur Stunde noch unklar zu sein, welchen Kurs Trump in seiner Regierungszeit überhaupt einschlagen will. Ein solch impulsiver Charakter an der Spitze der größten Supermacht der Welt - nicht verwunderlich, dass diese Vorstellung vielen Bauchschmerzen bereitet. Doch kein Präsident der Vereinigten Staaten hat wirklich uneingeschränkte Macht - auch nicht Donald Trump. Sicher ist jedoch auch: Das System der Machtkontrolle in den USA, der "Checks and Balances", wird Trump auch nicht gänzlich stoppen können, warnte im Sommer bereits die "Washington Post".

Diese Befugnisse wird Präsident Trump haben

Ausgerechnet in der Außenpolitik - dem Ressort, in dem Trump während des Wahlkampfes besonders vage geblieben ist - sind die Befugnisse des US-Präsidenten besonders weitreichend. So wird Präsident Trump eigenständig Verträge mit anderen Ländern aushandeln können, die dann lediglich vom Kongress abgesegnet werden müssen, um Gültigkeit zu erlangen. Da beide Kongresskammern in dieser Regierungsperiode in republikanischer Hand sein werden, dürfte die Zustimmung des Kongresses in vielen Fällen reine Formsache sein. Zwar hatte der streitbare Trump im Wahlkampf nicht wenige Republikaner gegen sich aufgebracht, die Lage könnte sich nun jedoch schlagartig ändern, da Trump zum Präsidenten avanciert ist. Bereits während der Wahlkampfkampagne hatte Trump kein Blatt vor den Mund genommen und verkündet, dass er an jedem Vergeltung üben werde, der gegen ihn aufbegehrt. Die Möglichkeit dazu hat Trump als Präsident nun umso mehr. Die "New York Times" berichtete zudem, dass Trump erwäge, ein politisches Komitee einzurichten, das Spenden für die Bekämpfung meuternder Republikaner sammeln solle. Die wenigen Demokraten im Kongress dürften also in jedem Fall kaum eine Handhabe gegen die republikanische Übermacht im Parlament haben. Ihnen würden höchstens Aufschiebestrategien wie etwa der Filibuster - einer Endlosrede vor dem Senat - bleiben. Was jedoch letztendlich eher geeignet wäre, den als ungeduldig geltenden Trump in Rage zu bringen anstatt ihn versöhnlich zu stimmen.

Trump als Oberbefehlshaber des Militärs - ein Angstszenario

Bauchschmerzen bereitet vielen vor allem die Tatsache, dass Trump als Präsident auch gleichzeitig der Oberbefehlshaber der amerikanischen Streitkräfte sein wird. Obwohl eine Kriegserklärung an einen anderen Staat lediglich durch den Kongress erfolgen kann, wird Trump die Möglichkeit haben, bei einem Angriff auf die USA selbständig Streitkräfte zu entsenden. Den Kongress müsste er darüber lediglich innerhalb der nächsten 48 Stunden informieren. Dann würde der Kongress darüber entscheiden, ob Trump den Einsatz entweder fortsetzen darf oder einstellen muss. Doch selbst bei einer negativen Entscheidung, müssten die entsendeten Militärs erst binnen 60 bis 90 Tagen zurückbeordert werden - und in 90 Tagen sind amerikanische Truppen zu Einigem fähig.
Noch drastischer ist die Lage im Falle eines möglichen Atomschlags der USA. Einzig und allein der Oberbefehlshaber - also der Präsident - darf den Einsatz nuklearer Waffen befehlen. Ob er im konkreten Fall überhaupt noch jemanden hinzuzieht - den Verteidigungsminister etwa - ist allein ihm überlassen. Denn in diesem Szenario geht es um Zeit: Im Falle eines Falles würden lediglich zwölf Minuten bleiben, um den Atomschlag zu veranlassen. So lange benötigen etwa russische Atomwaffen, um von einem U-Boot aus Amerika zu erreichen.

Auch innenpolitisch fast freie Fahrt

Auch in Sachen Innenpolitik wird der künftige Präsident Trump alles andere als flügellahm sein, denn auch wenn der Kongress die Gesetze verabschiedet, sind diese erst wirklich gültig, sobald der Präsident diese unterschrieben hat. Er muss seine Unterschrift jedoch nicht unter die Papiere setzen, wenn er nicht will - denn durch sein Veto-Recht kann der Präsident jedes Gesetz kippen. Lediglich mit einer Zweidrittelmehrheit könnte der Kongress dann wiederum einen Beschluss gegen den Willen des Präsidenten durchsetzen. In diesem Fall hätte der Präsident keine weitere Handhabe mehr - den Kongress auflösen und Neuwahlen anordnen, dürfte er rechtlich nicht.

Die Gestaltung des Supreme Court

Die andere Säule der Gewaltenteilung in den USA ist der Supreme Court. Doch auch hier wird Donald Trump als Präsident Gelegenheit zur Mitgestaltung haben: Der US-Präsident ernennt stets die obersten Richter der Vereinigten Staaten - auf Lebenszeit. Diese wiederum üben großen Einfluss auf politische und gesellschaftliche Leitlinien aus. Wird Trump hier also auf Granit beißen, wenn er etwa die Pressefreiheit aushebeln will? Momentan befindet sich der Supreme Court in einer prekären Lage: Nach dem Tod des konservativen Richters Antonin Scalia im Februar 2016, sitzen aktuell nur vier liberale und vier konservative Richter auf Lebenszeit im Gremium. Obama wurde von den Republikanern bezüglich einer weiteren Ernennung eines Richters blockiert - sein Nachfolger solle über den neuen Richter entscheiden, hieß es. Es ist nun also anzunehmen, dass Trump einen fünften konservativen Richter ernennen wird. Auch hierfür benötigt der Präsident zwar die Zustimmung des Senats, doch da dieser ohnehin in republikanischer Hand ist, dürfte Trump hier recht freie Bahn haben. Die unmittelbaren Auswirkungen dieser neuen Ernennung durch Trump dürften jedoch gering sein: Immerhin war der verstorbene Richter ebenfalls aus dem konservativen Lager - und in dieser Zusammensetzung hat der Supreme Court immerhin im vergangenen Jahr die Homo-Ehe legalisiert. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch hoch, dass dieser ersten Ernennung in Trumps Regierungsperiode noch weitere folgen könnten. Die ältesten Richter im Gremium sind Ruth Bader Ginsburg mit 83 Jahren, Stephen Breyer (78) und Anthony Kennedy mit 80 Jahren - alle dem liberalen bis gemäßigten Flügel zugehörig. Denkbar wäre also, dass Trump im Laufe seiner Regierung, den Supreme Court zu einem großen Teil selbst zusammenstellen könnte - einer Institution, die eigentlich ihn kontrollieren soll. Und da die Richter im Supreme Court auf Lebenszeit ernannt werden, könnte diese Folge der Trump-Regierung noch sehr lange nachhallen.

Geld verprassen? Eher ausgeschlossen

Immerhin: Was die Finanzen betrifft, wird Präsident Trump vollständig auf den Kongress angewiesen sein, denn das Budgetrecht liegt beim Repräsentantenhaus. Finanzträchtige Impulsausgaben dürften daher eher nicht die Regel sein, auch wenn Trump sicherlich in gewisser Weise dazu neigen dürfte. Die Mauer etwa, die Trump an der Grenze zu Mexiko errichten will, dürfte - so sie denn kommt - Unsummen verschlingen. Da nicht davon auszugehen ist, dass die Mexikaner den Bau der Mauer bezahlen wollen, müsste der Kongress die Kosten für das Riesenprojekt freigeben. Da dies jedoch ein beträchtliches Loch in die Haushaltskasse reißen dürfte, ist die Wahrscheinlichkeit einer Zustimmung des Kongresses wohl eher gering.

Redaktion finanzen.net

Bildquellen: Scott Eisen/Getty Images