Fed signalisiert vorsichtigere Geldpolitik - Warum das für Anleger ein echtes Warnsignal sein könnte
Die US-Notenbank hat in der vergangenen Woche eindeutig signalisiert, in Sachen Geldpolitik einen vorsichtigeren Kurs einschlagen zu wollen. Die Börsen reagierten mit einem Freudensprung. Doch Experten glauben, dass dies kein gutes Omen für die Aktienmärkte ist.
Der anhaltende Inflationsdruck lässt die US-Notenbank Federal Reserve offenbar vorsichtiger agieren: Angesichts der Schwankungen an den Finanzmärkten und den wachsenden Sorgen um die Weltwirtschaft sei es künftig weniger klar, wie stark und wann man die Zinsen anhebe, wie aus dem Protokoll der jüngsten Notenbanksitzung, den Fed Minutes, hervorgeht. Für Anleger bedeutet dies: Es gibt keine Dringlichkeit, die Leitzinsen in den USA schon bald anzuheben, 2019 ist nun offenbar nur noch mit zwei statt drei Zinserhöhungen zu rechnen.
Anleger bejubeln Vorsicht
An den Börsen kam diese Kehrtwende von allzu straffer zu etwas lockerer Geldpolitik gut an. Immerhin wurden in den vergangenen Monaten Sorgen laut, die Fed könne die Zügel bereits zu straff angezogen haben. Nachdem die US-Industrie jüngst deutlich an Schwung verloren hatte, waren Konjunktursorgen am Markt wieder aufgebrochen. Fed-Chef Jerome Powell hatte daraufhin im Dezember bereits zwischen den Zeilen eine mögliche Zinspause angedeutet. "Wir werden geduldig sein und sehen, wie sich die Wirtschaft entwickelt", nahm der Vorsitzende der US-Notenbank Bezug auf Marktsorgen. Die Notenbank sei stets darauf vorbereitet, ihre geldpolitische Haltung bei Bedarf auch "erheblich" anzupassen.
Die Marktteilnehmer reagierten erleichtert und auch Donald Trump dürfte den vorsichtigeren Kurs der Fed mit Wohlwollen betrachten. Denn der US-Präsident hatte die Währungshüter für ihren straffen Zinskurs massiv kritisiert und Powell und seinem Team vorgeworfen, sie würden die Konjunktur abwürgen und seien für sinkende Aktienkurse verantwortlich. Zudem sieht Trump weitere Zinsanhebungen vor dem Hintergrund immer schwierigerer Finanzierungsmöglichkeiten der steigenden Haushaltsdefizite kritisch.
Hat die Fed nur Beruhigungspillen verteilt?
Doch einige Experten sehen die jüngste geldpolitische Bremse von Seiten der Fed durchaus als Warnsignal. Albert Edwards, Marktstratege bei der französischen Société Générale, warnte jüngst vor den Folgen eines Straffungsendes. "Wenn wir uns tatsächlich dem Punkt nähern, an dem die Fed aufhört zu straffen, soll dies Investoren Vertrauen geben, dass man einen Bärenmarkt vermeiden kann? Nein! Traditionell wird die Renditekurve steiler, weil die Fed unmittelbar vor einer Rezession eine quantitative Lockerung durchführt", zitiert CNBC den Experten.
Und tatsächlich habe sich der Abstand zwischen verschiedenen Staatsanleihen seit Jahresbeginn vergrößert - obwohl die Renditen von zwei- und fünfjährigen Staatsanleihen weiter invers sind, die Renditen kurzfristiger Anleihen also höher sind, als die langfristiger. Inverse Zinskurven seien starke Vorboten kommender Rezessionen, heißt es bei CNBC weiter.
Auch für andere Experten ist die jüngste Stellungnahme der Fed ein Zeichen dafür, dass die Währungshüter ernsthafte Probleme kommen sehen könnten. "Die Leute scheinen nicht zu verstehen, dass die Geldpolitik die Wirtschaft zeitverzögert trifft", so David Rosenberg, Chefökonom und Stratege von Gluskin Sheff. Die Fed wisse dies natürlich und scheine immer deutlicher der Ansicht zu sein, dass sie bereits zu viel gestrafft habe, heißt es in einer Marktmitteilung.
Auch er rechnet also mit längerfristigen Problemen. "Die Fed wird gezwungen sein, die Politik nach kurzer Zeit zu lockern, und bewegt sich schrittweise in diese Richtung. Aber wie so oft ist sie viel zu spät". Nachdem er den taubenhaften Teil der Fed-Protokolle gelesen habe, frage er sich ernsthaft, ob die Zinserhöhung am 19. Dezember wirklich nötig gewesen sei.
Rezession voraus?
Haben die US-Währungshüter also ihren Ton angepasst, da sie eine Rezession kommen sehen? Noch vor wenigen Wochen zeigte sich Fed-Chef Powell vom Gegenteil überzeugt: Die US-Wirtschaft sei robust, er mache sich nur Sorgen um das schwächere Wachstum der Weltwirtschaft. Eine erhöhte Gefahr für eine Rezession in den USA sehe er aber nicht.
Dennoch sollten Anleger im aktuellen Marktumfeld die Wirtschaftslage ebenso im Auge behalten, wie die Zwischentöne der Notenbanker.
Redaktion finanzen.net
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