Vermögensverwalter PGIM: Hohe Zinsen behalten Märkte länger im Griff
Die Fachleute des Vermögensverwalters PGIM rechnen auch über das kommende Jahr hinaus mit einem Zinsplateau in den USA und der Eurozone.
"Vier Prozent in den USA und drei Prozent in der Eurozone sind eigentlich die Normalität, und in diese langfristige Normalität kehren wir jetzt zurück", sagte Wolfgang Sussbauer, der bei PGIM Fixed Income die Märkte Deutschland und Österreich verantwortet, am Montagabend in Frankfurt. Zwar würden die Zentralbanken die Zinsen auch wieder senken. "Aber das wird nach unserer Einschätzung später kommen und weniger stark als der Markt es erwartet."
Als wesentlichen Grund dafür machte Sussbauer die hohe Kerninflation aus, und zwar vor allem in der Eurozone. Mit über fünf Prozent liege sie noch weit vom Zielbereich der Währungshüter entfernt. "Sie wird wie auch in den USA sinken, aber in absehbarer Zeit nicht auf zwei Prozent." In den kommenden zwei Jahren sei ein Wert um die drei Prozent realistisch, so Sussbauer. In der Eurozone paare sich die robuste Inflation zudem mit einem mauen Wirtschaftswachstum. Die Eurozone steuere deshalb auf ein Szenario der "weakflation" zu.
Bei ihrem Zinsentscheid in der vergangenen Woche hatte die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Wachstumsprognose teils deutlich gesenkt. Die Währungshüter rechnen in diesem Jahr noch mit einem Wachstum von 0,7 Prozent, im kommenden Jahr soll der Wert 1,0 Prozent betragen. PGIM ist etwas pessimistischer: "Unsere Prognose für 2024 liegt mit 0,5 Prozent noch deutlich darunter", sagte Sussbauer.
Als Konsequenz dieser Gemengelage bleiben Anleihen als Anlageklasse auch längerfristig interessant, wie Sussbauer sagte. Hochzinsanleihen kämen heute in den USA auf eine laufende Rendite von 8,5 Prozent und in der Eurozone auf 7,5 Prozent. "Das muss der Aktienmarkt erst mal schaffen", so Sussbauer. Vor dem Hintergrund des ökonomischen Ausblicks sieht er gute Chancen, dass Anleihen auch in den kommenden fünf bis zehn Jahren besser abschneiden als Aktien.
Düster bleibe hingegen der Ausblick für Immobilien als Anlageklasse, zumindest in Deutschland. "Weil es viel attraktiver ist, in festverzinsliche Anlageklassen zu investieren, wird Liquidität aus dem Immobilienmarkt abgezogen", sagte Sebastiano Ferrante, stellvertretender Leiter für Europa bei PGIM Real Estate. Das letzte Jahrzehnt der niedrigen Zinsen habe eine "Überallokation in Immobilien" hervorgebracht, die sich nun wieder ins Gegenteil verkehre. Die Konsequenz sei ein Preisverfall.
Besonders stark werde es die eher wirtschaftsschwachen Länder in Europa treffen. Denn knappe Liquidität tendiere dazu, sich auf die größten Märkte zu konzentrieren. Auch Flächen für Büro- und Einzelhandel dürften als Anlageklassen weiter unter Druck stehen. Denn der Trend zum mobilen Arbeiten und zum Online-Shopping werde von Investoren sehr genau wahrgenommen. "Überall wo diese Fragezeichen sind, werden sie mehr Illiquidität sehen", sagte Ferrante.
Die Korrekturen an den europäischen Märkten fielen derweil ganz unterschiedlich aus. "Deutschland hinkt unglaublich hinterher", so Ferrante. Das zeige sich etwa mit Blick auf den vergleichbaren niederländischen Immobilienmarkt, bei dem die Preise schon stark gefallen seien. "Wir werden in Deutschland noch weitere Wertkorrekturen sehen", sagte Ferrante. "Das ist noch nicht vorbei."
FRANKFURT (dpa-AFX)
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