Zinsentscheid

Leitzins: EZB legt Zinspause ein - Guidance für APP und PEPP bestätigt - EZB-Zinspause stößt auf Zustimmung

26.10.23 16:52 Uhr

Leitzins: EZB legt Zinspause ein - Guidance für APP und PEPP bestätigt - EZB-Zinspause stößt auf Zustimmung | finanzen.net

Heute wurde es spannend: Die Notenbanker der Europäischen Zentralbank gaben den jüngsten Leitzinsentscheid bekannt.

Die Euro-Währungshüter haben angesichts gesunkener Inflationsraten nach zehn Zinserhöhungen in Folge nicht weiter an der Zinsschraube gedreht. Der Rat der Europäischen Zentralbank beließ den Leitzins bei 4,5 Prozent, wie die Notenbank nach einer auswärtigen Ratssitzung in Athen mitteilte. Die EZB werde weiter nach der Datenlage entscheiden, sagte Präsidentin Christine Lagarde auf die Frage nach dem weiteren Vorgehen. Eine Diskussion über Zinssenkungen sei aber "völlig verfrüht". Zuletzt waren die Sorgen um die Konjunktur gewachsen.

Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken kann. Teurere Kredite sind zugleich eine Last für die Wirtschaft, weil sich kreditfinanzierte Investitionen verteuern. Der Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, verharrt nach der jüngsten Entscheidung der Notenbank bei 4,0 Prozent. Dies ist das höchste Niveau seit Bestehen der Währungsunion 1999.

Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer wird die EZB die Zinsen in den kommenden Monaten wohl nicht weiter erhöhen. Auch Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, rechnet in diesem Jahr nicht mit einer Anhebung. "Die Inflationsraten werden auf Sicht der kommenden Monate weiter fallen." Zudem bleibe die wirtschaftliche Entwicklung schwierig.

"Zinserhöhungen wirken wie ein Langzeit-Medikament mit erheblichen Zeitverzögerungen", erläuterte Friedrich Heinemann, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW.

Die EZB strebt mittelfristig stabile Preise bei einer Inflationsrate von 2,0 Prozent an. "Auf Grundlage seiner aktuellen Beurteilung ist der EZB-Rat der Auffassung, dass sich die EZB-Leitzinsen auf einem Niveau befinden, das - wenn es lange genug aufrechterhalten wird - einen erheblichen Beitrag zu diesem Ziel leisten wird", teilte die EZB mit.

Im September schwächte sich die Teuerung im gemeinsamen Währungsraum deutlich ab: Die Jahresinflationsrate fiel von 5,2 Prozent im August auf 4,3 Prozent. Im vergangenen Jahr war die Inflation infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zeitweise zweistellig gewesen.

Die EZB stemmte sich seit Juli 2022 mit einer beispiellosen Serie von Zinsanhebungen gegen diese Entwicklung. Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes BdB mahnte, die EZB sollte die Tür für Zinserhöhungen offenhalten.

Deutsche Sparer profitieren nach einer langen Durststrecke von gestiegenen Zinsen und der zuletzt gesunkenen Inflation. Erste Topanbieter zahlen für Festgeldanlagen mit einem Jahr Laufzeit Zinsen, die mit 4,75 Prozent oberhalb der Inflationsrate von 4,5 Prozent im September liegen, wie aus einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox hervorgeht.

Im Schnitt liegt der Realzins - also der Zins nach Abzug der Inflation - den Angaben zufolge bei Festgeldanlagen allerdings immer noch bei minus 1,18 Prozent (Stichtag: 20. Oktober). Der Wertverlust durch die Teuerung ist damit größer als der Kapitalzuwachs durch die Zinsen. Verivox zufolge könnte die Ära steigender Zinsen bald zu Ende gehen: "Momentan deutet viel darauf hin, dass die Festgeldzinsen ihren Gipfel bald erreicht haben."

Die Sorgen um die Konjunktur waren zuletzt gewachsen. "Die Wirtschaft im Euroraum bleibt schwach", sagte Lagarde. Die EZB rechnete zuletzt mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 0,7 Prozent in diesem Jahr. Im Juli war noch ein Plus von 0,9 Prozent vorhergesagt worden. Europas größte Volkswirtschaft Deutschland wird nach Einschätzung der Bundesregierung und vieler Ökonomen in diesem Jahr sogar leicht schrumpfen.

EZB bestätigt Zinsen sowie Guidance für Zinsen und PEPP

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat seine Zinsen wie erwartet bestätigt und bekräftigt, dass es nach aktuellem Kenntnisstand keine weiteren Zinsschritte mehr brauchen wird, um die Inflation rechtzeitig auf 2 Prozent zu senken. Der ausschlaggebende Bankeinlagensatz bleibt bei 4,00 Prozent, wie die von Dow Jones Newswires befragten Volkswirte prognostiziert hatten.

Zum weiteren geldpolitischen Kurs heißt es: "Auf der Grundlage seiner derzeitigen Einschätzung ist der EZB-Rat der Ansicht, dass die Leitzinsen ein Niveau erreicht haben, das, wenn es für einen ausreichend langen Zeitraum beibehalten wird, einen wesentlichen Beitrag zur rechtzeitigen Rückkehr der Inflation zum Zielwert leisten wird."

Die künftigen Beschlüsse des EZB-Rats würden dafür sorgen, dass die Leitzinsen so lange wie nötig auf einem hinreichend restriktiven Niveau gehalten würden. "Der EZB-Rat wird weiterhin einen datenabhängigen Ansatz verfolgen, um die angemessene Höhe und Dauer der Restriktionen zu bestimmen." Insbesondere würden die Zinsentscheidungen auf der Einschätzung der Inflationsaussichten vor dem Hintergrund der eingehenden Wirtschafts- und Finanzdaten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission beruhen.

Die Guidance zu den Kaufprogrammen APP und PEPP wurde bestätigt.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird die Entscheidung in einer gegen 14.45 Uhr beginnenden Pressekonferenz erläutern.

EZB-Zinspause stößt bei Wirtschaft & Banken weitgehend auf Zustimmung

Die Zinspause der Europäischen Zentralbank (EZB) trifft bei Wirtschaft und Finanzwelt weitgehend auf Verständnis.

"Für die deutschen Unternehmen ist die Entscheidung der EZB eine gute Nachricht", sagte Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) am Donnerstag. Denn sinkende Inflationsraten und die Stabilität der Leitzinsen hätten in einem weiter sehr schwierigen wirtschaftlichen Umfeld einen beruhigenden Effekt. "Die Zinspause bedeutet aber auch, dass die Zinsen auf einem vergleichsweise hohen Niveau bleiben." Umso dringender sei es, dass die Bundesregierung nun konsequenter als bisher Chancen nutze, um die Wirtschaft zu stützen - etwa über wettbewerbsfähige, niedrigere Energiepreise, Steuerentlastungen, schnellere Genehmigungs- und Planungsverfahren oder weniger Bürokratie, sagte der DIHK-Lobbyist.

Im Kampf gegen die Inflation nach zehn Zinserhöhungen in Serie legten die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde eine Zinspause ein. Dies passe in das aktuelle geldpolitische Umfeld, sagte Hauptgeschäftsführer Heiner Herkenhoff vom Bundesverband deutscher Banken (BdB). "Doch die EZB sollte die Tür für Zinserhöhungen weiterhin offenhalten." Für die Glaubwürdigkeit der Geldpolitik sei es entscheidend, dass es der EZB gelinge, die Inflationsrate in den nächsten ein bis eineinhalb Jahren auch tatsächlich in den Zielbereich von rund zwei Prozent zurückzuführen. "Eine Zinssenkung kommt aus heutiger Sicht erst dann in Betracht, wenn die Inflation tatsächlich die Zielmarke erreicht hat."

Auch der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) plädierte dafür, dass sich die Notenbank alle Optionen offen hält. "Auch wenn der Trend in Sachen Inflation stimmt, weitere Zinsschritte sind nicht auszuschließen", erklärte VÖB-Hauptgeschäftsführerin Iris Bethge-Krauß. "Ob die EZB ihren Job mit Blick auf die Inflation bereits erledigt hat, wird sich noch zeigen." Falls dies nicht der Fall sei, müsse die Notenbank weiter entschlossen handeln.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sieht den Beschluss als Beginn eines Zinsplateaus. Die Zentralbank müsse die Zinsen länger auf hohem Niveau belassen, um die Inflation nachhaltig zu zähmen - "vermutlich bis weit in das Jahr 2024 hinein", sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Redaktion finanzen.net / dpa-AFX / Dow Jones Newswires / Reuters

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