EZB-Vorsitzende Lagarde senkt Hoffnungen auf frühzeitige Zinssenkungen
Die Präsidentin der Europäische Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, hat Hoffnungen auf eine baldige Leitzinssenkung in der Eurozone gedämpft.
Die Zinsen würden erst gesenkt, sobald man überzeugt sei, dass die Inflation wieder ihr 2-Prozent-Ziel erreichen wird, sagte Lagarde am Donnerstagabend dem französischen Fernsehsender "France 2". "Ich kann Ihnen kein Datum nennen", so die Präsidentin. "Aber wenn wir die 2 Prozent erreichen, wie wir für 2025 erwarten - und Daten das in den kommenden Monaten bestätigen -, bin ich sehr zuversichtlich, dass die Zinsen sinken werden."
Zuletzt hatten die Finanzmärkte auf eine erste Zinssenkung der EZB im Frühjahr spekuliert. Aus jüngsten Aussagen von Notenbankern geht aber hervor, dass eher im Sommer mit einem solchen Zinsschritt zu rechnen ist.
Der Chef der kroatischen Zentralbank, Boris Vujcic, hatte am Donnerstag gesagt, die Märkte seien weiterhin zu optimistisch, was den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung angeht. Ähnlich hatte sich das Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel am Mittwoch geäußert, die Diskussionen zu diesem Thema als verfrüht bezeichnet hatte.
Laut Lagarde befindet sich die Eurozone nicht in einer ernsthaften Rezession und die schlimmste Phase der Inflationsbekämpfung sei vorbei. "Ich denke, wir haben den größten und schwierigsten Teil überstanden - sofern wir nicht mit einem weiteren großen Schock konfrontiert werden", sagte sie in dem Interview.
Lagarde unterstrich allerdings die Bedeutung der jüngsten Lohnentwicklung. "Die Löhne werden im Rahmen von Verhandlungen und Tarifverträgen in einer Weise erhöht, die über der Inflationsrate liegt", sagte sie. "Wir befinden uns in einer Aufholphase, die sich über zwei oder drei Jahre erstrecken wird."
Auch auf die bevorstehende Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten im November dieses Jahres nahm Lagarde Bezug, obwohl sich Notenbanker im Allgemeinen zurückhaltend zu politischen Themen äußern.
Ein Blick auf die erste Amtszeit von Donald Trump im Weißen Haus zeige, dass eine Rückkehr des republikanischen Kandidaten eine Gefahr für Europa wäre, sagte die EZB-Präsidentin. "Wenn wir Lehren aus der Geschichte ziehen wollen, dann ist das eindeutig eine Bedrohung." Es reiche schon, sich die Handelszölle, das Engagement für die Nato und den Kampf gegen den Klimawandel anzusehen. Allein in diesen drei Bereichen seien die Interessen der USA in der Vergangenheit nicht im Einklang mit den europäischen Interessen gewesen.
Die US-Präsidentschaftswahl läuft derzeit auf ein erneutes Aufeinandertreffen zwischen Trump und Präsident Joe Biden hinaus. Trotz Gerichtsverfahren gegen Trump und möglicher Verurteilungen liegt der republikanische Ex-Präsident in Umfragen aktuell vor dem Amtsinhaber.
FRANKFURT (dpa-AFX)
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