EZB legt nach: Welches Paket schnüren Europas Währungshüter?
Zum Ende seiner Amtszeit könnte EZB-Präsident Mario Draghi noch einmal alle Register ziehen.
Volkswirte erwarten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bei ihrer Sitzung an diesem Donnerstag in Frankfurt ihre seit Jahren ultralockere Geldpolitik abermals lockern wird.
Diskutiert wurde im Vorfeld über ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Im Raum stehen sowohl neue Anleihenkäufe als auch eine Verschärfung des Strafzinses für Gelder, die Banken bei der EZB parken. Am Nachmittag (13.45 Uhr) erfährt die Öffentlichkeit, wie sich der EZB-Rat entschieden hat.
Dass die Notenbank erneut nachlegen wird, gilt als sicher. Angesichts der weltweiten Konjunkturabkühlung und der Schwäche des Welthandels seien "signifikante geldpolitische Impulse" notwendig, hatte Draghi bei der jüngsten Sitzung des EZB-Rates vor sieben Wochen gesagt. Die achtjährige Amtszeit des Italieners endet am 31. Oktober. Nachfolgerin soll die Französin Christine Lagarde werden, die bisherige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF).
EZB-Beobachter sind sich so gut wie sicher, dass die Notenbank den Strafzins verschärfen wird, den Banken zahlen müssen, wenn sie Geld bei der Notenbank parken. Derzeit liegt dieser negative Einlagensatz bei minus 0,4 Prozent - eine Milliardenbelastung für die Finanzbranche im Euroraum. Erwartet wird eine weitere Absenkung auf minus 0,5 Prozent oder gar minus 0,6 Prozent.
Um Geldhäuser etwas zu entlasten, könnte der EZB-Rat eine Staffelung des Strafzinses beschließen, um bestimmte Freibeträge auszunehmen. Mit dem Strafzins wollen die Währungshüter die Institute dazu bringen, mehr Gelder in Form von Krediten an Unternehmen und Verbraucher auszureichen. Das soll die Konjunktur anschieben und den Preisauftrieb verstärken. Denn die Inflation ist trotz einer seit Jahren expansiven Geldpolitik weit entfernt vom Ziel der Notenbank.
Die EZB strebt mittelfristig für den Euroraum eine Jahresteuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nullmarke. Dauerhaft niedrige oder auf breiter Front sinkende Preise können Unternehmen und Verbraucher verleiten, Investitionen aufzuschieben. Das bremst die Wirtschaft.
Konjunktur und Inflation auf die Sprünge helfen könnte die EZB auch mit einer Neuauflage der umstrittenen Wertpapierkäufe. Seit Januar fließt kein frisches EZB-Geld mehr in den Kauf von Staatsanleihen - doch Draghi hatte betont: "Alle Instrumente sind auf dem Tisch."
Solche Käufe helfen Staaten, sich günstiger frisches Geld zu besorgen. Denn wenn die EZB große Bestände aufkauft, müssen sie für ihre Anleihen nicht so hohe Zinsen bieten. Zugleich pumpt die EZB über Wertpapierkäufe viel Geld in den Markt. Das soll die Inflation in Richtung Zielmarke treiben. Von März 2015 bis Ende 2018 steckte die EZB rund 2,6 Billionen Euro in Anleihen.
Beim Leitzins von aktuell null Prozent haben sich die Währungshüter zumindest schon insofern festgelegt, dass mit steigenden Zinsen absehbar nicht zu rechnen ist: Im Juli gab der EZB-Rat zu Protokoll, er gehe davon aus, dass die Leitzinsen im Euroraum "mindestens über die erste Hälfte des Jahres 2020... auf ihrem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden". Möglicherweise wird die erste Zinserhöhung aber noch weiter in die Zukunft verschoben.
Sparer müssen sich auf jeden Fall weiterhin gedulden, ehe es wieder höhere Sparzinsen gibt. Womöglich geben Banken zudem die Kosten für die EZB-Strafzinsen künftig an einen größeren Kundenkreis weiter.
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FRANKFURT (dpa-AFX)
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