US-Notenbank Fed lässt Leitzins wie erwartet unverändert
Die US-Notenbank Fed hat ihren Leitzins wie erwartet nicht verändert.
Die Tür für eine Zinsanhebung im Dezember scheint aber offen. Man sei der Ansicht, dass sich die Bedingungen für eine Leitzinsanhebung weiterhin verbessert haben, teilten die Währungshüter am Mittwoch in Washington mit. Die Fed-Funds-Rate liege vorerst weiter in einer Spanne zwischen 0,25 und 0,50 Prozent. Volkswirte und Anleger an den Finanzmärkten hatten dies überwiegend erwartet. Jetzt rechnen viele Experten damit, dass die Fed im Dezember zum zweiten Mal seit der Finanzkrise den Leitzins anheben wird.
Die Entscheidung zum Abwarten fiel nicht einstimmig. Mit Loretta Mester, Vorsitzende der regionalen Notenbank von Cleveland, und Esther George, Vorsitzende der regionalen Notenbank von Kansas, haben zwei Notenbankerinnen von insgesamt 12 Mitgliedern im Führungsgremium für eine Zinsanhebung gestimmt. Bei der vorangegangenen Sitzung im September hatte es noch drei Gegenstimmen gegeben. Auch Eric Rosengreen, Chef der regionalen Notenbank von Boston, hatte sich für eine Zinsanhebung ausgesprochen.
EXPERTEN: ANHEBUNG IM DEZEMBER WAHRSCHEINLICH
Harm Bandholz, US-Chefvolkswirt bei der Bank Unicredit, sieht in der Tatsache, dass es am Mittwoch eine Stimme weniger für eine Zinsanhebung gab als zuletzt allerdings "kein taubenhaftes Signal". Im Gegenteil: "Wir wissen aufgrund seiner jüngsten Reden, dass Eric Rosengreen seine Meinung nicht geändert hat. Er will weiterhin die Zinsen lieber heute als morgen normalisieren." Dass er nun nicht für eine Anhebung gestimmt habe, sei als Zeichen zu interpretieren, dass man sich im Grundsatz auf eine Zinsanhebung im Dezember geeinigt habe und dass Rosengreen damit einverstanden sei.
Christoph Balz, Experte bei der Commerzbank, rechnet jetzt mit einer Fortsetzung der vor knapp einem Jahr eingeleiteten Zinswende im Dezember. "Die Argumente für eine Zinsanhebung werden stärker." Zudem sei es schon allein aus taktischen Gründen wahrscheinlich, dass die Fed nachlege. Denn wenn es im Jahr 2016 gar keine Anhebung gäbe, könnte dies Spekulationen hervorrufen, ob die Fed grundsätzlich von ihrer Zinswende abrücke.
Auch Antoine Lesne, Experte bei der Bank State Street, rechnet mit einer Zinserhöhung im Dezember. "In Anbetracht der jüngsten Beschäftigungszahlen und Wirtschaftsprognosen in den USA spricht viel dafür, dass die erste Zinserhöhung des Jahres beschlossen wird." Den Finanzmärkten zufolge beträgt die Wahrscheinlichkeit dafür derzeit 78 Prozent.
WIRTSCHAFT SOLIDE - INFLATION ZIEHT AN
Die Risiken für den Wirtschaftsausblick seien ungefähr ausgeglichen, hieß es in der Mitteilung der Notenbanker weiter. Der Jobzuwachs am Arbeitsmarkt sei zuletzt solide gewesen, das Wachstum habe seit Mitte des Jahres angezogen und die Ausgaben der Haushalte seien moderat gestiegen. Einziger Wermutstropfen: Die Investitionen. Sie blieben weiter schwach, so die Notenbanker.
Da es inzwischen weniger Gegenwind gebe, gehen die Währungshüter davon aus, dass die Inflationsrate künftig an die angestrebte Zielmarke von zwei Prozent herankommen werde. Unicredit-Experte Bandholz sieht darin ein bemerkenswertes Signal. Denn nach der vorangegangenen Zinsentscheidung vom September habe es noch geheißen, es werde erwartet, dass die Inflation niedrig bleiben werde.
KAUM REAKTIONEN AN FINANZMÄRKTEN
An den Finanzmärkten gab es auf die Zinsentscheidung kaum Reaktionen. Der Eurokurs bewegte sich nicht nennenswert. Die Renditen von US-Staatspapieren legten etwas zu. An den US-Börsen ging es kurzzeitig leicht bergab, die Verluste wurden aber schnell wieder ausgeglichen
Die US-Währungshüter haben mit ihrer Entscheidung vom Mittwoch zum siebten Mal in Folge den Leitzins unangetastet gelassen. Seit der großen Finanzkrise hat die US-Notenbank lediglich einmal im Dezember 2015 den Leitzins von der Nulllinie auf eine Spanne von 0,25 bis 0,50 Prozent angehoben. Danach wurden weitere Erhöhungen mit unterschiedlichen Begründungen immer wieder verschoben.
DEZEMBER-SITZUNG IM FOKUS
Die kommende Zinsentscheidung wird am 14. Dezember fallen. Viele Experten und Anleger rechnen dann mit einer Zinserhöhung. Eine Anhebung schon im November galt dagegen im Vorfeld als unwahrscheinlich, unter anderem weil anders als im Dezember keine Pressekonferenz nach der Entscheidung angesetzt war.
Vor allem aber galt es als sehr sicher, dass die Fed wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl nicht noch für Verunsicherung an den Finanzmärkten sorgen will. Schließlich kann ein Wahlsieg des Republikaners Donald Trump immer noch nicht ganz ausgeschlossen werden. Dies wiederum könnte nach den Wahlen für größere Turbulenzen an den Finanzmärkten sorgen.
EXPERTE: TRUMP-SIEG WÜRDE ZINSANHEBUNG WOMÖGLICH VERHINDERN
Paul Ashworth, Experte beim Londoner Analysehaus Capital Economics, sieht in der US-Wahl noch einen möglichen Stolperstein auf dem Weg der Fed zu einer Zinsanhebung im Dezember. "Wenn ein Schock-Wahlsieg Trumps starke Kursrückgänge an den Aktienmärkten auslösen würde, könnte dies für die Fed ein ausreichender Grund sein, eine Zinsanhebung vorerst auf Eis zu legen." Zudem könnte Fed-Präsidentin Janet Yellen dann unter Druck geraten, so Ashworth. Trump hatte sich mehrfach kritisch über Yellens Geldpolitik geäußert.
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WASHINGTON (dpa-AFX)
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