Zinssenkungsfantasie: Will die Fed "Schrecken und Furcht" verbreiten?
Zinssenkungsfantasien sorgten für eine Erholung an den Aktienmärkten und trieben einige US-Indizes sogar auf neue Allzeithochs. Experten warnen jedoch, dass eine Senkung der US-Wirtschaft letztendlich nur schaden würde.
• Signale zur geldpolitischen Lockerung trieben Aktienmärkte an
• Zinssenkung durch US-Notenbank Fed gilt als sehr wahrscheinlich
• Experten warnen vor Folgen für US-Wirtschaft
Fed zur Zinssenkung und Lockerung der Politik bereit
Die taubenhaften Aussagen von US-Notenbankchef Jerome Powell sorgten zuletzt für Euphorie an den Märkten. Powell hatte mitgeteilt, die Federal Reserve denke darüber nach, die Zinssätze im Juli zu senken und die Geldpolitik in der zweiten Jahreshälfte weiter zu lockern. "Die Unsicherheit um Handelskonflikte und Sorgen um die Weltwirtschaft lasteten zuletzt auf dem Ausblick für die US-Wirtschaft", erklärte Powell Vertretern des Repräsentantenhauses gegenüber. Um dem entgegenzuwirken und nachhaltig Wachstum generieren zu können, würde die Fed entsprechende Maßnahmen ergreifen. Einige US-Indizes kletterten daraufhin sogar auf neue Höchststände.
MarketWatch zufolge machten sich Anleger nun für verschiedene mögliche Szenarien bereit: Eine einzige Senkung des Leitzinses um 25 Basispunkte bei der nächsten Fed-Sitzung, weitere Senkungen im Laufe des Jahres oder gar eine seltene Reduzierung der Zinsen um 50 Basispunkte noch im Laufe dieses Monats.
Sollten sich die Anleger auf "Schrecken und Furcht" vorbereiten?
"Ich habe es schwer herauszufinden, warum sie planen, [die Zinsen] zu senken", berichtete Mark Stoeckle, CEO und Senior Portfolio Manager bei Adams Funds, gegenüber MarketWatch. Schließlich hätten einige Indizes gerade erst Allzeithochs erreicht und auch generell spreche das derzeitige Umfeld nicht für die Notwendigkeit eines solchen Schrittes. Bei Adams Funds sei man "vorsichtig optimistisch" bezüglich der Entwicklung der Wirtschaft gestimmt.
Michael O’Rourke, Chef-Marktstratege bei JonesTrading, bezeichnete Powells Aussagen in einer Notiz an Kunden gar als "surreal". "Die Arbeitslosigkeit liegt unter dem maximalen Beschäftigungsziel der Fed, die Preise sind so stabil wie nie zuvor in der Geschichte des Landes, und die Rendite einer 30-jährigen Staatsanleihe liegt 50 Basispunkte über ihrem historischen Tiefpunkt."
"In der Vergangenheit wollte die Fed Schrecken und Furcht durch die Senkung verbreiten", erklärte Brent Schutte, Chef-Investitionsstratege bei Northwestern Mutual Wealth Management. "Sie haben versucht, die Erwartungen zu übertreffen, wenn sie [die Zinsen] senken", um die Auswirkungen auf die finanziellen Bedingungen und das Vertrauen der Anleger zu stärken. "Wir hatten die Erholung, sie neigt sich dem Ende zu und jetzt passen sich die Zentralbanken nacheinander an und senken die Zinsen. An diesem Punkt des Zyklus braucht man etwas Schrecken und Furcht", zitiert MarketWatch außerdem Bob Michele von JPMorgan.
Druck auf die Fed ungerechtfertigt
Der Druck auf die US-Notenbank, eine drastische Senkung um 50 Basispunkte durchzuführen, sei ungerechtfertigt, heißt es bei Bloomberg. Dadurch würden zwar die kurzfristigen Interessen erfüllt, langfristig würde solch ein Schritt aber nur zu Schwierigkeiten führen und der US-Wirtschaft schaden. Darüber hinaus würde eine einzige Senkung die Anleger nicht zufrieden stellen. Denn nachdem die Fed im vergangenen Jahr zwei Zinserhöhungen für 2019 angekündigt hätte, sei sie zwischenzeitlich auf keine Zinserhöhung gegangen, bevor mittlerweile sogar eine Zinssenkung als nahezu ausgemacht gelte. Man wolle immer mehr, warnt Bloomberg, Anleger würden sich zunehmend auf eine kontinuierliche Unterstützung der Fed verlassen. "Eine Senkung um 50 Basispunkte durch die Federal Reserve auf ihrer Sitzung im Juli würde nicht nur die Gefahr bergen, ihre kritischen politischen Entscheidungsinstrumente auszuschöpfen, sondern auch das wirtschaftliche Wohlergehen des Landes gefährden", schreibt Bloomberg.
Redaktion finanzen.net
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