Nach Skandalen

Europäischer Bankenverband stellt Existenz des Euribor in Frage

10.01.13 00:35 Uhr

Die großen Hoffnungen auf den Euribor erhalten einen Dämpfer nach dem anderen.

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Immer mehr Banken wenden sich von der Festsetzung des europäischen Referenzzinsatzes ab. Nun stellt der Europäische Bankenverband, der hinter der wichtigen Benchmark steht, die Existenz des Euribors in Frage. Wenn sich noch mehr Banken zurückziehen, wird es möglicherweise keinen Euribor mehr geben, sagte Cedric Quemener, Manager bei Euribor-EBF in Brüssel.

   "Ich bin sehr besorgt über die gegenwärtige Situation, es handelt sich um eine ernste Lage", sagte Quemener dem Wall Street Journal. Die aktuelle Situation sei zwar nicht wirklich ein Problem, nachdem mit der österreichischen Raiffeisen Bank International eine weitere renommierte Bank dem Euribor den Rücken zugewendet hat. Sollten aber weitere Banken bei der Erhebung ausscheren, sehe es düster aus. "Vielleicht haben wir dann keinen Euribor mehr", erklärte der Manager.

   Euribor-EBF gehört zum Europäischen Bankenverband. Die Bankenlobby bekniet seit Wochen die Institute, weiter bei der Ermittlung des Euribor mitzumachen. Die Befürchtung vieler Banken ist jedoch, dass sie einen Reputationsverlust durch die jüngsten Manipulationsskandale erleiden könnten.

   Der Euribor ist wie der in Verruf geratene Libor ein Referenzzins. Banken melden einmal am Tag die Zinsen, zu denen sie sich untereinander Geld leihen. Auf dieser Basis wird dann der Euribor-Referenzzins ermittelt, an dem sich die Preise für viele Finanzprodukte orientieren.

   Interbank-Kreditzinssätze - hier besonders das große Londoner Pendant Libor - waren jüngst wegen Manipulationsvorwürfen in die Schlagzeilen geraten. Banken sollen zu ihrem eigenen Vorteil andere Zinssätze gemeldet haben als sie tatsächlich bezahlten. Die EU untersucht laut einem Bericht des Wall Street Journal vom Dezember auch beim Euribor den Versuch von betrügerischen Absprachen.

   Nach dem Libor-Skandal ruhen nun viele Hoffnungen auf dem kleineren Bruder, dem Euribor. Doch mit der Kehrtwende weiterer Banken gibt es immer mehr Fragezeichen hinter der Zukunft des Referenzzinsatzes. Bereits im Jahr 2012 waren die Citigroup und die deutsche DekaBank ausgestiegen, am vergangenen Freitag wendeten sich die BayernLB und die niederländische Rabobank von der Festsetzung ab. Am Mittwoch folgte dann mit der Raiffeisen Bank International schon das dritte Institut in diesem Jahr.

   Die Anzahl der Banken, die an der Festsetzung der Benchmark teilnehmen, liegt damit zwar noch bei 39 Instituten. Beim Libor werden nur 18 Banken befragt. Der Euribor ist damit weniger anfällig für Manipulationen, da der berichtete Satz jeder einzelnen Bank deutlich weniger ins Gewicht fällt. Sollte die Anzahl der Banken aber weiter so deutlich schrumpfen, dürften die Vorteile des kleineren Bruders gegenüber dem Libor immer geringer werden.

   Die Banken, die bisher ausgeschieden seien, seien ein schlechtes Vorbild für die noch teilnehmenden Institute, sagte Euribor-EBF-Manager Quemener. Sollten weitere Banken ausscheren, könnte die Europäische Kommission möglicherweise sogar einschreiten, und die Teilnahme der Geldhäuser vorschreiben. Quemener zeigte sich aber optimistisch, dass es kurzfristig keine weiteren Austritte geben werde. Banken teilen in der Regel etwa zehn Tage im Voraus mit, wenn sie nicht mehr an der Umfrage teilnehmen. Aktuell gebe es keine Hinweise auf weitere Austritte.

   Die Gründe für den Ausstieg der Banken sind zumindest den Mitteilungen zufolge differenziert. Für die Rabobank war zum Beispiel die immer mehr austrocknende Liquidität auf den Geldmärkten seit Beginn der europäischen Staatsschuldenkrise ein Grund. Die BayernLB hatte nebulös lediglich "geschäftsstrategische" Gründe für den Ausstieg genannt. Von der Wiener Raiffeisen hieß es, dass das Interbankengeschäft nicht mehr als Teil des Kerngeschäftes gesehen wird.

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