Draghi: EZB könnte Nebenwirkungen negativer Zinsen abmildern
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist nach den Worten ihres Präsidenten Mario Draghi bereit, falls erforderlich die nachteiligen Nebenwirkungen negativer Zinsen für die Gewinne der Banken abzumildern.
Bei der Konferenz "The ECB and it's Watchers" in Frankfurt bekräftigte Draghi zudem die Bereitschaft, die Zins-Guidance der Notenbank weiter anzupassen und im Falle einer weiteren Eintrübung des Ausblicks alle geldpolitischen Werkzeuge entsprechend ihrem voraussichtlichen Nutzen einzusetzen.
Draghi sagte wörtlich: "Wir werden weiterhin beobachten, wie die Banken gesunde Gewinne machen, während die Nettozinsmargen niedrig sind. Falls nötig, müssen wir über mögliche Maßnahmen nachdenken, mit denen die günstigen Wirkungen negativer Zinsen für die Volkswirtschaft aufrecht erhalten, aber die Nebenwirkungen, falls vorhanden, gedämpft werden können." Analysten spekulieren seit langen darüber, dass die EZB ein System gestaffelter Strafzinsen für Überschusseinlagen von Banken einführen könnte. Derartige Staffelsysteme existieren zum Beispiel in der Schweiz und in Dänemark. Draghi bekräftigte zugleich die Position der EZB, dass negative Zinsen nicht zwangsläufig zu niedrigen Bankgewinnen führen müssen.
Die EZB wird laut Draghi falls nötig ihre Zins-Guidance weiter anpassen. Im März hatte sie ihre Kommunikation dahin gehend geändert, dass die Zinsen mindestens bis Ende 2019 unverändert bleiben dürften. Bis dahin hatte sie von unveränderten Zinsen "über den Sommer 2019" gesprochen. "Unsere gegenwärtige Reaktionsfunktion ist gut dafür geeignet, auf weitere Verzögerungen der Anpassung des Inflationspfads (an das EZB-Inflationsziel von knapp 2 Prozent) zu reagieren." Draghi verwies auf die Entscheidung des EZB-Rats, eine dritte Serie langfristiger, gezielter Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO3) zu begeben, deren Konditionen noch nicht vollständig feststehen. "Die Kalibrierung der übrigen Parameter der TLTRO3 wird von der Entwicklung der makroökonomischen Bedingungen abhängen."
Darüber hinaus wäre die EZB laut Draghi zu einer weiteren Lockerung der Geldpolitik bereit. Er sagte: "Das Bekenntnis zu unserem Ziel impliziert auch Wachsamkeit gegenüber künftigen Risiken und eine Bereitschaft zu weiteren Reaktionen für den Fall, dass sich der mittelfristige Ausblick deutlich verschlechtert. In diesem Fall wird die EZB alle geldpolitischen Maßnahmen ergreifen, die notwendig und angemessen sind, um ihr Ziel zu erreichen. Es mangelt uns nicht an Werkzeugen, um unser Mandat zu erfüllen."
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)
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