EZB wird wahrscheinlich bei großem Zinssschritt am Donnerstag bleiben - Ex-EZB-Direktor rät davon ab
Die Währungshüter der EZB werden auf ihrer Zinssitzung am Donnerstag einem Insider zufolge trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor wahrscheinlich geneigt sein, an ihrem in Aussicht gestellten großen Zinsschritt festzuhalten.
Denn die EZB erwarte, dass die Inflation auch in den kommenden Jahren zu hoch bleiben werde, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. EZB-Chefin Christine Lagarde hatte zwar erst unlängst die Intention der Notenbank noch einmal bekräftigt, die Zinsen auf der Sitzung kräftig um 0,50 Prozentpunkte anzuheben. Doch nachdem der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA die Finanzmärkte erschüttert hatte, zweifelten Investoren an der Bereitschaft Euro-Notenbank, einen weiteren kräftigen Zinsschritt zu gehen.
Dem Insider zufolge ist es jedoch unwahrscheinlich, dass die EZB ihren Plan aufgibt, die Zinsen auf ihrer März-Zinssitzung um einen halben Prozentpunkt anzuheben. Dies aufzugeben würde ihrer Glaubwürdigkeit schaden, führte er aus. Die Person ergänzte, zwar würden die neuen Inflationsprognosen der EZB für die nächsten zwei Jahre niedriger ausfallen als noch in den Projektionen vom Dezember. Das Preiswachstum werde 2024 aber immer noch klar über dem Notenbankziel einer Inflation von zwei Prozent liegen. 2025 werde die Teuerung leicht darüber liegen. Zudem würden die Prognosen für die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert sind, nach oben korrigiert. Damit würden Argumente derjenigen Notenbanker verstärkt, die für eine straffe Ausrichtung eintreten, sagte die mit der Situation vertraute Person. Ein EZB-Sprecher lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab.
Bini Smaghi rät EZB von 50 Basispunkten ab
Lorenzo Bini Smaghi, Chairman von Société Générale und ehemals Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB), hat der EZB von einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte abgeraten. In einem Interview mit der Börsen-Zeitung plädierte der Italiener zudem für eine bessere Liquiditätsversorgung der Banken und eine schärfere Regulierung kleinerer Institute.
"An der Erhöhung um 50 Basispunkte festzuhalten, als ob nichts geschehen wäre, bedeutet, eine härtere Gangart einzuschlagen als bisher angenommen", sagte Bini Smaghi dem Blatt. Dies könnte riskant sein und zu weiterer Instabilität führen. "Je schneller sich die Märkte stabilisieren, desto eher kann die EZB zu ihrer auf die Senkung der Inflation ausgerichteten Politik zurückkehren", argumentierte er.
Eine Verschiebung um einen Monat oder nur 25 Basispunkte wären aus seiner Sicht kein Problem, wenn das gut erklärt werde. "Die EZB sollte vermeiden, den Fehler von 2011 zu wiederholen, als sie die Zinsen weiter anhob, ohne die zunehmende Ansteckung durch die Umschuldung Griechenlands zu berücksichtigen." Das habe die Krise beschleunigt und schon nach einigen Monaten zu einer Kurswende geführt.
Bini Smaghi hält eine Verkleinerung der EZB-Bilanz für richtig, plädiert aber dafür, die Auswirkungen für die Banken abzumildern. "TLTROs (gezielte Langfristtender) sind nützlich für das Aktiv-Passiv-Management der Banken in der Übergangsphase, was eine Schwachstelle darstellen kann, wie der Fall der SVB (Silicon Valley Bank) zeigt", sagte er.
Die EZB sollte sich daran erinnern, dass sie über Instrumente zur Bewältigung von Liquiditätsproblemen verfügt, wie zum Beispiel die TLTROs oder sogar die guten alten LTROs, sowie über die traditionellen Refinanzierungslinien. Die Krise der SVB zeigt nach seiner Aussage zudem, dass es ein Fehler ist, kleinere Banken anders als große zu behandeln, weil sie angeblich weniger riskant sind. "Dies ist auch in Europa der Fall, da die Politiker oft Opfer der Lobbyarbeit der lokalen Banken sind", sagte er.
Frankfurt (Reuters) und FRANKFURT (Dow Jones)
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