Schnabel: EZB muss mit Zinssenkungen vorsichtig sein
Die Europäische Zentralbank (EZB) muss nach Aussage von EZB-Direktorin Isabel Schnabel bei Zinssenkungen vorsichtig gehen.
"Man sollte auf jeden Fall vorsichtig sein, die Daten genau beobachten, um rechtzeitig zu erkennen, wenn die Inflation sich nicht so entwickelt, wie wir es jetzt erwarten", sagte Schnabel dem ARD-Magazin Plusminus. Die EZB entscheidet am 6. Juni das nächste Mal über das Zinsniveau, und Analysten erwarten überwiegend, dass die Zentralbank ihre Zinsen dann um 25 Basispunkte senken wird. Schnabel sagte auf eine entsprechende Frage: "Wenn die Inflationsprognosen und die neuen Daten unsere bisherige Sicht bestätigen, dann ist eine Zinssenkung im Juni wahrscheinlich."
Dem EZB-Rat werden bei seiner Juni-Sitzung neue Inflations- und Wachstumsprognosen der eigenen Volkswirte vorliegen. Außerdem werden bis dahin Inflationsdaten für Mai sowie - am heutigen Donnerstag - Daten zur Entwicklung der ausgehandelten Löhne für das erste Quartal veröffentlicht. Die EZB will verhindern, dass das Aufholen der Reallohnverluste infolge der hohen Inflation zu einer neuen Welle von Preiserhöhungen führt, was die Inflation anheizen würde. "Allerdings ist die Gefahr von Lohn-Preis-Spiralen heute geringer als in den 1970er Jahren", sagte Schnabel in dem Interview und fügte hinzu: "In der aktuellen Situation sehen wir, dass die Löhne kräftig angestiegen sind, dass sich aber das Lohnwachstum allmählich verlangsamt."
De Guindos: EZB-Zinssenkung im Juni wäre eine um 25 Basispunkte
Die Europäische Zentralbank (EZB) würde ihre Leitzinsen im Juni nach Aussage von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos - wenn es zu einem solchen Beschluss käme - nur moderat senken. "Wir verfolgen einen vorsichtigen Ansatz und das spräche für eine Senkung um 25 Basispunkte", sagte De Guindos den Oberösterreichischen Nachrichten. Auf die Frage nach möglichen weiteren Zinssenkungen sagte er: "Die Unsicherheit ist sehr groß. Wir haben keine Entscheidung über die Anzahl weiterer Schritte oder ihr Ausmaß getroffen. Wir werden sehen, wie sich die Daten entwickeln."
Zinserhöhungen in den nächsten Monaten hält der EZB-Vizepräsident für eher unwahrscheinlich, will sie aber nicht ausschließen: "Das ist nicht unser Basisszenario", sagte er, fügt aber hinzu: "Das wird davon abhängen, wie sich die Inflation entwickelt." Gegenwärtig gehen die EZB davon aus, dass die Inflationsraten kurzfristig schwanken, aber bis 2025 auf den Zielwert von 2 Prozent sinken werde.
"Aber es gibt einige Risiken: die Lohnentwicklung, die Entwicklung der Produktivität, die Lohnstückkosten und die sinkenden Gewinnspannen, um nur die wichtigsten Faktoren zu nennen", warnte De Guindos. Hinzu kämen geopolitische Risiken und Unwägbarkeiten - Russlands Krieg in der Ukraine, der Konflikt im Nahen Osten, mögliche Spannungen in Südostasien. "Wir müssen sehr vorsichtig bleiben. Nichts ist vorbestimmt, was Zinssenkungen oder -änderungen angeht", sagte er.
FRANKFURT (Dow Jones)
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