Der Kurs der Fed: Wieso die US-Notenbank nicht aggressiver an der Zinsschraube dreht
Weltweit senken Notenbanken ihren Leitzins - dabei schlossen sie sich vor allem dem Kurs der Federal Reserve an. Für den US-Präsidenten war deren Vorgehen bislang allerdings nicht zufriedenstellend. Doch womöglich hat die Fed gar nicht so viel mehr Feuerkraft.
• Ökonomen sehen keinen Grund für die Fed, aggressiver zu werden
• Markt rechnet mit weiteren Senkungen
• Stimulus, der zur Verfügung steht, ist begrenzt
US-Präsident Donald Trump kritisierte die Notenbank seines Landes bereits mehrfach und fordert deutlichere Zinssenkungen - zuletzt forderte er eine Senkung um "mindestens 1,00 Prozentpunkte". Laut Trump würde die Wirtschaft im Anschluss an ein solches Vorgehen "noch besser" laufen, denn es sei "gut für alle". Auch am Markt wird davon ausgegangen, dass die Federal Reserve in diesem Jahr noch einmal mehr an der Zinsschraube drehen wird. Analysten von Morgan Stanley etwa rechnen damit, dass im September schon die nächste Senkung des Leitzinses folgen könnte.
Allerdings bliebe der Fed dann nur noch wenig Spielraum, um auf einen tatsächlichen Wirtschaftsabschwung zu reagieren. Denn aktuell sind sich Experten uneins, ob es tatsächlich schon ernstzunehmende Signale für eine Rezession gibt. "Die Leitzinssenkung der Fed scheint angesichts der Stärke der Wirtschaft stärker als je zuvor ins Wanken zu geraten […] Rezession? Welche Rezession? Das wollen wir wissen," schrieb Chris Rupkey, Chef-Finanzökonom bei MUFG, in einer Kundennotiz. Die Frage sei jedoch, ob die Fed überhaupt etwas bewirken könnte, wenn sich am Markt eine Korrektur bemerkbar machen würde.
Fed hinkt hinter der Kurve her
Mit der derzeitigen Situation stoße man auf unbekanntes Terrain, erklärte Lisa Sharlett, die Chief Investment Officer bei Morgan Stanley Wealth Management ist. "Der Rentenmarkt sagt: Börse, hör zu, du bist zu lebhaft, du bist zu optimistisch. Du schenkst einer Fed, die sich hinter der Kurve befindet, zu viel Vertrauen", zitiert der US-Nachrichtensender CNBC. Im Laufe des Jahres hat sich die US-Notenbank von ihrem falkenhaften Kurs abgewandt, schlug taubenhafte Töne an und will derzeit das Gefühl vermitteln, dass sie notwendige Maßnahmen im Fall der Fälle ergreifen werde. Allerdings wurde die jüngste Zinssenkung vor einigen Wochen eher ambivalent aufgenommen. "Das Wichtigste, was wir beobachten und was wir unseren Kunden sagen, ist, dass das lange Ende des Anleihenmarktes steigen muss." Das sei ein Zeichen dafür, dass man sich keine Sorgen mehr machen müsse. Denn solange die Anleihenmärkte durch Sorgen vor einer Rezession verunsichert werden und die Fed hinter der Kurve herhinkt, habe die US-Notenbank wenig Möglichkeiten, erklärt Shalett.Inverse Zinskurve würde aggressive Kürzung fordern
Erst am vergangenen Mittwoch fiel die Rendite für Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren unter die Rendite derjenigen mit zweijähriger Laufzeit. Diese Lücke, die durch die kurzzeitige inverse Zinskurve entsteht, gilt als Zeichen für eine nahende Rezession - allerdings erst, wenn sie länger anhält. Sollten beispielsweise enttäuschende Wirtschaftsdaten oder wieder aufflammende geopolitische Konflikte die inverse Zinskurve verfestigen, sei mehr nötig, als nur eine Zinssenkung um einen viertel Punkt. "Es ist sehr bemerkenswert, dass am 31. Juli, als die Fed die Zinssätze senkte, der Spread zwischen 2 und 10 über 20 Basispunkte lag und er nach der Senkung innerhalb von etwa zwei Wochen negativ wurde", zitiert CNBC den Ökonom Michael Pento, Gründer von Pento Portfolio Strategies. "Das sagt mir, dass die Fed sehr, sehr aggressiv sein muss - vielleicht wäre eine Senkung um 75 Basispunkte das Minimum, um den langfristigen Leitzins zu erhöhen."
Spielraum soll erhalten bleiben
Aktuell seien einige Fed-Beamte jedoch darüber besorgt, jetzt schon deutlicher an der Zinsschraube zu drehen. Würden sie jetzt schon mit dem Senken aggressiver fortfahren, bliebe dann nicht viel Handlungsspielraum, sollte ein ernsthafterer Wirtschaftsabschwung über die Märkte hereinbrechen. Zwar gibt es einige Anzeichen, dass das Wirtschaftswachstum gegenwärtig etwas an Schwung verloren hat, eine Rezession sei deshalb allerdings noch nicht auszurufen. So äußerte auch der Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Larry Kudlow gegenüber Fox: "Es ist keine Rezession in Sichtweite". Den vehementen Forderungen des US-Präsidenten wird die Notenbank sicherlich nur dann Folge leisten, wenn es, nach Betrachtung relevanter Daten, tatsächlich notwendig würde, die Zinsen aggressiver zu senken. Denn letzten Endes muss sich die Federal Reserve nicht "vor Wählern, oder Trumps Wirtschaftsteam rechtfertigen, sondern sie müssen sich gegenüber den Geschichtsbüchern erklären", deutet Rupkey das Handeln der US-Notenbank.
Redaktion finanzen.net
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