ifo-Präsident Fuest: "Besser spät als nie"
EZB-Politik » ifo-Präsident Clemens Fuest spricht im Interview mit €uro am Sonntag über die Nöte einer Notenbank und das Italien-Risiko.
von Wolfgang Ehrensberger, €uro am Sonntag
€uro am Sonntag: Bereits vor dem Zinsschritt der US-Notenbank Fed hatte sich die Europäische Zentralbank (EZB) vergangene Woche zu einem großen Zinsschritt von einem halben Prozentpunkt durchgerungen. Wird sie das Inflationsproblem in den Griff bekommen?
Clemens Fuest: Der Schritt war richtig und wichtig. Die EZB hat damit signalisiert, dass sie entschlossen ist, zumindest die Normalisierung der Geldpolitik fortzusetzen, also den Ausstieg aus den Anleihekäufen und den Negativzinsen.
Ist die Ära der Negativinsen beendet?
Man kann nicht ausschließen, dass es künftig wieder Situationen mit niedrigerer Inflation gibt, in denen die EZB wieder Negativzinsen einführt. Vorerst ist die Ära der Negativzinsen beendet. Man sollte allerdings bedenken, dass das nur für die nominalen Zinsen gilt. Die Realzinsen sind noch immer tief im negativen Bereich.
Ist die EZB nicht zu spät dran?
Der Schritt kommt zu spät, aber besser spät als nie. Auch der Exit aus den Anleihekäufen hätte früher kommen müssen.
Die EZB signalisierte weitere größere Zinsschritte. Wie groß ist die Gefahr, dass hochverschuldete Länder wie Italien dadurch in eine Staatsschuldenkrise geraten?
Da die ausstehenden italienischen Staatsanleihen eine Laufzeit von durchschnittlich sieben Jahren haben, wird es dauern, bevor die höheren Zinsen voll auf die Staatsfinanzen durchschlagen. Hinzu kommt, dass die Inflation die Steuereinnahmen eher in die Höhe treibt und den realen Wert der Staatsschulden entwertet. Wichtiger ist, wie die langfristigen Wachstumsaussichten Italiens eingeschätzt werden und ob die Investoren an den Finanzmärkten der italienischen Politik trauen und erwarten, dass die sehr hohe Schuldenquote gesenkt wird. Wenn dieses Vertrauen fehlt, wird es schwierig.
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