Ende der Zinserhöhungen?

Nach neun Zinsanhebungen in Folge: EZB-Währungshüter diskutieren über Zinskurs nach Sommerpause

28.07.23 16:23 Uhr

Nach neun Zinsanhebungen in Folge: EZB-Währungshüter diskutieren über Zinskurs nach Sommerpause | finanzen.net

Nach der jüngsten Zinsanhebung der Europäischen Zentralbank (EZB) preschen einige ihrer Währungshüter bereits mit Ideen für die nächsten Zinssitzungen vor.

Aus Sicht des griechischen Notenbankchefs Yannis Stournaras befindet sich die Euro-Notenbank nach inzwischen neun Zinsanhebungen in Folge nun kurz vor dem Zinsgipfel, wie er am Freitag in einem Interview einer griechischen Nachrichten-Webseite sagte. "Es sieht so aus, als ob wir uns sehr nahe am Ende der Zinserhöhungen befinden," sagte Stournaras. "In jedem Fall, wenn es im September eine weitere Anhebung gibt, ich halte das für schwierig, glaube ich, dass wir dort aufhören werden," merkte er an.

Stournaras EZB-Ratskollege, Litauens Notenbankchef Gediminas Simkus, geht allerdings nicht von raschen Zinssenkungen aus. Aus seiner Sicht ist es unwahrscheinlich, dass die EZB die Zinssätze noch in diesem Jahr oder in der ersten Jahreshälfte 2024 nach unten bewegen wird. Damit wies der Euro-Wächter Börsenspekualationen zurück, in denen bereits von ersten Zinssenkungen Anfang des nächsten Jahres ausgegangen wird. Auch aus Sicht von Simkus befindet sich die EZB bereits mit ihren Schlüsselzinsen am oder nahe am Gipfel. Die Daten würden darüber entscheiden, ob ein weiterer Zinsschritt im September oder zu einem späteren Zeitpunkt nötig sei.

Die EZB hatte am Donnerstag auf ihrer Zinssitzung die Schlüsselsätze erneut angehoben - und zwar um einen viertel Prozentpunkt. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, steigt dadurch auf 3,75 Prozent - das höchste Niveau seit Oktober 2000. Zum weiteren Kurs nach der Sommerpause wollten sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde aber nicht festlegen. "Was ich versichern kann, ist, dass wir nicht senken werden, das ist ein definitives Nein", sagte sie. Die Auswertung der Daten werde zeigen, ob die EZB im September und in den folgenden Sitzungen noch eine Wegstrecke zu gehen habe und wie groß diese dann sei. Dabei schloss sie eine Zinspause nicht aus.

Kazimir (EZB) für weiteren Zinsschritt der Euro-Notenbank

Die EZB sollte aus Sicht des slowakischen Notenbankchefs Peter Kazimir auch nach der neunten Zinserhöhung in Folge im Kampf gegen die Inflation nicht nachlassen.

"Wir sollten auf unserem Weg nach oben einen festen Schritt weitergehen", sagte das EZB-Ratsmitglied am Freitag in einem Blog-Beitrag. "Selbst wenn wir im September eine Pause einlegen sollten, wäre es verfrüht, dies automatisch als das Ende des Zyklus zu betrachten," merkte er an. Ob die Europäische Zentralkbank (EZB) im September die Zinsen erhöhe, dies werde von den Wirtschaftsdaten abhängen.

Aus Sicht von Kazimir besteht das Risiko, dass die Inflation höher ausfallen könnte als erwartet. "Heute ist unser Auftrag noch nicht erfüllt," sagte er. Die EZB hatte am Donnerstag auf ihrer Zinssitzung die Schlüsselsätze erneut angehoben - und zwar um einen viertel Prozentpunkt. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, steigt dadurch auf 3,75 Prozent. Zum weiteren Kurs nach der Sommerpause wollte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde aber aber nicht festlegen. Neben weiteren Zinsanhebungen sei auch eine Zinspause möglich. Nur Zinssenkungen schloss Lagarde aus.

Französischer Notenbankchef vertritt ausgewogene Position

Eine gewohnt ausgewogene Position vertrat vor dem Wochenende der französische Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau. "Die Entscheidungen auf den kommenden Sitzungen werden offen sein und vollständig von der konjunkturellen Entwicklung anhängen", sagte der Franzose.

Ähnlich hatte sich am Donnerstag EZB-Präsidentin Christine Lagarde geäußert, nachdem die Notenbank ihre Leitzinsen zum neunten Mal in Folge auf den höchsten Stand seit 15 Jahren angehoben hatte. Mit Blick auf die nächste Zinssitzung, die nach der Sommerpause im September stattfinden wird, sprach Lagarde von der Möglichkeit einer weiteren Anhebung. Eine Zinspause sei aber auch denkbar.

An den Finanzmärkten und unter Bankvolkswirten herrscht derzeit Unsicherheit über den künftigen Kurs der EZB. Bankvolkswirte sind sich uneins, ob die Notenbank überhaupt noch weitere Straffungen in Angriff nimmt. An den Märkten wird bis zum Jahresende derzeit eine weitere Anhebung erwartet, allerdings ist der Zeitpunkt unklar.

Hintergrund der Unsicherheit ist zum einen die tendenziell rückläufige Inflation. Zum anderen trübt sich die Konjunkturlage im Währungsraum zunehmend ein. Vor allem die größte Euro-Volkswirtschaft Deutschland entwickelt sich derzeit schwach - und zieht damit den gesamten Euroraum mit nach unten.

Athen/Vilnius/Frankfurt (Reuters) / FRANKFURT (dpa-AFX)

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