Kapitalmarktbrief Oktober - Im Zweifel expansiver
Im Zuge der gelockerten Beschränkungen nahm die Sorge vor einer zweiten Corona-Infektionswelle zu, insbesondere in einzelnen Wachstumsländern und in Teilen Europas.
Dort erreichten die Virus-Neuinfektionen teils sogar die höchsten Werte seit Ende April. Kaum verwunderlich, dass über lokale bzw. gar umfassende Beschränkungen wieder nachgedacht wird, um eine erneute Ausbreitung des Virus einzudämmen. Im Umkehrschluss könnte das allerdings die wirtschaftlichen Aufschwungstendenzen beeinträchtigen oder gar gefährden.
Dabei setzte sich die konjunkturelle Erholung im abgelaufenen Monat (noch) fort. Die Konsens-Prognosen zum Bruttoinlandsprodukt 2020 für mehrere Länder wurden sogar leicht angehoben - auch wenn die Erwartungen unverändert von einer rezessiven Entwicklung ausgehen und sich mittlerweile konjunkturelle Ermüdungstendenzen nach dem schnellen Erholungsprozess zeigen. Wir erwarten daher einen flacheren Wachstumspfad ab dem vierten Quartal 2020. Denn neben den Citi Economic Surprise Indizes, diversen US-Frühindikatoren oder den aktuellen Einkaufsmanagerindizes in der Eurozone deuten auch mehrere alternative hochfrequente Wirtschaftsindikatoren sowie die Google-Mobilitätsdaten bereits seit geraumer Zeit auf ein Ende der Aufwärtsdynamik hin.
Im Zuge dessen ist auch die Nachdenklichkeit unter den Notenbankern gestiegen: Die US-Notenbank Fed geht nun im Zuge ihres flexiblen, auf den Durchschnitt der Inflation ausgerichteten Ansatzes ("Average Inflation Targeting") von anhaltend niedrigen Zinsen bis mindestens 2023 aus, während sie ihre Käufe im Rahmen der quantitativen Lockerung (QE) fortsetzt. Die Europäische Zentralbank (EZB) diskutiert derweil eine stärkere Flexibilität ihres als Folge der Pandemie implementierten Kaufprogramms (PEPP). Und die Bank of England denkt nun sogar über negative Zinssätze nach.
Die finanzielle Repression geht in die nächste Runde. Die "Jagd" nach Kapitaleinkommen wird drängender. Die zukünftige Entwicklung ist sicherlich vom weiteren Verlauf der Pandemie abhängig. Doch die Neigung der Zentralbanken, im Eventualfall eher noch expansiver zu werden, sollte die risikoreicheren Kapitalmarktsegmente, zu denen auch die Aktien gehören, weiter begünstigen. Die damit zu erwartende Volatilität dürfte uns allerdings weniger Freude bereiten.
Stefan Scheurer, Senior Investment Strategist
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