Was soll man nur mit Griechenland machen?
Gerade mal ein Jahr ist es her, als die EU die Griechen vor dem ...
... Kollaps rettete. Leider hat sich damit die Lage nicht stabilisiert. Der Schuldenberg wächst unaufhörlich. Die Schuldzinsen sind heute höher als die Staatseinnahmen. Für Ökonomen ein schier hoffnungsloser Fall.
Schulden ohne Ende – Renditen schnellen in die Höhe
Wir erinnern uns: Vor einem Jahr tickte die Uhr für den Untergang Griechenlands und die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) schnürten ein 110 Mrd. Euro schweres Rettungspaket. Bis zum heutigen Tag wurden aus diesem Topf 53 Mrd. Euro nach Athen überwiesen. Die Bilanz sieht leider dunkelrot aus. Der Schuldenberg wächst non-stop. Ende 2010 betrug die Gesamtverschuldung fast 143% des Bruttoinlandprodukts (BIP). Experten rechnen für das laufende Jahr mit einem Anstieg auf 150%. Damit stünde dann Griechenland mit 340 Mrd. Euro in der Kreide. Ein alarmierendes Zeichen ist auch die Explosion der Rendite für zweijährige griechische Staatsanleihen. Vor einem Jahr musste Athen Investoren noch eine Verzinsung von rund 11% bieten, mittlerweile verlangen sie 25%. Das Signal der Märkte ist eindeutig. Sie bezweifeln, ob Griechenland ein weiteres Mal die Kurve kriegt.
Griechen sparen an allen Ecken und Kanten – aber es hilft nicht viel
Man kann der griechischen Regierung bestimmt nicht vorwerfen, sie würde nicht alle Sparmöglichkeiten – die politisch durchsetzbar sind – ausschöpfen. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass durch den Sparprozess und die Steuererhöhungen die Bürger spürbar Kaufkraft einbüssen mit dem Resultat, dass der Konsum lahmt. Ein böses Vorzeichen für die nächsten Monate ist die Meldung, dass letztes Jahr die Wirtschaft um 4,3% schrumpfte. Das sehen Investoren natürlich gar nicht gerne und sie halten sich von der Athener Börse fern. Das zeigt mehr als eindeutig die Entwicklung des FTSE/ASE 20 Indexes, der die 20 grössten griechischen Unternehmen umfasst, und den Sie folgend als Tageschart (Bild 1) und als Monatschart (Bild 2) sehen. Er tendiert – etwas überspitzt ausgedrückt – Richtung Null.
Kommt bald eine Umschuldung – was wären die Folgen?
Eine Umschuldung – also der Verzicht der Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen – ist nicht mehr zu vermeiden, hört man von namhaften Ökonomen. Der Zeitpunkt könnte mit dem Frühjahr 2012 bereits bekannt sein. Ab dann dürften die Hilfskredite von EU und IWF nicht mehr ausreichen und Griechenland wäre somit auf weiteres Geld angewiesen. Zu astronomischen Zinsen, versteht sich. Die Lösung oder zumindest eine Abfederung des Problems wäre eine rasche und radikale Umschuldung, ein sogenannter „Haircut“. Damit würde die Schuldenlast auf einen Schlag geringer. Die Banken und Inhaber von Anleihen müssten aber bluten und einen beträchtlichen Teil ihrer Forderungen abschreiben. Das Worst-Case-Szenario wäre eine Destabilisierung des Finanzsektors mit Bankenrettungen durch Regierungen. Das hatten wir ja schon einmal. Experten schliessen bei einer Umschuldung Griechenlands nicht aus, dass Irland und Portugal kurz darauf den gleichen Schritt wählen und damit auch Spanien in den Abwärtsstrudel reissen würden. Fazit: Eine ganz verzwickte Lage. Ein neues Rettungspaket seitens der EU und des IWF verschlänge weitere Milliarden. Ob da Berlin und Paris mitmachen würden, ist mehr als fraglich. Aber bleibt ihnen überhaupt etwas anderes übrig? Griechenland untergehen zu lassen, käme wahrscheinlich viel teurer.
Trotz des Kurssturzes ist ein Investment in griechische Aktien zurzeit kein Thema.
Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten derzeit nicht investiert.
Risikohinweis: Aktien sind volatil. Deshalb kommt dieses Zertifikat nur für Anleger in Frage, die das Risiko verstehen und auch tragen können. Eine laufende Überwachung ist empfehlenswert.
Autor: Thomas J. Caduff
Thomas J. Caduff ist Chefredakteur der YouQuant.com - ETF/ETC-Flashs und der QuantScreener.com - Derivate-Flashs. Weitere Informationen: www.icngroup.com.
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