Die globale Verantwortung der EZB
Die Europäische Zentralbank (EZB) macht die Geldpolitik für alle Euroländer. Stimmt, aber darüber hinaus macht sie Geldpolitik auch für alle Staaten, die enge Beziehungen zur Eurozone haben. Damit aber geht eine höhere Verantwortung der EZB einher.
So haben seit Jahresbeginn etwa zwei Dutzend Notenbanken auf der ganzen Welt als Reaktion auf die Politik der EZB ihre Leitzinsen gesenkt. Beispielhaft lässt sich dies anhand der Nicht-Euromitglieder Schweden und Dänemark zeigen.
So hat Schwedens Riksbank im Jahr 2010 und 2011 auf der Basis eines relativ robusten Wirtschaftswachstums und wohl auch wegen des Verdachts auf Bildung einer Immobilienpreisblase den Leitzins vorsichtig nach oben angepasst. Dies passte nicht zur EZB-Politik und sorgte für kritische Kommentare, deren berühmtester von Nobelpreisträger Paul Krugman stammte, der von einem sadomasochistischen Schritt sprach. Die Kritiker dieser Geldpolitik sahen sich bestätigt, als die schwedische Notenbank im Jahr 2013 den Rückwärtsgang einlegte, den Leitzins wieder herunternahm und in diesem Jahr sogar Staatsanleiheankäufe beschloss. Mittlerweile sind die Einlagenzinsen im negativen Bereich.
Was war zwischenzeitlich geschehen? Der große Nachbar, die Eurozone, stolperte in die Staatsschuldenkrise und eine erneute Rezession, durch die sich die EZB zu äußerst expansiven geldpolitischen Maßnahmen veranlasst sah. Diese Aktionen kulminierten zuletzt in dem über 1000 Milliarden Euro schweren Anleiheankaufprogramm. Wäre die Riksbank auf ihrem Zinserhöhungspfad geblieben oder hätte sie ihren Leitzins gleich gelassen, so wäre es unter diesen Umständen vermutlich zu einer massiven Aufwertung der schwedischen Krone gegenüber dem Euro und einer noch stärkeren Schwächung der Konjunktur gekommen. Die Politik der EZB hat letztlich über den geldpolitischen Kurs in Schweden entschieden.
Ähnliches ist, etwas weniger überraschend, in Dänemark zu beobachten. Das Land hatte zu Zeiten der Deutschen Mark die dänische Krone an die Währung Deutschlands gekoppelt und dies nahtlos durch die Anbindung an den Euro fortgesetzt. Nachdem die EZB den ultraexpansiven Kurs eingeschlagen hat, zweifeln einige Investoren an dem Versprechen, die Krone bleibe in einem festen Verhältnis zum Euro. Stattdessen kaufen diese Anleger dänische Kapitalmarktprodukte und hoffen auf eine kräftige Aufwertung der Krone. In Reaktion auf diese Entwicklungen hat die dänische Notenbank ihre Geldpolitik ebenfalls gelockert und negative Einlagenzinsen eingeführt.
Fazit: Der große Einfluss der EZB auf die Geldpolitik so vieler Länder bedeutet, dass sie globale Verantwortung trägt. Fehler, die die EZB begeht, werden zwangsläufig in anderen Ländern wiederholt und können letztlich, beispielsweise in Form platzender Vermögenspreisblasen, wieder auf den Euroraum zurückschlagen. Wenn der EZB-Präsident Mario Draghi dieser Tage die Botschaft eines bereits jetzt sehr erfolgreichen Anleiheankaufprogramms vermittelt, so ist dies auch vor diesem Hintergrund mit Skepsis zu beurteilen.