Zertifikate: Der große Service-Check
Die 20 größten Zertifikate-Anbieter Deutschlands im exklusiven Test: Wer punktet mit überzeugendem Service, wo werden Anleger umfassend und transparent informiert.
von Julia Schmidt, €uro am Sonntag
In diesem Jahr wird die Zahl der Zertifikate und Hebelprodukte auf rund 700.000 anwachsen“, prognostiziert Sasa Perovic vom Analysehaus Scope. 2013 soll es sogar über eine Million Zertifikate geben. Im Vergleich dazu ist die Fondsbranche geradezu überschaubar: Knapp über 6.000 Investmentfonds sind in Deutschland zum Vertrieb zugelassen. Der Zusammenbruch von Lehman Brothers hat dafür gesorgt, dass die teilweise hochkomplexen Produkte als unsichere und undurchsichtige Investments gelten. Daher hat die Branche mehr Transparenz und Service gelobt – zumal kaum ein Anleger weiß, was sich hinter Deep-Discountern oder Rainbow-Strukturen verbirgt. Doch halten sich die Emittenten an ihr Versprechen?
€uro am Sonntag wollte es wissen und hat gemeinsam mit der Düsseldorfer Marktforschungsagentur Vierpartner den Service der 20 größten in Deutschland aktiven Zertifikatehäuser getestet, unterteilt in drei Kategorien: Qualität der Produktinformation, Umgang mit Kunden via Hotline und E-Mail sowie Gestaltung und Übersichtlichkeit des Internetauftritts. Diese drei Kategorien wurden wiederum in über 70 Einzelkriterien unterteilt und mit einem Punktesystem bewertet. Das Ergebnis ist durchaus überraschend.
Testsieger mit 69,8 Punkten wurde die West LB. Sie verfügt beispielsweise über eine sehr gut strukturierte Internetseite, in der sich auch Neueinsteiger problemlos zurechtfinden. Die Videotour sowie ein Produktfinder sind nützliche Orientierungshilfen. Auch bei den anderen Kategorien gehörte die West LB zu den Besten.
BNP Paribas landet auf dem zweiten Rang. Die Internetseite der Franzosen ist schlicht und überschaubar, mit Anbindung an Facebook und Co und Applikationen für Smartphones. Auch die Deutsche Bank überzeugte mit ihrem Internetauftritt. Durch Broschüren oder einen Frage-und-Antwort-Katalog, die sogenannten FAQs, erhält der Kunde viele Informationen zu Zertifikaten. Ein Moderator hilft, das richtige Produkt zu finden. HypoVereinsbank, Credit Suisse und Barclays fielen aufgrund ihrer zum Teil irreführenden Internetseiten, fehlendem Service und dürftig eingerichteter Produktsuche durch.
Interessant ist auch, dass die Emittenten in den einzelnen Kategorien zum Teil sehr unterschiedlich abschnitten. So ergatterte die LBBW, die im Gesamtklassement nur auf Rang 17 landete, bei den Produktinformationen eine glatte Eins. In der Rangliste für die beste Internetseite liegt, wie auch in der Gesamtwertung, die West LB, mit der Note „sehr gut“ an erster Stelle. Mit nur 0,5 Punkten weniger teilen sich Deutsche Bank und Morgan Stanley den zweiten Platz. Schwach schnitt die Credit Suisse ab. „Die Internetseite ist vergleichsweise kompliziert und eher für erfahrene Nutzer geeignet“, sagt Jürgen Homeyer, Leiter der Studie bei Vierpartner. Um die Nutzerfreundlichkeit zu testen, hatten bis zu zehn Probanden pro Internetseite zum Beispiel den Auftrag erhalten, einen Begriff wie „Discountzertifikat“ so schnell wie möglich mithilfe der angebotenen Hilfsmittel zu erklären.
Im Kontakt mit den Kunden via Telefon, E-Mail und über die Website haben alle Anbieter noch Luft nach oben – auch die Topplatzierten. Für ein „sehr gut“ reichte es bei keinem der 20 Kandidaten. Getestet wurden die verschiedenen Möglichkeiten, mit dem Anbieter Kontakt aufzunehmen. Es wurden Punkte vergeben für die Geschwindigkeit, mit der das Problem gelöst wurde, die Qualität der Antwort und nicht zuletzt für den Umgang mit den Kunden. „Bei einigen Emittenten hatten wir den Eindruck, unsere Testkunden würden die Mitarbeiter der Hotline stören“, sagt Homeyer. Immerhin sechs Anbieter erhielten ein „gut“: Morgan Stanley, Vontobel, DZ Bank, RBS, HSBC Trinkaus und West LB. Auffällig: Die UBS, die in den übrigen Kategorien stets unter den besten fünf landete, bekam hier ein glattes „mangelhaft“ und landete vor Barclays auf dem vorletzten Platz. Die Test-E-Mails blieben fünf Tage lang unbeantwortet. Statt kompetenter Antworten erhielten einige Tester den Hinweis, ihre Fragen direkt an die UBS-Niederlassung zu stellen.
Unterm Strich bieten fast alle Internetseiten der Zertifikateanbieter interessierten Anlegern einen guten Überblick über die Welt der Zertifikate. Das Informationsangebot ist bei vielen Anbietern sehr umfangreich, doch spätestens bei der Kommunikation mit den Kunden haben die Emittenten kleine bis eklatante Defizite.
So wurde getestet:
Der Test basiert auf einem wissenschaftlichen Verfahren, das an der Universität Düsseldorf entwickelt wurde. Die Agentur Vierpartner hat im Auftrag von €uro am Sonntag den Emittenten zunächst einen Fragenkatalog zugeschickt. Die Antworten wurden anschließend durch Internetrecherche sowie anonyme Testanrufe und E-Mails überprüft. Je nach Ergebnis gab es eine unterschiedliche Anzahl an Punkten. Keine Punkte wurden vergeben, wenn die nachgefragte Dienstleistung nicht angeboten wurde. Fiel das Angebot negativ auf (etwa durch unfreundliche Gesprächspartner in der Servicehotline oder falsche Antworten), wurde dies mit Minuspunkten bewertet. Auch eine umständliche Menüführung auf der Internetseite gab Minuspunkte. Zur Ermittlung des Gesamtsiegers wurden die erreichten Punkte in den drei Teilbereichen Produktinformation, Servicebereitschaft des Emittenten via Hotline und E-Mail sowie Gestaltung und Nutzerfreundlichkeit der Internetseite addiert.
Legende: 1 Unicredit, 2 Merrill Lynch, 3 Royal Bank of Scotland; 4 bestimmende Faktoren für die Entwicklung eines Produkts; 5 wird der maximale Verlust genannt? 6 die Punkte, die es für die einzelnen Kriterien gab, wurden addiert; 7 für eine bestimmte Marktentwicklung; 8 Analysetool zur Berechnung der Marktentwicklung, damit die gewünschte Zielrendite erreicht wird.
Stand 1.4.2011, Quelle: Vierpartner
Hier die Ergebnisse:
Service der Emittenten: Gesamtergebnis (pdf)
Kundenservice (pdf)
Internetauftritt (pdf)
Produktinformtion (pdf)