Ist es wirklich genug?
"Es ist genug" - dies war der Kommentar von Richterin Linda Chan, als sie in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong das Urteil einer Auflösung des stark angeschlagenen chinesischen Baukonzerns "Evergrande" verkündigte.
Vorausgegangen war ein Anhörungsverfahren, welches sich über rund 1,5 Jahre erstreckte. Evergrande habe es noch immer nicht geschafft, einen konkreten Vorschlag einer Umstrukturierung des Unternehmens vorzulegen. Damit hält die Krise im chinesischen Immobilienmarkt weiterhin an.
Aktie bricht erneut ein
An der Börse in Hongkong verlor die Aktie von Evergrande zum Wochenstart rund 20 Prozent bevor der Handel einmal mehr ausgesetzt wurde. Eine Zerschlagung des Konzerns dürfte nicht die Schulden des Unternehmens ausgleichen, so dass man zunächst gespannt sein darf, zu welchem Ergebnis die vorläufigen Insolvenzverwalter im Gespräch mit den Gläubigern kommen werden.
Hongkong oder Peking?
Es stellt sich allerdings die Frage, ob das in Hongkong verkündete Urteil auch auf dem Festland China so umgesetzt wird. Schließlich fand die meiste Bautätigkeit dort statt und auch der Großteil der Gläubiger kommt aus diesem Bereich. Dort stehen teilweise seit Jahren beachtliche Bauruinen, an denen nicht mehr weitergebaut wird oder die bereits wieder abgerissen werden. Das Thema Immobilienkrise bringt auch den chinesischen Staatschef Xi Jinping unter Druck, so dass sich erst zeigen muss, wie die chinesische Führung auf das Urteil reagieren wird.
Begrenzte Investitionsmöglichkeiten
Für den chinesischen Staatschef stellt die Immobilienkrise ein besonderes Problem dar, da die chinesische Bevölkerung nur eine überschaubare Bandbreite an Investitionsmöglichkeiten hatte. So sorgen die politischen Rahmendaten dafür, dass der Kauf ausländischer Vermögenswerte behindert wird. Der logische Schluss bot daher die Investition im chinesischen Immobilienmarkt an, welche durch die künstlich niedrig gehaltenen Zinsen zudem an Attraktivität gewann. Nun zeigen sich mehr und mehr die Probleme, die auch nach einer Zerschlagung von Evergrande noch nicht beendet sein werden. Im Gegensatz zur Finanzkrise steht der Anteil ausländischer Investitionen aber in keinem Verhältnis zur chinesischen Immobilienkrise, so dass auch die Folgen hierzulande überschaubar bleiben dürften.
Stephan Feuerstein ist Chefredakteur des Börsenbriefes Hebelzertifikate-Trader. Bereits seit Anfang der 90er Jahre beschäftigt er sich mit dem Thema Börse, speziell der Technischen Analyse. Infos: www.hebelzertifikate-trader.de Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.